Bildung,Benehmen,Erziehung:Mangelhaft. Hans Peter Jannsen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans Peter Jannsen
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783738031058
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und die ungleich große Möglichkeit der Beeinflussung ganzer Gesellschaften ergeben sich in der Gesamtgesellschaft wie auch beim Individuum erhebliche Veränderungen. Dies zeigt sich auch in alltäglichen Dingen.

      Darüber hinaus ergibt gerade in diesem Bereich eine Kombination von sozialen Mangelzuständen mit den Nachteilen und Gefahren neuer Medien eine brisante Mischung.

      Die Bindung und das große Suchtpotential der sogenannten „digitalen Welt“ beeinflussen in ungekanntem Ausmaß die Alltagssituationen.

      Menschen sind in den letzten Jahrzehnten eine immens intensive und wachsende Bindung mit Medien und Technik eingegangen. Allein der Zeitaufwand für Fernsehen, Radio, Internet, Smartphones, Kommunikation mit digitalen Medien ist teilweise erheblich, abgesehen von Prägungen durch dieselben, viel Alltägliches und Notwendiges bleibt auf der Strecke.

      Wie soll zum Beispiel eine gute Grundlage für einen Schultag gegeben sein, wenn Eltern zu bequem sind, ihre Kinder morgens zu wecken oder ihnen ein halbwegs gesundes und ausreichendes Frühstück mit in die Schule zu geben und stattdessen selbst vor TV oder PC sitzen und die Tätigkeiten dort der eigentlich erforderlichen Fürsorge und Zuwendung der Kinder dafür opfern? Oder wenn sie ihre Kinder darin unterstützen, sich gegen Lehrer und Schule zu stellen, und sie auffordern, sich nichts sagen zu lassen, ganz im Geist von aufmüpfig-zickigen, selbstherrlichen, uneinsichtigen Jungstars, wenn den ganzen Tag über die „Flach“-Bildschirme laufen, in Programmen, die im Wortsinn ebensolche Qualität haben? Wenn Geld nur für ungesunde Bedürfnisse der Eltern zur Verfügung steht und nicht für Lernen, Bildung, gemeinsames Unternehmen etc.? Der Besitz und die Beschäftigung mit immer mehr digitalen Elementen bewirkt bei vielen eine wachsende Entfremdung.

      Ein Minimum an vorhandener „Ausstattung“ fast jeden Haushaltes mit Kindern und Jugendlichen in der westlichen Welt ist ein PC, Smartphone, Fernseher, Playstation, Radio. Wie viele Stunden lassen sich täglich allein mit PC-Spielen füllen!

      Die digitale Abhängigkeit verändert Individuen und Gesellschaften als Ganzes. Wenn man heute von einem „DDC“ spricht, so ist das die Abkürzung für „Digital Detoxination Camp“ – Freizeitcamps für Jugendliche, Erwachsene, oftmals Manager und Geschäftsleute, in denen z. B. zwei Wochen lang der Umgang OHNE digitale Medien geübt wird, mit Entzugserscheinungen inklusive.

      Wir empfinden die digitale Welt als Teil unseres Lebens und haben den Teilverlust und die Veränderung des „normalen Lebens“ dafür in Kauf genommen.

      Über solche Dinge mag sich kaum noch jemand aufregen, da das schon fast zur Normalität geworden ist und nur noch exzessive Ausmaße oder eben exzessiver Missbrauch thematisiert werden. Aus Sicht des Erscheinungsbildes einer Kinder – und Jugendgeneration oder aus schulischer Sicht bedeutet dies jedoch eine massive DEGENERATION in der Qualität des Verhaltens und Auftretens in der Gesellschaft mit allen daraus folgenden Auswirkungen.

      Kinder und Bildung werden oft als unangenehme Nebenerscheinung behandelt, ein notwendiges Übel, deren Betreuung und Erziehung man gerade so eben noch nebenbei "erledigen" muss, um ansonsten viel eigene Lebensqualität zu haben. Verantwortung für Kinder zu übernehmen bedeutet jedoch auch die Aufgabe eigener Wünsche und Investitionen in Kinder, finanzieller, und psycho-sozialer Art, Menschlichkeit, Liebe Zuwendung, Verständnis, die teilweise Aufgabe eigener Vorstellungen, ohne über die ganzen Selbstverständnisse, die oft keine Selbstverständnisse mehr sind, reden zu müssen.

      Dieses Buch soll dazu beitragen, manchen Mangel und manches Defizit aufzudecken und ein Schritt hin zu mehr Verständnis und Erkenntnis für heutige Problemlagen zu sein. In begrenzter Weise ist es auch eine Sammlung von Hinweisen zur Erkennung und zum besseren Umgang mit Problemen in Familien, in Beziehungen mit Kindern und Jugendlichen.

