Also nehme ich jedes Mal, wenn ich einen Fisch oder andere Meeresfrüchte esse, giftige Plastikbestandteile in meinen Körper auf?
Mit absoluter Sicherheit. Und es werden von Tag zu Tag mehr, denn der Plastikwahn scheint noch längst kein Ende zu haben. Wir werfen heutzutage mehr Verpackungen weg als je zuvor. Und von all dem Plastik, das weltweit hergestellt wird, landet ein Drittel — nur einmal benutzt — wieder auf dem Müll.
Schon nach einmaliger Benutzung wird es weggeworfen?
Ja. Wegen unserer verschwenderischen Art mit kostbaren Rohstoffen umzugehen, hat der pazifische Müllteppich mittlerweile sogar die Größe von Mitteleuropa.
Wirklich so groß?
Wirklich! Aber wenn du mir nicht glauben willst, empfehle ich dir das Buch »Ocean of life« von Callum Roberts, Professor für Meeresbiologie an der Universität von York in Großbritannien, der noch weitaus mehr beängstigende Fakten und alarmierende Tatsachen über unsere Wegwerfgesellschaft zusammengetragen hat. Neben dem Gesundheitszustand unserer Weltmeere thematisiert er auch die Problematik der Plastikmägen unserer Meeresbewohner, deren Giftstoffe wir über unsere Nahrungsmittel aufnehmen: »Wir essen von der Müllkippe, die wir geschaffen haben«, heißt es in der ARD-Sendung »Titel Thesen Temperamente« zur Verschmutzung der Weltmeere durch Plastikpartikel passenderweise. Eine Verschmutzung, die zu allem Übel auch noch mit chemischen Rückständen und hochtoxischen Substanzen aus anderen Wirtschaftszweigen gespeist wird.
Aber was können wir dagegen tun? Gibt es denn keine Möglichkeit, die Ozeane wieder zu reinigen?
Doch, die gibt es: Mit 160 Spezialschiffen, die Tag und Nacht die Meere säubern würden, bräuchten wir nach Angaben der Experten fünf Jahre, um allein die großen Plastikstrudel zu bereinigen.15 » Recycled Island« (wiederverwertete Insel) nennt sich ein anderer Entwurf zur Lösung des Problems. Das holländischen Architekturbüro WHIM sieht dabei vor, aus den riesigen Mengen Plastikmüll in den Weltmeeren (Schätzungen zufolge 44.000 Tonnen allein im Pazifik) eine künstliche Insel zu schaffen — die Menschen als Lebensraum dienen soll und eine Fläche von 10.000 Quadratkilometern haben soll — das entspricht ungefähr der Größe der Insel Hawaii. Die Recycling-Insel soll nicht den Schrott aus dem Meer wiederverwerten, sondern selbst völlig » grün« sein. Sonnenenergie und Wasserkraftwerke sollen für Strom sorgen, kompostierbare Toiletten und Seetang machen die Insel fruchtbar und unabhängig. Die Insel soll eine moderne und grüne Version von Venedig sein — mit zahlreichen Kanälen und einem Traumstrand.
Noch ist die Insel aus Plastikschrott eine Zukunftsvision — genügend Baumaterial wäre in den Weltmeeren allerdings vorhanden und, wie wir später im Zuge der Erkundung des Venusprojekts feststellen werden, realisierbare Ideen zur Gestaltung auch.
Solange solche Vorschläge aber nicht ernst genommen und umgesetzt werden, stellen die vielen kleinen Partikel, die sich überall befinden, für die Wissenschaftler immer noch ein unlösbares Entsorgungsproblem dar.
Synthetische Kunststoffe überall!
