50. Wie Motivation Suchtkrankheiten heilen kann
51. Pause: Elfenbeinturm - what are you made of?
0.1 Für wen ist das Buch gedacht?
Die Welt unterteilt sich in Gut und Böse (Erklärung weiter unten). Dabei ist die Qualifizierung von Gut und Böse nicht starr, sondern dynamisch. Dieses Buch richtet sich zunächst an Menschen, die an eine geistige Welt, der die Realität inne wohnt, glauben. Auch für Menschen, die an das grundsätzlich Gute glauben, oder meinen, etwas Gutes zur Welt beizutragen, kann das Buch etwas bedeuten. Um Unentschlossenen zu helfen: Glauben Sie an die Psychosomatik? Wenn ja, lesen Sie weiter.
0.2 Vorüberlegungen: Über das Gute und das Böse
„Viel zu trivial!“, möchte der geneigte Leser dieser Überschrift zurufen. Dass die Welt, unsere Realität, aber genau aus diesen Beiden sich speist, lässt sich, wie Sie im Folgenden sehen werden, nicht weg-diskutieren. Es geht nicht um eine einfache Schuldverteilung, in etwa derart, „die Polizei ist lieb“ und „der Räuber ist böse“, sondern es soll darum gehen, heraus-zu-arbeiten und auch heraus-zu-stellen, wie sehr die Beiden ineinander verwoben sind, obwohl sie für sich genommen strikte Gegenpole sind.
Im nächsten Absatz soll es kurz um die Frage gehen, warum es überhaupt Gut und Böse gibt. Ich werde hier kurz ein, zwei Gedanken respektive Verweise machen, die Fachliteratur zu diesem Thema ist riesig. Hegel stellt in seinen Werken fest: das Eine kann nicht ohne das radikal Andere existieren respektive gedacht werden. A gibt es nicht ohne B. Denn nur wenn ich B kenne, weiss ich auch was A ist. Eine religiöse Antwort wäre: Das Böse gibt es, weil es die Freiheit gibt. Ich kann nur dann frei sein, wenn ich zwischen zwei Dingen wählen oder entscheiden kann. Selbst wenn es nur eine Sache gäbe, könnte ich mich dafür oder dagegen entscheiden. Es ist also gezeigt: es gibt das Gute und das Böse (in ihrer radikalen Andersartigkeit), und man kann zwischen beiden Größen wählen, die in der Freiheit begründet sind.
Nun geht es darum, wie ich als Individuum selber unterscheiden kann, was gut und was böse ist. Meine, alles vorwegnehmende Antwort könnte trivial erscheinen: durch das Gewissen.
Das Gewissen ist die Instanz im Bewusstsein des Menschen, die einem anzeigt, was nun gut und was nun böse ist; für das Individuum selbst, und für die Gruppe / Gemeinschaft / Gesellschaft. Das Gewissen unterliegt nicht primitiven Algorithmen, derart wie: „Lügen ist immer böse.“ - es kennt die situative Unterschiedlichkeit einzelner Gedanken und Entscheidungen. Beispiel: Wenn jemand im Dritten Reich gefragt wurde, ob er Juden verstecke, er es tat, aber sagte: `Nein, ich habe keine Juden versteckt`, dann ist dies augenscheinlich dem Guten, respektive dem Guten dienend, zu-zu-weisen. Vice Versa, also auf die gleiche Situation angewandt: „die Wahrheit sagen ist immer gut.“: „Ja, ich habe Juden versteckt!“ würde die Juden in den sicheren Tod bringen. An diesen Beispielen sehen wir: die Unterscheidung von Gut und Böse bedarf eines Nachdenkens. Nun ist aber Nachdenken nicht unbedingt das Wesen des Gewissens. Vielmehr sind Gefühle es – aber um die Gefühle des Gewissens zu erkennen, brauche ich als erstes einen grundsätzlichen, aktiven Geist, einen Modus oder eine Haltung des Nachdenkens. Meine nochmals vorwegnehmende Antwort: Das Gewissen ist das Sprachrohr Gottes / des Schöpfers zu seinem Geschöpf. Das Gewissen ist die einzige Instanz oder der einzige Bestandteil des menschlichen Geistes, den man nicht steuern kann. Natürlich kann man das Gewissen über-hören, oder es sich gar abtrainieren – dennoch bleibt es, wenn man es annimmt und es erforscht, immer dar nicht einseitig starr, sondern flexibel antwortendhinsichtlich des gegenwärtig Geschehenen.
