Ein rabenschwarzer Tag. Arnulf Meyer-Piening. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Arnulf Meyer-Piening
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741827648
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immer und überall. Er erledigte die üblichen Routinearbeiten, soweit sie nicht zu kompliziert waren und weitere Recherchen erforderten. Lustlos blätterte er die alten Akten der unerledigten Fälle durch. Nichts Dringendes, was nicht bis Montag warten könnte.

      Er hatte noch nicht gefrühstückt, denn er hatte verschlafen, was ihm sonst nie passiert war. Der Traum ging ihm noch immer durch den Kopf. Vielleicht aber auch die Sängerin, die bei ihm einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hatte. Er fühlte sich müde und erschöpft. Er bat seine Assistentin, Diana Michaelis, ihm einen Kaffee zu bringen, sie aber erwiderte, die Espresso-Maschine sei kaputt und außerdem gäbe es keinen Kaffee mehr. Sie müsse erst welchen besorgen, wenn genügend Geld in der Kaffeekasse sei. Also beschloss er, sich schräg gegenüber im Bäckerladen einen Kaffee zu bestellen und ein Croissant, das er besonders liebte, wenn es ein kleines Stück weit in den Kaffee getaucht worden war. Das Wasser lief ihm schon im Munde zusammen, als er nur daran dachte.

      Gerade in dem Augenblick, als er sich zum Gehen wandte und seinen Mantel übergezogen hatte, klingelte sein Telefon.

      - Hallo Martin, hier ist Silke.

      - Wie nett, das du anrufst, ich wollte gerade zum Bäcker gehen und einen Kaffee trinken.

      - Das kannst du doch hier bei mir im Hotel tun.

      - Hast du noch nicht gefrühstückt?

      - Nein, ich habe schlecht geschlafen und bin spät aufgestanden. Jetzt bin ich noch im Frühstücksraum. Wenn du gleich kommst, dann warte ich auf dich.

      Also machte er sich auf den Weg und ging die paar Schritte in die Böttcherstraße. Er fand die Sängerin im Frühstücksraum am Fenster sitzend, wo sie auf ihn gewartet hatte.

      Kurze Begrüßung, dann setzte er sich zu ihr an den kleinen Tisch am Fenster und bestellte sich eine Tasse Kaffee und ein Croissant.

      Sie erwähnte nur kurz den Abend mit den honorigen Skatspielern, versuchte die Namen zu rekapitulieren, was ihr nur annähernd gelang. Insbesondere Herrn Schwarzer hatte sie in lebhafter Erinnerung. Ich glaube, er hatte schlechte Laune, weil er verloren hatte, sagte sie. Da ist er lieber nach Hause gefahren, damit ihn seine Frau auf andere Gedanken bringt.

      Dann wandte sich ihr Gespräch auf den bevorstehenden Abend in der Glocke. Sie fragte ihn, ob er auch zum Konzert kommen werde. Er sagte, er werde versuchen, noch eine Eintrittskarte an der Abendkasse zu bekommen. Sie bot ihm eine Gästekarte an, die sie noch nicht anderweitig vergeben hatte Er nahm sie mit großer Freude an.

      In diesem Augenblick läutete sein Handy. Seine Assistentin informierte ihn, dass es einen Mordfall gegeben hätte, und er solle sofort ins Polizeirevier kommen. Warum immer ich? Das können doch andere für mich erledigen, murmelte er vor sich hin, denn ihm stand wirklich nicht der Sinn nach Aufklärung irgendeines x-beliebigen Mordfalls. Dennoch verabschiedete er sich pflichtbewusst wie er war, und wünschte Silke viel Erfolg beim Konzert.

      Wenige Minuten später war er in seinem Büro. Seine Assistentin erwartete ihn in heller Aufregung.

      - Gut, dass Sie da sind. Wir warten schon lange auf Sie.

      - Wo brennt es denn?, erkundigte er sich gelangweilt.

      - Wir haben vor einigen Minuten einen Anruf von einer Frau Reinhold erhalten. Sie gab sich als Sekretärin von Herrn Schwarzer aus und sagte, dass ihr Chef tot im Swimmingpool seines Hauses läge. Sie reichte ihm einen Zettel mit der Anschrift des Hauses in Oberneuland.

      - So ein Mist, sagte er schlecht gelaunt und bestellte seinem Wagen aus der Fahrbereitschaft.

      Wenige Minuten später war er auf dem Weg nach Oberneuland, fuhr die Schwachhauser Heerstraße entlang. Sein Navi zeigte ihm den Weg. Eine knappe halbe Stunde später hielt er vor dem Haus. Er läutete an dem Gartentor, es wurde sofort geöffnet. Offenbar wurde er erwartet. Er parkte seinen Wagen auf dem Vorplatz des gepflegten Anwesens.

