Meri Blume
Dalmacija Grill
Kein Roman
Impressum
©Meri Blume ([email protected])
ISBN:
Cover Design: KAMPANJA (www.kampanja.de)
Inhalt
Ive
Staubsaugen.
Ich, ein Mann von bald vierzig Jahren, krieche jeden Morgen unter Tische und Stühle, um die Essensreste von fremden Leuten wegzusaugen. Jeden Morgen ziehe ich dieses Gerät durch den Saal, schiebe alles hin und her, damit ich jede noch so versteckte Stelle erreiche, damit alles sauber und frei von Krümeln und Dreck ist.
Wenn meine Mutter mich so sehen würde? Ihr geliebter Sohn saugt Essenreste auf. Und das auch noch an einem Sonntag. An jedem Sonntag. Anstatt mich für die Kirche zurechtzumachen, mich auf einen freien Tag zu freuen, schiebe ich dieses Ungeheur hinter mir her und sauge die Speisereste von anderen auf.
Verfluchtes Schicksal.
Aber nicht mehr lange, mein lieber Ive, nicht mehr lange!
Noch ein, zwei Jahre und dann hat es sich ausgesaugt. Dann wird Ive wie ein echter dalmatinischer Herr seine Sonntage genießen, in die Kirche gehen, in Ruhe Mittagessen, am Nachmittag balote spielen. Nur noch ein, zwei Jahre. Nur noch kurz, nur noch ein wenig mehr und dann haben wir es geschafft. Wie heißt es doch in dem einen Lied, man muss fremde Früchte kosten, neue Länder entdecken, seinem Stern folgen und dann zurückkehren. Ich folgte ihm. Und folge ihm immer noch! Schau an, wo ich gelandet bin. Beim Staubsaugen. Unterm Tisch.
Zum Teufel mit den Sternen, den fremden Früchten und den neuen Ländern! Und dem Gejammer! Was hätte ich gehabt, wäre ich zu Hause geblieben? Vielleicht Schuhe an den Füßen. Und auch das nur mit Mühe und Not. Hunger hätte ich gehabt. Unglück. Ja, ich muss sonntags saugen, aber dieser Boden gehört mir. Und jeder Tisch, jeder Stuhl, das gesamte Geschirr und auch der verdammte Staubsauger. Und die Pfennige und Deutschmarks, die ich unter den Stühlen und Bänken finde. All das gehört mir! All das hab ich mir erarbeitet, mit meinem Geld gekauft. Niemand sagt, ´Ive, geh staubsaugen´, niemand gibt mir Befehle. Ich bin mein eigener Herr. Ich bestimme, wann geöffnet wird, wann gesaugt wird, wer, was zu tun hat. Ich hab den Geldbeutel in meiner Hosentasche.
Zum Teufel mit dem Kirchgang.
Natürlich gehen sie heute in den Gottesdient, sie haben sich fein gemacht, ruhen sich aus, aber ach, wenn das Dach erneuert oder Strom verlegt werden muss! Dann? Dann kommen sie zu mir, dann muss Ive helfen. Ive ist ja in Deutschland, er hat Geld. Hier hängt das Geld nämlich an den Bäumen, wir müssen es nur pflücken und ihnen geben. Keiner fragt, ´Ive, hast du etwa auch sonntags arbeiten müssen? Ach, Ive, du hast es so schwer´. Niemand sagt das, niemand denkt an mich!
Zum Teufel mit ihnen!
Es ist schwer, es ist hart, aber das Geschäft läuft gut. Ich will nicht jammern. Die Gäste kommen, lassen gutes Geld da, mein Geldbeutel ist jeden Abend voll. Die Beine tun mir weh. Und der Magen. Aber mein Geschäft läuft gut!
Und gleich kommen die ersten Hungrigen, sie wollen um halb zwölf scharfe Zwiebel essen. Wer hat sich bloß scharfe Zwiebel ausgedacht? Und wo zum Teufel isst man in Jugoslawien scharfe Zwiebel? Aber die Gästen lieben sie. Sie versauen sich sogar das ganze Esssen mit scharfen Zwiebeln. Solange es umsonst ist, lieben es die Deutschen. Ich geben ihnen ihre Zwiebel, hauptsache sie kommen und lassen ihr Geld hier bei mir.
Wie es wohl heute laufen wird? Die letzten Sonntage waren wirklich gut. Wie viel hatten wir letzte Woche? Fünftausend? Fünftausend ist ´ne Menge Bier.
Wenn nur jeder Tag wie ein Sonntag liefe, dann würde es nicht mehr lange dauern, und ich könnte endlich nach Split!
„Ane, ist der Schank voll? Schau mal genau hin, mein Herz. Nicht, dass wir später dauernd runter rennen müssen.“
„Ist