Auch noch ein Beziehungsproblem?
Ja, Sie werden es nicht glauben: Es kommt oft auch noch ein Beziehungsproblem hinzu. Warum? Sie haben sich jahrzehntelang nur halbtags gesehen und hocken nun den ganzen Tag aufeinander. Dann will der Rentner nun aus Langeweile auch noch in die Domäne des Partners hinein – etwa beim Kochen.
Das bringt erhebliche Probleme mit sich. Stellen Sie sich das mal wirklich vor. Sie sitzen nun als Rentner zu Hause und wissen nicht, was Sie tun sollen. Plötzlich fangen Sie an, sich in Dinge einzumischen, die Ihr Partner bisher jahrzehntelang autonom erledigt hat: Einkäufe, Kochen, Essensplanung, Wohnungsdekoration und dergleichen mehr. Plötzlich hat Ihr Partner nichts mehr zu tun, oder Sie verändern alles. Das führt zu Streit, und schon gibt´s Beziehungsprobleme. Oder aus purer Langeweile treten Sie Ihrer Partnerin ständig zu nahe, was die gar nicht mehr gewohnt ist und auch nicht so toll findet.
Anerkennung und Lob? – Woher auch?
Oder Sie fühlen sich schlichtweg unwohl in Ihrer Haut als Rentner. Denn während Sie arbeiteten, waren Sie ein geachteter, kompetenter Handwerker oder Angestellter. Sie fanden viel Anerkennung und haben Ihr Wissen an Jüngere weitergegeben.
Der Job hat Sie voll befriedigt. Ihnen fehlt plötzlich das Lob, die anerkennende Arbeit. Da ist nichts mehr. Wer soll Sie auch dafür beklatschen, dass Sie zu Hause Geschirr spülen oder im Garten den Rasen mähen? Man sollte das nicht unterschätzen. Denn neben der Beschäftigungslosigkeit bleibt auch noch die Anerkennung aus – zwei ganz wichtige Komponenten im Leben! Dazu kommen Faktoren wie Gesundheit, Finanzen ja und auch generell Lebensplanung. Zu allen Faktoren kommen wir später noch ausführlich.
Lebensplanung ist alles
Nur eines generell schon vorweg: Für Menschen, die glücklich ihre Rente genießen wollen, gehört auch die Lebensplanung dazu.
Damit sind gleich mehrere Dinge gemeint:
Vorbereitung auf den Tod, alles wohl geordnet zu hinterlassen, mit sich selbst ins Reine zu gehen, ja manchmal auch mit Gegnern beizeiten Frieden zu schließen, mit seinem Glauben wieder ins Reine zu kommen, wenn man vielleicht aus der Kirche ausgetreten ist, das Erbe zu regeln, auch daran zu denken, eine Vorsorge-Vollmacht abzuschließen für den Fall, dass man selbst hilflos wird, vielleicht einen Organspenderausweis zu hinterlegen und vieles mehr. Dazu später mehr.
Nutzen Sie den Okinawa-Effekt
Am besten schauen Sie sich rechtzeitig mal die Leute auf der japanischen Inselgruppe Okinawa an (bekannt auch als Stützpunkte amerikanischer Flotten). Auf Okinawa leben nicht nur die meisten Hundertjährigen der Welt (34 auf 100.000, bei uns: nur 7!). Hier leben auch die glücklichsten Alten der Welt. Und wenn sie sterben, dann sterben Sie gesund und zufrieden. Hier findet man keinen, der an Diabetes oder Krebs das Zeitliche segnet. Deshalb ist es so wichtig, sein eigenes Rentnerleben mit einem intensiven Blick auf diese japanischen Senioren zu betrachten – und vielleicht von ihnen ein wenig zu lernen. Nun gut, nicht alles ist so einfach übertragbar. Unsere Gesellschaft spielt bei vielen Dingen nicht mit – etwa den Alten noch sinnvolle Aufgaben zuzuweisen und sie zu integrieren. Aber Okinawa zeigt, was man vor Renteneintritt vorbereiten kann, um später glücklich zu sein. Sonst finden wir ja kaum ein kompaktes Lehrbuch oder Problemlöser, die den Ruhestand planen helfen. Renten- oder Krankenversicherungen und andere verteilen hier und da Ratgeber zu einzelnen Facetten des Lebens nach der Arbeit.
