Die Mitternachtsuniversität. Saskia Burmeister. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Saskia Burmeister
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741862007
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die anderen Luschen. Es ist eine Ehre, dass ich das Zimmer mit dir teilen darf, Alter!«

      Man brauchte wahrlich kein Hellseher zu sein, um herauszuhören, wie tief beeindruckt er war. Spike lächelte nur schief und versuchte Haltung zu bewahren.

      »Ab heute bist du mein voll fettes Vorbild, Alter«, ereiferte sich Hulk, »und ich respektiere dich ganz besonders deshalb, weil du genau das krasse Gegenteil von diesem aufgeblasenen Angeber bist, der immer im Mittelpunkt stehen muss - siehst du, genau das meine ich.«

      An der Wiese angelangt, war Hulk stehen geblieben und Spike ließ den Blick schweifen. Die meisten Schüler, die er eben in der Klasse gesehen hatte, waren auch schon hier. Verzückt rangen gerade die drei Mädels mit den schwarzen Haaren die Hände. Eine Blondine tat es ihnen gleich. Ihre blauen Augen und die großen, spitz zulaufenden Ohren zeichneten sie als Elfe aus. Sie war eindeutig die so genannte Austauschschülerin. Von Spike unbemerkt fing der Große neben ihm an, die Blondine anzuhimmeln. Etwas abseits von der Vierergruppe stand das Gothic-Girl mit den Falterflügeln. Auch sie beobachtete interessiert, was da auf dem Rasen vor sich ging. Dort machte nämlich gerade der Lupo ein paar Dehnbewegungen und schloss einige Tai-Chi Übungen an. Bei dem Chinesischen Schattenboxen führte er konzentrierte Bewegungen mit den Armen aus und warf auch ab und an die Beine in die Luft. Danach schloss er einen Spagat, mehrere Liegestütze und schließlich einen Handstand an.

      Seine weiblichen Fans zollten dem Lupo Beifall, nur das kleine Mädchen mit den Zöpfen murmelte etwas von wegen, dass sie ihn bei der nächsten Gelegenheit aufs Kreuz legen würde. Um ihre Macht zu demonstrieren, wurde aus der kleinen Lulu auch gleich wieder eine Löwin. Ihr Freundinnen - das Geistermädchen und die Kitsune - feuerten sie schon jetzt an.

      Der Lupo, dem das nicht entgangen war, grinste zu den kleinen Mädchen herüber und riet der Löwin noch ein paar Jahre damit zu warten, bis sie groß und stark war. Sofort verwandelte sich Lulu wieder zurück und stampfte bockig mit einem ihrer kleinen Füße auf: »Wäre dieser Tollpatsch nicht auf mir gelandet, hätte ich dich schon gestern besiegt!«

      »Na klar«, grinste der Lupo, während seine Fans die Kleine ausbuhten. »Der Kurze hat dir das Leben gerettet. Wäre es zu einem Kampf gekommen, hätte ich einen Perserteppich aus dir gemacht, du Stubentiger.«

      Nun wurde die kleine Afrikanerin noch wütender. Sie ballte die Fäuste und Tränen kullerten über ihre Wangen. Während sie zu schluchzen begann, rollte der Lupo nur mit den Augen.

      »Du bist so was von fies!«, fluchte das Mädchen in dem Kimono. »Aber warte nur, irgendwann kommt dein Meister, du Monster!«

      »Na klar«, höhnte der Lupo, »ich hab jetzt schon Angst!«

      Wieder lachte die Dreier-Mädchenclique, die Elfe Cinderella fiel mit ein, ebenso wie das geflügelte Gothic-Girl. Augenblicklich heulte die kleine Lulu noch mehr. Ihre Kitsunen-Freundin knurrte leise und das Geistermädchen wetterte: »Großer Lupo, Memento Mori - Du musst sterben!«

      Spike erinnerte sich genau, dass sie genau diesen Satz auch schon gestern zu ihm gesagt hatte, nachdem er aus seiner Ohnmacht erwachte. Kurz schielt er zu Hulk, der noch immer die Elfe anhimmelte, dann wandte er sich wieder dem eigentlichen Geschehen zu. Gerade machte der Lupo eine wegwerfende Handbewegung.

      »Na klar, das sagst du auch jedem. Ist wohl auch die Wahrheit - alle müssen irgendwann sterben. Leider bist du ja nie konkret, was den Zeitpunkt betrifft. Und nun solltet ihr Drei-Käse-Hochs lieber im Sandkasten spielen gehen und euch nicht weiter mit mir anlegen ... Denn das könnte gefährlich werden.«

      Dabei guckte er gekonnt finster und zeigte die kräftigen Zähne. Die drei Mädchen ließen sich davon einschüchtern und ebenso waren alle anderen Anwesenden tief beeindruckt von der Aura der Macht, die vom Lupo ausging. Seine Fans überhäuften den Angeber nun mit vielen Komplimenten darüber, dass er der Größte, der Stärkste und der Tollste auf der ganzen Schule sei, und dass ihm niemand das Wasser reichen konnte. Bei dem ganzen Süßholzgeraspel musste Spike unweigerlich mit den Augen rollen, erinnerte ihn das doch stark an seine letzte Klasse. Da hatte es auch so einen Obermacho gegeben, vor dem alle im Staube krochen oder ihn anbeteten.