      Viele Menschen machen es sich in der Erziehung aber sehr einfach, frei nach dem Motto: Die Welt hat sich total verändert, der Zeitgeist fordert sein Tribut, wir sind moderner und brauchen Althergebrachtes nicht, es ist uns egal, was mit unseren Kindern passiert. Vielleicht helfen Ihnen die Inhalte dieses Buches, einige Schritte voranzukommen.Einleitung

      Das Chaos an Schulen, die Warteschlangen bei Erziehungsberatern, Psychologen und Beratern, die hoffnungslose Überbelegung von Kinder- und Jugendpsychiatrien und die grassierende Rat- und Hilflosigkeit in Erziehungsfragen erfordern m. E. ein massives Umdenken und Umsteuern auf diesem Gebiet und zeigen die immer größer werdende Brisanz der Thematik an.

      Die Ausführungen hier sollen eine Anregung sein, aus der Sie weitere Ideen ableiten können, wie Sie wieder Ruhe und Durchblick in die eigene Erziehungssituation oder in Ihren Berufsalltag bringen.

      Bitte bedenken Sie, dass Sie hier trotz langjähriger Erfahrung der Autoren in der Erziehungsarbeit keine ärztlichen oder therapeutischen Ratschläge, die für individuelle Problemsituationen geeignet sind, erhalten. Diese müssen immer individuell anhand der einzelnen Problemsituation und des dazugehörigen Umfeldes erarbeitet werden. Wir weisen Sie deshalb vorsorglich darauf hin, dass wir keine Haftung für eventuelle Personen-, Sach- oder Vermögensschäden übernehmen. Auch können wir Ihnen keine Garantien bieten, dass die einzelnen Tipps in einzelnen Problemlagen „funktionieren bzw. anwendbar sind“, denn der Mensch ist ein Individuum mit vielen individuellen Prägungen im Denken und im Charakter.

      Beachten Sie bitte auch, dass unsere Anregungen kein Ersatz für eine persönliche Beratung bei einem Kinderpsychologen, durch einen Arzt oder das Jugendamt vor Ort oder Beratungsstellen sein kann.

      Unsere Erfahrungen jedoch haben gezeigt, dass man mit Mut und Entschlossenheit oft einen Weg gehen kann, mit dem Eltern und Kinder, Erzieher und Lehrer ruhiger und damit auch besser leben können. Der Weg mag lang und beschwerlich sein; um Veränderungen herbeizuführen zu können, lohnt es sich jedoch, loszugehen.

      Dieses E-Book richtet sich daher an zwei Gruppen:

      1 an pädagogisch arbeitendes Personal, Lehrer, Erzieher, Berater und sonst in der Erziehung tätige Personen

      2 an Eltern, Mütter, Väter, Erziehungsberechtigte, Verwandte, Familien und alle, die sich in solchen kritischen Erziehungssituationen befinden oder daran arbeiten

      Für die folgenden Abschnitte gelten insbesondere die am Anfang erwähnten Ausführungen, dass die beschriebenen Probleme, Fakten und Feststellungen NICHT repräsentativ für die Gesamtzahl der Kinder und Jugendlichen sind.

      Gibt es „Erziehung“ im 21. Jahrhundert noch oder passt das Wort gar nicht mehr in unsere Welt? Wenn ja, was ist an Essenz in der Erziehung noch übriggeblieben? Verdient der Rest überhaupt die Bezeichnung noch? Könnte man es mehr eine „Partnerschaft der stillschweigenden Nichterziehung“ nennen? Verstehen viele unter Erziehung oftmals nur noch, ihren Kindern zu vermitteln, dass sie sich möglichst von Erwachsenen nichts mehr sagen lassen, sie keiner Korrektur bedürfen, stolz und selbstbestimmt, unreif und verschlafen, verträumt und unrealistisch vorbereitet auf die Reise ins Leben gehen?

      Mit einigem Stolz und einer gewissen Portion an Überheblichkeit wird der eigene Sprössling oft eher nebenbei in einer Art Laissez-Fair-Haltung groß. Daraus erwachsen jedoch, ob absichtlich oder nicht, viele Individuen in einer Generation von anspruchsreichen, verwöhnten, egozentrischen, hedonistisch-narzistischen Kindern, abgestumpft durch mediale Überbeanspruchung und Gewalt, übersexualisiert, mediengeprägt, respektlos, modern lifestyle-like mit eloquentem Auftreten, kaum gefordert und Ansprüchen gegenübergestellt, sediert mit vermeintlichem „elektronischem“ und sonstigem „Wohlstand“, leicht über dem Boden der gesellschaftlichen Erfordernisse schwebend.

      Ist das unser Standard, sind das unsere Erwartungen an unsere Kinder und Jugendlichen?

      Es scheint so zu sein! Wer will sich dieser nicht einfachen Aufgabe widmen, bei Kindern ein vernünftiges und tragfähiges Lebensbild zu implementieren, das auch den Ansprüchen und Erfordernissen des realen Lebens gerecht wird? Haben nicht die meisten damit Konfrontierten schon lange die Waffen gestreckt? Ist es nicht einfacher, einfach keine Grenzen zu setzen und alles laufen zu lassen? Was bedeutet Erziehung überhaupt? Wer setzt die Normen für eine gelungene bzw. nicht gelungene Erziehung?