Kopftuch. Nazmi Kavasoglu. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nazmi Kavasoglu
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844239638
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das Mädchen war. Rosen erblühten in ihrem Gesicht. Sie stieg ins Becken, sie sprach mit nackten Männern in der Sauna ... Wissen Sie, was geschah? Plötzlich sah das Mädchen in der anderen Kabine der Sauna ihren Vater. Wie eine Wahnsinnige stürmte sie hinaus. Ihr sprang fast das Herz aus der Brust, sie glaubte sterben zu müssen. Sie zog sich eilig an, setzte mich auf ihrem Kopf zurecht und begab sich rasch nach Hause. Ein Glück, dass ihr Vater sie nicht gesehen hatte, sonst hätte er sie umgebracht! Von dem Tag an beging das Mädchen nie wieder einen solchen Fehler ...

      Sehen Sie? Sie haben gefragt, und ich habe erzählt. Sie wollen mich nicht kennen? Wie Sie wollen. Sie verziehen das Gesicht, wenn Sie mich sehen? Es berührt mich überhaupt nicht.

      Haben Sie mich jetzt erkannt?

      Mein Name ist Kopftuch.

      Die berühmteste Hirnbedeckung der Welt: KOPFTUCH!

      Dürre

      Diese Fatma ist ein sehr neugieriges Kind. Aus heiterem Himmel stellt sie eine Frage, die zu beantworten alle Mühe kostet.

      Neulich saß sie zu Hause mit ihrem Vater. Plötzlich und unvermittelt fragte Fatma: „Papa, woher sind die Türken gekommen?“

      „Aus der Türkei.“

      „Nein, das meine ich nicht. Woher kamen sie in die Türkei?“

      „Aus Mittelasien.“

      „Warum?“

      „Es gab eine Dürre, so sind sie eben losgezogen.“

      „Was bedeutet Dürre?“

      „Es gab keinen Regen, die Ernte fiel aus, die Erde gab keine Früchte ... “

      „Also sind sie deswegen gekommen?“

      „Ja, deswegen sollen sie Mittelasien verlassen haben und in die Türkei gezogen sein.“

      Nun, das ist Fatma — neugierig ohne Ende. Sie will alles wissen.

      Diesmal stellte sie ihrem Vater eine andere Frage: „Papa, und warum sind die Türken nach Deutschland gekommen? Gab es auch in der Türkei eine Dürre? Trifft die Dürre immer die Türken?“

      Diese Frage Fatmas trug ihren Vater in vergangene Jahre ... die Vergangenheit lebte in seinen Augen auf. Er wollte mit den zurückliegenden Jahren abrechnen, doch die Vergangenheit lachte und entzog sich, weil sie eben vergangen ist — als hätte sie Fatmas Vater eine Nase gedreht.

      Als Fatma auf ihre Frage keine Antwort erhielt, wiederholte sie sie: „Sag doch, Papa, trifft diese Dürre immer die Türken?“

      Der Vater tat sich mit der Antwort schwer. Er dachte lange nach ... Schließlich sagte er: „Vielleicht ist die Dürre in unseren Köpfen?“

      Fatma verstand nicht, was ihr Vater meinte. „Kann der Kopf eines Menschen austrocknen?“

      „Natürlich kann er“, sagte ihr Vater. „er kann austrocknen! Wenn er nicht austrocknen könnte, hätten wir aus Anatolien ein Paradies gemacht!“

      Daraufhin fragte Fatma: „Wo ist Anatolien?“ Schließlich war sie in Deutschland geboren, die Türkei hatte sie nicht kennengelernt.

      Ihr Vater erzählte ihr von Anatolien und Fatma hörte freudig zu.

      „Aber ist auch dort nicht Dürre?“, fragte sie auf einmal ...

      Es klingelte an der Tür. Fatmas Mutter kam vom Einkaufen zurück. Jetzt musste sie die Tür öffnen, mit ihrem Vater konnte sie später weiterreden.

      Sie werden bestimmt über ‚Dürre und Anatolien’ reden.

      Bestimmt ...

      Neukölln hat Sorgen

      Haben Sie es auch geglaubt? Dass Neukölln schon immer Neukölln hieß?

      Nein. Neukölln, in dem heute Menschen aus verschiedensten Ländern nebeneinander leben, hieß bis 1922 Rixdorf. Dieser Stadtbezirk, der danach in Neukölln umbenannt wurde, hat heute 320.000 Einwohner.

