Die Todesformel des Ian Degry. Torben Stamm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Torben Stamm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742782700
Скачать книгу
sowas reinzuziehen.“

      Ian warf ihm einen bösen Blick zu.

      „Na gut“, verbesserte sich Ricardo. „Ich meine, du musst voll dumm sein, total dämlich.“

      Die beiden Männer schwiegen, während sie ihr Essen in sich hineinschlangen.

      Dann verließen sie den Diner und trennten sich voneinander.

      Das Problem

      Ians beeilte sich, nach Hause zu kommen - wie jeder nach der Arbeit.

      Dann klingelte sein Handy.

      Er runzelte die Stirn: Diese scheiß Peilsender, die sich jeder Idiot heute freiwillig in die Hose steckte. Er hatte auch eins, aber ohne Internet und sonst so einen Scheiß. Er nahm den Anruf an: „Ja?“, brummte er.

      „Ich bins“, dröhnte Ricardos Stimme blechernd aus dem Gerät.

      „Was ist?“ Ian war in Alarmbereitschaft.

      „Ich stehe auf dem Parkplatz, aber ich finde dein scheiß Auto nicht.“

      Ian blieb wie angewurzelt stehen: „Was?“, fragte er.

      „Ich - finde - dein - scheiß Auto - nicht.“

      Ian drehte um: „Ich komme.“ Damit legte er auf.

      Ricardo erwartete ihn auf dem Parkplatz des Diners. Er sah verärgert aus: „Also?“, fragte er. Ian rauschte an ihm vorbei und ging über den Parkplatz, dorthin, wo er den Wagen abgestellt hatte. Als er die Parkbucht erreichte, blieb er stehen, ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken.

      „Scheiße“, hauchte er. Ricardo stand neben ihm: „Wo ist das Ding?“

      „Es sollte hier stehen“, sagte Ian fassungslos und deutete mit dem Kopf in die Richtung der leeren Parkbucht.

      „Was? Was willst du mir damit sagen?“

      Ian drehte sich zu Ricardo: „Ich will sagen, dass ich das verschissene Auto hier geparkt habe. Jetzt ist es weg.“

      „Du meinst...“

      „Ja. Irgend so ein Wichser hat es geklaut.“

      Ricardo wurde bleich: „Aber du hattest doch gesagt, dass in dem Wagen...“

      „Ja!“, unterbrach Ian ihn. Sein Verstand lief auf Hochtouren: Das war eine Katastrophe.

      „Das bedeutet, dass derjenige, der den Wagen hat, der hat auch...“, setzte Ricardo an.

      „JA! Der hat auch die scheiß Leiche!“ Ian konnte es nicht fassen. Zu dem Auftrag hatte gehört, dass er die Leiche mitnehmen sollte. Also hatte er Sam erschossen, in den Kofferraum gepackt und war losgefahren.

      „Ich muss telefonieren“, sagte Ricardo nach einer kurzen Pause und ging ein paar Schritte zur Seite. Er zog sein Smartphone aus der Hose und wählte eine Nummer. Ian beobachtete sein Gesicht, das sonst meist von einem Lächeln umspielt wurde. Dieses Lächeln konnte er jetzt allerdings lange suchen: Ricardo sah ehrlich besorgt aus.

      Verschärfung

      Ian und Ricardo bemerkten nicht, wie ein Wagen rückwärts aus einer Parkbucht glitt. Zwei Männer vorne. Beide trugen Skimasken. Der Fahrer fuhr langsam in Richtung Ausfahrt, während der andere das Beifahrerfenster runterließ. Als sie auf Höhe von Ian und Ricardo waren, riss er eine Pistole hoch und feuerte auf die beiden Männer, während sein Kollege Gas gab. Mit quietschenden Reifen legte sich der Wagen in die Kurve und verschwand.

      Ian spürte einen stechenden Schmerz, dann sackte er zusammen: Es ist nie angenehm, wenn jemand auf einen schießt, damit hatte er leider so seine Erfahrungen.

      Erwachen

      Als Ian die Augen aufschlug, blickte er in zwei blaue Augen, die ihn mitleidig ansahen. Trotz der Schmerzen, die durch seinen gesamten Körper zuckten, haute das Adrenalin voll rein. Er setzte sich kerzengerade auf: „Wo bin ich?“, fragte er aufgeregt.