      Zu Spikes Pech sah der Lupo diese Geste der Geringschätzung ganz genau. Zwar fasste sich Spike schnell wieder, er grinste schief und zog den Kopf an. Doch mit dem grünen, wie auch mit dem braunen Auge nahm der Lupo ihn ins Visier und schaute finster vor sich hin, die schwarze Kapuze dabei tief über die Stirn gezogen.

      »Au Backe«, Hulk wurde endlich aufmerksam auf das Dilemma, »du bist wirklich ein Adrenalin-Junkie und liebst es, gefährlich zu leben. Der guckt, als wollte er dich jetzt in echt fressen! Respekt, Alter, vor deinem Mut ziehe ich den Hut.« Leider hatte Hulk aber gerade keinen auf, sondern nur ein Stirnband um den Kopf, das in den Farben rot, gelb und grün leuchtete. Ersatzweise zog er kurz daran. Während er das noch tat, wurde das Grollen des Lupo nur noch lauter.

      »Du bist so was von tot«, unkte die Ratte, die jetzt wieder auf Hulks Schulter hockte, »war nett, dich kennen gelernt zu haben.«

      Leises Tuscheln kam unter den Anwesenden auf. Halblaut fragte sich der Zyklop, ob der Neue jetzt wohl zu Brei geschlagen würde. Vor lauter Angst war Spikes Kehle schon ganz trocken und noch immer lastete der brennende Blick auf ihm. Tiefes Brummen kam zudem aus der Kehle des Lupo. Doch just in diesem Augenblick trat eine weitere Gestalt herbei.

      »Suchst du schon wieder die Herausforderung, Lupo?«, fragte eine Stimme direkt hinter Spike, welcher herum fuhr. Frontal sah er sich einer zarten jungen Dame gegenüber, die gerade einmal einen Meter und sechzig hoch war, also noch kleiner als Spike selbst. Sie wirkte fast schon zerbrechlich, so schlank waren ihre Arme. Ihr Gesicht wiederum war fein geschnitten wie von einer Engelsstatue. Die braunen Haare trug sie als Dutt hochgesteckt. Bekleidet war sie mit einer violetten Tunika und dort, wo sich bei anderen Damen zwei Beine befanden, saß ihr Oberleib auf dem Körper eines Pferdes. In ihrem Fall war es der Leib eines zarten Ponys, bedeckt mit weißem Fell und einer nuss- farbenen Scheckung.

      Freundlich lächelte die Pferdefrau Spike zu, dem vor Verwunderung der Mund offen stand und wandte sich dann auch an ihn. »Du musst der Neue sein. Es freut mich, dich kennen zu lernen. Ich bin eine Zentaurin, wenn dir die Frage danach auf der Zunge liegt. Mein Name ist Miss Cheiro- na. Ich unterrichte diese quirlige Meute in der Kunst, sich selbst zur Wehr zu setzen, sollte es einmal zu der Attacke eines Jägers kommen.«

      »Genau so ein Gauner hat mich gestern angegriffen, Miss!«, erzählte Hulk frisch von der Leber weg. »Und dieser Junge hat mich gerettet! Er ist ein Tausendsassa! Und fürchtet sich vor rein gar nichts!« Spätestens jetzt bereute Spike es umso mehr, vorhin so fürchterlich angegeben zu haben. Das war nun wohl die Strafe dafür. Immer noch lächelnd sah die Lehrerin zu ihm: »Wirklich? Das ist sicher eine tolle Geschichte. Aber jetzt muss ich erst einmal meinem aufmüpfigsten Schüler eine Lektion erteilen.«

      Gerade lächelte die hübsche Dame mit dem Pferdekörper noch gütig und schon im nächsten Augenblick setzte sie ein derart wütendes Gesicht auf, dass sie einer Höllenfurie glich. Mit Kampfgeschrei stürzte die Zentaurin so flink vorwärts, wie man es ihren kurzen Ponybeinen gar nicht zugetraut hätte. Dicht vor dem offenbar überrumpelten Lupo bäumte sich die zarte Frau auf und trat ihm mit aller Wucht mit den vorderen Hufen gegen die Brust. Wie von einer Abrissbirne getroffen, schnappte der Kahlkopf nach Luft und stürzte hinten über zu Boden. Keuchend hielt er sich mit der rechten Hand den schmerzenden Oberkörper und auch Spike rang um Atem, da er Derartiges nicht erwartet hätte.

      »Wow...«, war alles, was im dazu einfiel. Schon stieß der Lange ihn an.

      »Miss Cheirona ist zwar viel kleiner als alle anderen Zentauren, von denen die Kürzesten mich überragen«, raunte Hulk, »aber trotzdem ist sie genau so stark wie drei ausgewachsene Boxweltmeister! Dieser Tritt war für ihre Verhältnisse noch sehr sanft. Man erzählt sich, dass sie vor langer Zeit schon einen ausgewachsenen Bergtroll mit nur einem Pferdekuss ins Reich der Träume befördert hat und diese Typen wiegen selten unter fünfhundert Pfund.«

      »Krass, was?«, unkte die Ratte und konnte sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen.

      »Echt?«,