Obwohl Plastik die Welt verseucht und viele toxische Schadstoffe, wie beispielsweise Bisphenol A, in fast allen Plastikprodukten zu finden sind, reagiert die Industrie gelassen und stuft die Gefahren, die vom Plastik ausgehen, immer noch als ungefährlich ein. Giftstoffe werden als »unbedenklich für die Gesundheit« deklariert und es wird einfach damit weitergemacht, Plastikprodukte herzustellen, lesen wir im Nexus-Magazin. Eine Schande. Und wenn man überlegt, dass auch unserer Kleidungsstücke aus Plastik oder besser gesagt Polyester bestehen, während bei der Produktion massenweise Atemwegserkrankungen und Verätzungen anfallen, solltest du dir nochmals ins Gedächtnis rufen, was wir über die Haut und die Aufnahme giftiger Stoffe besprochen haben, um von nun an Bekleidung aus Naturfasern zu präferieren.
Da Plastik immer noch äußerst günstig und industriell besonders gut zu verarbeiten ist, scheint das Ende des Plastikzeitalters noch längst nicht in Sicht zu sein. Außer natürlich das Erdöl, aus dem Plastik gemacht wird, ist plötzlich alle. Solange das nicht passiert, wird es in der westlichen Gesellschaft immer Verwendung finden und in immer neuen Formen industriell verarbeitet werden.
Unter der Überschrift »Giftiges Melamin-Geschirr« erfahren wir im Nexus-Magazin über eine davon: »Koch- und Essgeschirr aus Melaminharz erfreut sich großer Beliebtheit: Es ist sehr leicht, bruchsicher und noch dazu einfach zu reinigen. Es kommt zum Einsatz bei Partys, an Kindergeburtstagen oder beim Picknick im Freien. Ist das Geschirr jedoch hohen Temperaturen ausgesetzt — zum Beispiel beim Servieren heißer Speisen — sondert es toxische Mengen des Nierenstein bildenden Melamins ab, wie Forscher der Kaohsiung University in Taiwan jetzt nachgewiesen haben.«
Also noch ein giftiger Stoff in unserer unmittelbaren Umgebung?
Ja: »Die Ausgangstoffe für Melaminharz, die unter anderem als Kunstharzklebstoff in Leimen und Lacken dienen oder auch als 'Schmutzradierer', etwa der Handelsmarken Meister Propper, zum Einsatz kommen, sind Melamin und Formaldehyd. Formaldehyd kann haut- und schleimhautreizend wirken, allergische Reaktionen der Atemwege und der Haut auslösen und nach Einatmen auch zu Krebs im Nasen-Rachen-Raum führen.« 16
Melamin machte 2008 Schlagzeilen, weil mehrere bekannte Lebensmittelunternehmen, darunter auch Nestlé, mit Melamin verseuchte Milchprodukte und Babynahrung in China verkauften. Die Bilanz: sechs Tote Säuglinge, mehr als 50.000 Hospitalisierungen und nahezu 300.000 erkrankte Kinder. 17
Weltweit muss der Verbraucher aber weiterhin mit der Produktion von Plastikprodukten rechnen, die bei der Rohstoffgewinnung, ihrer Produktion sowie ihrem Konsum und ihrer Entsorgung für enorme Umweltprobleme und unzählige Erkrankungen sorgt. Plastikverpackungen haben es in sich: ihr Gift dringt aus den umhüllten Lebensmitteln tief in unsere Nahrungsmittel ein und führt zu schwerwiegenden Erkrankungen. Seien es die Giftstoffe, die direkt aus dem Plastik gelöst werden, oder das Bisphenol A, das laut einer Anbieterumfrage der bayrischen Verbraucherzentrale von 17 der befragten 18 Unternehmen für die Innenbeschichtung ihrer Dosen verwendet wird.18
Ich dachte immer, dass Lebensmittel aus Konservendosen gesund und nahrhaft seien, weil sie eingelegt länger Vitamine erhalten?
Das denken viele. Aber wie so oft, ist die Wahrheit eine andere.
Dosenchemie, Tiefkühllügen und Konservierungsgifte
"Dosenchemie", so die Ernährungswissenschaftlerin Elaine