      „Pst, ganz ruhig“, sagte Sally und drückte seinen Oberkörper sanft zurück.

      „Wo bin ich?“, wiederholte Ian erneut, diesmal schon sehr viel ruhiger.

      „Du bist bei mir zuhause.“

      „Wie komme ich hierher?“

      „Ich habe... mitbekommen, was draußen passiert ist.“

      Ian runzelte die Stirn: „Und warum hast du mich dann zu dir nach Hause gebracht?“

      „Du hast immer gemurmelt KEINE POLIZEI!“ Sie machte eine kleine Pause: „Ich bin nicht blöd, Ian. Ich weiß nicht genau, was du mit deinem Freund so machst, aber ich kann mir denken, dass ihr keinen echten Job habt und euer Geld auf andere Weise verdient. Das machen alle hier.“

      Ian spürte, wie das Adrenalin aus seinem Körper schwappte. So schnell die aufputschende Wirkung eingesetzt hatte, war sie auch wieder verflogen. Er schloss die Augen und schlief augenblicklich ein.

      Sally betrachtete den schlafenden Mann. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen.

      „Mama?“ Ihr Sohn Tom steckte seinen Kopf ins Zimmer. „Ich habe Halsschmerzen.“

      „Ich weiß, Liebling“, sagte sie und riss sich vom Bett los. „Mama kommt schon.“

      Genesung

      Als Ian erneut erwachte, neigte sich der Tag bereits dem Ende entgegen. Er musste sehr lange geschlafen haben. Stöhnend richtete er sich auf und versuchte, seinen Kopf wieder auf Vordermann zu kriegen. Wo war er nochmal? Sally. Sie hatte ihn hierhergebracht. Keine Ahnung warum und wie, das würde er aber noch herausbekommen. Ian schloss die Augen. Langsam kamen die Erinnerungen zurück: Er hatte einen Auftrag erledigt. Die Leiche in den Kofferraum gepackt. Das Auto! Es war geklaut worden! Und während Ricardo telefoniert hatte, wahrscheinlich mit einem aus Mateos Organisation, war ein Auto an ihnen vorbeigebrettert und jemand hatte sie über den Haufen geschossen.

      Ian war sich sicher, dass Ricardo tot war. Er sah vor sich, wie er durch mehrere Schüsse herumgewirbelt wurde.

      Ian zog die Decke beiseite: An der Seite hatte er einen großen Verband. Er drückte vorsichtig darauf, zuckte aber schon bei der Ahnung einer Berührung zusammen.

      Vorsichtig stand er auf und öffnete die Tür: „Hallo?“, fragte er. Keine Antwort. Er tappste durch den Flur und kam in eine kleine, aber aufgeräumte Küche. Auf dem Tisch lag ein Zettel: „Bin bei der Arbeit. Tom ist bei meiner Mutter. Ich bringe dir was zu Essen mit. Sally.“

      Er runzelte die Stirn: „Was ist hier nur los?“, murmelte er. Langsam ging er zu seinem Zimmer zurück und wühlte in seinen Sachen, bis er fand, was er gesucht hatte: Das Handy!

      Er dachte kurz nach, dann wählte er eine Nummer. Es tutete ein paar Mal, dann dröhnte eine Stimme: „Jo?“

      „Ich bins, Ian.“

      Eine kurze Pause, dann: „Mensch Alter, wo steckst du?“

      „Das ist kompliziert.“

      „Das glaube ich. Bei dir ist ja einiges schief gelaufen, Mann.“

      Ian wurde hellhörig: „Was meinst du damit?“

      „Alter, alle suchen nach dir.“

      Ians Verwirrung wurde noch größer: „Warum suchen alle nach mir? Wegen des Wagens?“

      „Des Wagens? Welchen Wagen meinst du?“

      Ian schüttelte den Kopf, was seinem Gesprächspartner natürlich nicht half. „Nicht so wichtig. Wir müssen uns treffen. Ich brauche Hilfe und ein paar Infos. Können wir uns im Pub treffen?“