      Eine gut gekleidete Frau - offensichtlich keine Putzfrau - öffnete ihm die Haustür und bat ihn einzutreten.

      - Ich bin Susanne Reinhold, Privatsekretärin von Herrn Schwarzer, oder zu mindestens war ich es noch bis gestern.

      Sie gingen auf die Terrasse und blickten auf den bis zum Rand mit Wasser gefüllten Pool, in dem ein Toter mit dem Gesicht nach unten an der Oberfläche trieb. Offensichtlich handelte es sich um den Hausherrn, weil er wie an dem Abend im Club gekleidet war. Schrecklicher Anblick. Eie Blutlache war auf dem Beckenrand zu sehen. Sie wandten sich ab und gingen ins Haus, denn es fröstelte sie bei dem Nieselregen und dem verstörenden Anblick.

      - Wir können jetzt hier nichts tun, wir müssen auf die "Spusi" warten, sagte Degenhardt.

      - Mir ist noch ganz schlecht von dem Anblick. Wenn ich bedenke, dass er gestern noch gelebt hat und mir Briefe diktiert hat. Und jetzt dies! Sie bedeckte ihre Augen mit beiden Händen und begann zu schluchzen.

      - Also: Erzählen Sie bitte in allen Einzelheiten, wo und wann Sie ihn gefunden haben, sagte er, um sie zu beruhigen.

      - Er liegt jetzt noch immer so im Wasser, wie ich ihn gefunden habe, als ich heute Morgen kam.

      - Wann sind Sie gekommen?

      - So etwa gegen neun Uhr.

      - Was wollten Sie im Haus Ihres Chefs?

      - Ich hatte auf ihn vor meiner Wohnung erwartet, aber er kam nicht. Da habe ich ihn angerufen, aber er antwortete nicht. Da bin ich zu ihm gefahren.

      - Und dann haben Sie ihn dort im Wasser gefunden.

      - Ja. Vielleicht an etwas anderer Stelle, denn die Strömung der Umwälzpumpe hat ihn wohl etwas vertrieben. Ich habe mich nicht getraut, irgendetwas anzurühren, bis die Polizei eingetroffen ist. Niemand hat hier irgendetwas verändert.

      - Das haben Sie gut gemacht, sagte er.

      Der Kommissar telefonierte mit seinem Büro und orderte die Spurensicherung.

      Sie ließen die Leiche im Wasser treiben, gingen ins Haus und setzten sich in den Salon.

      - Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?

      - Vielen Dank, ich hatte gerade einen Becher getrunken, bevor ich zu Ihnen gefahren bin. Lieber wäre mir eine Tasse Tee, mein Magen verträgt nicht so viel Kaffee.

      Sie verließ den Raum. Er hörte sie in der Küche hantieren und blickte sich um: Schwere Sessel, antikes Mobiliar, ein Schreibsekretär, edle Teppiche mit exotischen Blumenmotiven. Landschaftsbilder im schweren goldenen Rahmen an den Wänden.

      Nach ein paar Minuten kehrte sie mit einem Silbertablett, einer Teekanne mit Rechaud aus Porzellan und zwei hauchdünnen Porzellantassen zurück.

      - Wie trinken Sie den Tee, mit Milch und Zucker?

      - Danke nur mit Zucker.

      Sie schlürften den Tee, weil er noch ziemlich heiß war.

      - Aufmerksam blickte der Kommissar sie an: Dann erzählen Sie bitte in allen Einzelheiten, wie und wann Sie den Toten gefunden haben.

      - Also, es war so: Normalerweise holt mich mein Chef um halb neun Uhr mit seinem Wagen vor meinem Haus in Horn ab, denn sein Weg zum Büro führt in der Nähe meiner Wohnung vorbei. Ich erwartete ihn wie üblich vor meiner Haustür. Er war immer sehr pünktlich. Nur heute Morgen nicht, da habe ich noch ein paar Minuten gewartet, bin wieder in meine Wohnung gegangen und habe ihn Zuhause angerufen. Er antwortete nicht. Dann habe ich es auf seinem Handy versucht, auch dort kam keine Antwort. Ich war sehr beunruhigt. Da habe ich mir ein Taxi bestellt und bin zu seinem Haus gefahren. Die Haustür war verschlossen, es brannte nirgends Licht. Ich bin dann ins Haus gegangen, aber es war niemand da.

      - Woher hatten Sie den Haustürschlüssel?

      - Er liegt immer unter der Blumenvase rechts vor der Haustür.

      - Woher wussten Sie das?

      - Ich war oft bei ihm, vor allem seitdem er von seiner Frau getrennt lebte.

      - Wann war das?