Warum aber sind die Menschen auf Okinawa anders als die anderen?
Eine ganz einfache Gegenüberstellung zeigt Ihnen schnell die Grundpfeiler dieser Philosophie:
Alt werden nach dem Okinawa-Prinzip = fit, gesund, fröhlich, hellwach im Kopf, nie allein sein, immer etwas zu tun haben, hoch respektiert werden.
Alt werden bei uns = multimorbid (mehrfach krank), einsam, isoliert, hilflos, aufs Abstellgleis gestellt, warten auf den Tod.
Auf Okinawa kennt man keine Vorsorge-Untersuchungen gegen Prostata- oder Brustkrebs, weil sie einfach zu selten vorkommen. Natürlich haben Menschen auf Okinawa gelegentlich auch Erkältungen oder Fieber, aber sie leiden kaum an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Frauen finden zur Spiritualität
Ganz einfach gesagt: Die Menschen auf Okinawa bereiten sich aufs Älterwerden und den Lebensabschnitt nach dem Beruf ganz anders und rechtzeitig vor. Allein schon der Gedanke, mit 65 Jahren in den Ruhestand zu gehen, ist ihnen fremd. Die Frauen auf Okinawa haben es sich zur Aufgabe gemacht, nach dem aktiven Familienleben und der Kindererziehung – etwa ab 40 – eine ganz spirituelle Rolle im Leben auf der japanischen Inselgruppeeinzunehmen. Sie sind die Mittler zwischen dem Jetzt und dem Jenseits – und als solche anerkannt und angesehen. Nur den Frauen steht diese Spiritualität zu.
Die älteren Frauen auf Okinawa sind so etwas wie die Hohen Priester im antiken Jerusalem oder wie ein ganz bestimmtes spirituelles Medium, welches den Zugang zu dieser transzendentalen Welt hat und das Glücklich sein vermittelt. Dazu gehört es auch, dass sich die Frauen bis ins hohe Alter abends bei Tanz und Musik treffen, miteinander quatschen, Tee trinken und ihren Spaß haben. Das findet man übrigens auch im heutigen China: Abends treffen sich hunderte von Frauen auf Dorfplätzen oder innerstädtischen Anlagen. Eine Musikbox ist immer dabei. Sie tanzen und bewegen sich etwa eine Stunde lang, setzen sich danach noch zum Plausch hin und sind glücklich.
Männer reparieren und pflegen den Garten
Was machen aber die Männer auf Okinawa? Sie gehören nämlich auch zu den vielen Hundertjährigen. Für sie beginnt der Ruhestand nicht mit 60, 65 oder 70 – nein, erst wenn sie wirklich nicht mehr können. Die alten Männer auf Okinawa machen sich vor allem im Fischfang nützlich, flicken die Netze zum Beispiel. Sie erledigen Arbeiten, die nicht unter Zeitdruck und Stress stehen, wie etwa das schnelle Sortieren des Fischfangs, sondern kümmern sich in Ruhe um die Reparaturen oder um andere Aufgaben.
Sie suchen sich ihre Aufgaben. Die Gesellschaft auf Okinawa hält ihnen diesen Platz ein Leben lang frei. Es ist akzeptiert, dass sich jeder die Arbeit nimmt, die er noch ausführen kann. Dazu bedarf es keiner Arbeitsorganisation. Es ist verankert, und die Alten sind glücklich damit, ihren Beitrag zur Gesamtleistung zu erbringen. Viele Senioren haben darüber hinaus ihren eigenen Garten und ziehen Salate und Gemüse selbst hoch. Man findet auf Okinawa selten einen Alten im totalen Müßiggang. Das hält sie fit und macht sie glücklich – bis ins hohe Alter.
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