      Der Neuköllner Bezirks-Bürgermeister Buschkowsky ist der Ansicht, dass in Neukölln Menschen nicht mit, sondern nebeneinander leben. Das Integrationsziel wurde nicht erreicht.

      Heinz Buschkowsky ist darüber nicht sehr glücklich. Was ihn besorgt, ist die Tatsache, dass es Ausländern, insbesondere Türken, nicht gelungen ist, sich zu integrieren.

      Als Herr Buschkowsky seine Sorgen vorträgt, macht er überraschende Mitteilungen: „Die dritte Generation spricht schlechter Deutsch, als die erste Generation“, stellt er fest.

      Bürgermeister Buschkowsky sagt, dass die Türken in Neukölln fast eine kleine Türkei errichtet haben. Solange die türkische Präsenz sich mit Einrichtungen wie Türkischer Arzt, Türkische Bank, Türkischer Fleischer gegenüber der Welt verschließe, könnten die türkischen Kinder leider auch in den Schulen keinen Erfolg haben. Die türkischen Familien würden nur türkisches Fernsehen einschalten und seien nicht imstande, ihren Kindern Deutsch beizubringen, sodass sechsjährige Kinder ohne Deutschkenntnisse und somit ohne Zukunftschance dastehen würden, bedauert der Bürgermeister. Im Laufe des Gesprächs lässt er einen Appell auf den anderen an türkische Familien folgen: Kümmert euch um eure Kinder!

      Heinz Buschkowsky betont, dass die Bildung einer multikulturellen Gesellschaft eine Illusion ist. Er weist darauf hin, dass es nicht beabsichtigt sei, jemanden zu assimilieren — die Integration habe kein solches Ziel. Für ein Zusammenleben müssten sich die Ausländer bemühen, sich an die Gesellschaft anzupassen, in der sie leben ...

      Die vom Bürgermeister angesprochenen Probleme sind nachvollziehbare Realitäten. Es ist wohl an der Zeit, dass die Türken Neuköllns sich entscheiden: Wo wollen sie leben? In der Türkei oder in Neukölln?

      Wenn sie sich für Neukölln entscheiden, ist es nötig, die Ärmel sofort hochzukrempeln und Wege zu finden, wie man in der Gesellschaft nicht neben-, sondern miteinander leben kann.

      Nach 4.000 Jahren

      Alltägliche Kämpfe und soziale Probleme haben manche Leute in Berlin dazu verleitet, ein Ereignis von höchster geschichtlicher Bedeutung zu übersehen: Mit einer Entschließung, unterzeichnet von 55 Staaten, wird der Antisemitismus auf keinen Fall mehr gestattet.

      Juden sind vor 4.000 Jahren im Zweistromland mit einem Denksystem und Konzept in Erscheinung getreten, die unsere Welt, die Gesellschaften und den Menschen in den Mittelpunkt setzen. 4.000 Jahre lang wurden sie zu einem Leben mit Unterdrückung, Verfolgung, Hass und Intoleranz gezwungen.

      Ein türkisches Sprichwort sagt: „Wer die Wahrheit sagt, wird aus neun Dörfern verjagt.“ Die Juden wurden nicht aus neun Dörfern verjagt, sondern mussten als Menschen leben, die man aus unserer Welt verjagen, ausrotten wollte ... Trotz allem haben sie ihre Philosophie, ihren Glauben und ihre Ziele nicht aufgegeben.

      Als ein von Höllenhunden angegriffenes, hin und her geschobenes, in Gaskammern vernichtetes Volk, haben die Juden ein Schicksal erlebt, das gleichzeitig ein lebendiges Beispiel dafür ist, mit welch unglaublicher Bestialität der Mensch dem Menschen begegnen kann.

      Die in Berlin gegen den Antisemitismus gefassten Beschlüsse belegen die Stufe, die die geistige Entwicklung Europas erreicht hat: Die Zugehörigkeit zu einer Rasse kann nicht mehr als eine Formel für das menschliche Heil angesehen werden.

      „Das ist gut so!“

      Die Zeit fordert Arbeit, Produktivität, Erwerb von Fähigkeiten und beharrliches Eintreten für konkrete Projekte und deren Umsetzung ... Die auf die Welt bezogenen Konzepte der Juden sind in gewisser Hinsicht akzeptiert worden.

      Auf der Welt existiert kein vernünftiger Gedanke gegen die zehn Gebote von Moses, den auch Moslems, sofern sie nicht fundamentalistisch sind,