Aber wenden wir uns nun erst mal den Gefühlen zu. Gefühle tauchen entweder auf, oder sie werden evoziert. Behandeln wir zunächst evozierte Gefühle. Evozierte Gefühle haben ihren Ursprung entweder durch Sprache, oder durch Haltungen respektive Ausdrucksformen (mimische, gestische, sprachliche und dgl. mehr) des Gegenübers (aus Vereinfachungsgründen nenne ich nur den Singular; mit-inbegriffen sind natürlich Gruppe / Gemeinschaft / Gesellschaft). Wenn ich sage: „Alle Dunkelhäutigen sind scheiße“, dann wird sich bei Ihnen aller Wahrscheinlichkeit nach ein gedrücktes Gefühl einstellen. Wenn ich hingegen sage: „Alle Engel sind Boten Gottes“ ein Positives. Das ist richtig und wichtig. Auch ein böser Mensch / Geist kann sagen: „Alle Engel sind Boten Gottes“. Ein eher positives Gefühl wird sich einstellen, unabhängig vom Wesen des Sprechers dieses Satzes. Das einzige, was man spüren kann, ist eine kleine Dis-Kongruenz (Diskordanz): irgendwie passt das, was der Sprecher des Satzes sagt, nicht ganz zu seinem geistigen Wesen. Ähnlich bei den Ausdrucksformen (mimische, gestische, sprachliche und dgl. mehr): wenn mir ein Mensch mit einem Lächeln zuwinkt, wird sich bei mir ein positives Gefühl einstellen, wenn mir ein Mensch mit dem gestreckten Mittelfinger zu-gestikuliert, dann ein Negatives. Aber hier gilt dasselbe: Wenn ein böser Geist / Mensch mir mit einem Lächeln zuwinkt, dann stellt sich ebenfalls ein positives Gefühl ein; aber ein Rest an Fad-heit, an Magen-Drücken bleibt. Und wenn ein guter Geist mir den Mittelfinger entgegenstreckt, dann fragt man sich: Warum macht er das? Das bedeutet also: rein auf Basis technischer Ausdrucksformen (Wortwahl, Mimik, Gestik) kann man nicht zwischen gut und böse unterscheiden. Es kommt viel mehr darauf an, durch das Wissen um sein Ge-Wissen die Dinge in sich sprechen zu lassen: abzugleichen, was das Wahrgenommene von Worten, Gesten und Mimik in meinem Gewissen auslöst.
Wie merke ich überhaupt, dass ich mit meinem Gewissen konform gehe? Nun, die Sprache des Gewissens ist eine individuelle. So wie jeder einzelne Mensch individuell ist. Sich seiner Einzig-Artigkeit zu stellen, ist ein Thema, das Erich Fromm in seinem wie ich finde Meister-Werk „Die Kunst des Liebens“ großartig dargestellt hat: Aus Angst vor einem Selbst begibt man sich in Gruppen oder Zweisamkeit in orgiastische Zustände, die das eigene, für einige beklemmende, Selbstbegrenzungsgefühl für die Dauer des orgiastischen Zustandes ausblenden lässt. Nur um danach, und sei es alleine im Bett, einen Seelen-Kater zu haben, und doch wieder in seine einzigartige Einsamkeit zurück zu fallen.
Die Sucht nach derartigen orgiastischen Zuständen kann dann so groß werden, dass die Fähigkeit, sich selbst in seiner Einzig-Artigkeit aus-zu-halten und nach draußen zu leben, man selbst zu sein, immer unerträglicher wird. Dies führt dann letztlich dazu, dass ich mein komplettes Selbst negiere, und in die Sucht nach orgiastischen Zustände ein-fließen lasse: ich bin dann so, wie die „Anderen“. Und auch wenn ich mich vollständig in diesem orgiastischen Zustand ent-leert habe, bleibt ein Dorn in meinem Bewusstsein: dass ich ja eigentlich gar nicht die „Anderen“ bin, sondern ich selbst. Leute, denen man dann begegnet, die sie selbst sind, erscheinen einem dann entweder als Heilige, oder gar als a-soziale Selbstdarsteller. Und dieser Dorn bleibt und lässt sich nicht wegdenken. Der wahr-haft bei sich Seiende, hat natürlich dergleichen Gefühle - sind nur sanfter. Weiß er doch ob der Fragilität seiner selbst, der Schwierigkeiten der Grenz-Ziehungen und seiner Morbidität, lassen seine Aussagen über die Welt ein Frage-Zeichen zu, ein „Ich weiß nicht“ oder ein „Könnte es sein, dass … “. Ob es „besser“ ist, ein in orgiastische Zustände Ent-leerter zu sein, oder ein bei sich Selbst-Seiender zu sein, möchte ich jetzt nicht be-urteilen. Wenn man ein in orgiastische Zustände Entleerter ist, ist man nie allein, aber auch nie bei sich selbst. Als bei Sich-Seiender ist man jederzeit bei sich selbst, aber nicht immer bei den Anderen. Jedoch eines ist klar: in den Tod geht man nur allein. Händchen halten ist das nicht. Und auch sonst scheint mir der bei Sich-Selbst-Seiende vom Lebensentwurf rein intuitiv und gedanklich die bessere Wahl zu treffen.
Es ist natürlich schon fast wahnsinnig, dass wenn man sich überlegt, wie ich selbst zu meinem Selbst gekommen bin, also aufgrund von wahnsinnigen Zufällen und eines Wett-Rennens der Spermien – zu behaupten, dass eben ich eine auf mich zu-geschneiderte Lebens-Aufgabe habe. Diese Widersprüchlichkeit,