Die Gefährdungsprozesse für unser Lebenserhaltungssystem sind eng mit der sich explosiv entwickelnden Industrialisierung verknüpft. Sie hat ein Zeitalter eingeleitet, welches in allen Bereichen unseres menschlichen Daseins gewaltige Veränderungen gebracht hat, die bis in unsere Zeit hinein wirken. Sie ist für die gesamte Menschheitsgeschichte in materieller und in sozialer Hinsicht eine Epoche ohne Beispiel. An der Bewältigung ihrer negativen Auswirkungen arbeiten wir seither intensiv, aber ohne nachhaltigen Erfolg.
Technische Entwicklung
Die Industrialisierung wurde von einem sich unvorstellbar rasch entwickelnden technischen Fortschritt getragen.
Die Herstellungsformen in Handwerksbetrieben und Manufakturen wurden nach und nach durch industrielle Produktionsweisen ersetzt. Zunächst wurde die Wasserkraft als Energiequelle genutzt. Dann folgten die ersten Maschinen auf der Basis von thermischer Energie. Mit der Möglichkeit, Wärme in kinetische (mechanische) Energie umzuwandeln, begann der Siegeszug der Dampfmaschine. Damit bekam die Wasserkraft einen ernst zu nehmenden Konkurrenten: Die Dampfkraft. Mit der Umwandlung von Dampf in mechanische Energie wurde u. a. der Bau von Fabriken - weit entfernt von Wasserläufen - möglich und rentabel. Von der englischen Baumwollverarbeitung ausgehend, hielt die neue Produktionsweise in ständig neuen Industriezweigen Einzug. Durch den Einsatz der Dampfmaschine mit immer verbesserten Techniken konnte die Pro-Kopf-Erzeugung in der Industrie stetig ansteigen. In dem Maße, in dem technische Erfindungen vorangetrieben und auf verfahrenstechnischer Ebene genutzt wurden, nahmen Arbeitsteilung und Spezialisierung der Tätigkeiten zu. Die Tür zur Massenproduktion zahlreicher Gebrauchs- und Verbrauchsgüter wurde aufgestoßen. Die fortschrittliche Welt blickte nach England, dem Mutterland der Industrialisierung. Von dort verbreitete sich die Entwicklung sehr rasch über das gesamte britische Empire und dessen überseeische Besitztümer. England entwickelte eine beispiellose Weltmachtstellung. Englische Produkte beherrschten bis in das 19. Jahrhundert hinein den Weltmarkt.
Die ersten Eisenbahnen rollten durch das Land (1825). (Die „Stockton and Darlington Railway“ in Nordengland mit einer Länge von neun Meilen wurde am 27. September 1825 mit der Fahrt der von Stephenson gebauten Lokomotive „Nr. 1“ eröffnet und war die erste Bahn, die auf eisernen Schienenwegen und mit Dampfenergie betrieben wurde.) Das Schienennetz, die Wasserwege und Hafenanlagen wurden ausgebaut. Der nächste Aufschwung kam durch die Erfindung der Elektrizität (1844). (Erstmalige elektrische Beleuchtung eines öffentlichen Platzes, des Place de la Concord in Paris, mit Bogenlicht und die 1866 von Werner von Siemens entwickelte elektrische Maschine). Die Möglichkeit, Strom durch metallische Leiter transportierbar zu machen, eröffnete eine Innovationswelle ohne Beispiel. Jetzt konnte Strom über Fernleitungen von den Wasserkraftwerken in die Industriestandorte und Ballungsräume transportiert werden (1882). (1882 gelang die erste Fernübertragung von elektrischer Energie über 57 km mit der Gleichstromfernübertragung Miesbach-München). Die Straßen in den Städten und die Wohnungen erhielten elektrisches Licht. Ein Meilenstein in der weiteren Entwicklung war die Erfindung von Verbrennungsmotoren (ca. 1860). (Nikolaus August Otto baute um 1860 den ersten Verbrennungsmotor.) Damit konnten die Antriebstechniken verbessert und weiter optimiert werden. Dies eröffnete auch das Zeitalter der frühen Mobilität (zwischen 1860 und 1905) (Rudolf Diesel, Gottlieb Daimler, Wilhelm Maybach, Adam Opel und Henry Ford gelten als die Pioniere der Mobilität). Personenkraftwagen und Lastwagen gingen in die Serienfertigung, Schiffe wurden mit Dieselaggregaten angetrieben. Die Windjammer kamen allmählich aus der Mode. Schließlich wurde elektrische Energie auch für Antriebstechniken verwendet (1860) (Philipp Reis erfand 1860 das Telefon und damit die elektrische Sprachübermittlung. Allerdings wurde seiner Erfindung keine große Beachtung geschenkt, so dass erst 1876 Alexander Graham Bell in den USA das erste wirtschaftlich verwendbare Telefon konstruierte und auch erfolgreich vermarktete). Auch der umgekehrte Weg wurde möglich: Eine mit fossilen Brennstoffen angetriebene Maschine (Generator) konnte Strom erzeugen (1866) (Werner von Siemens).
Die industrielle Produktionsweise verdrängte nach und nach auch in anderen höher entwickelten Ländern die manuellen Herstellungstechniken in Handwerksbetrieben und Manufakturen. Die menschliche Fertigkeit wurde allmählich durch eine präzise und unermüdlich funktionierende Arbeits-Maschine ersetzt. Strom konnte jetzt in Wärme und beides in Arbeit umgewandelt werden. Und an dieser Stelle begann sich der Finanz- und Kapitalmarkt zu entwickeln. Die Losungsworte, die auch in den folgenden Jahrhunderten gelten sollten waren: Finanzen, Kapital, Rendite und Marktbeherrschung und dann im Zuge der Amerikanisierung „shareholder value“, „profit-maximisation“, „Capital-growth“ usw. Die zunehmende Ausrichtung auf Kapital und Gewinne war in dieser Entwicklungsphase nicht zufällig, sie war Voraussetzung für die Entwicklung der Industrialisierung. Und diese Aussage gilt auch umgekehrt. Es hat sozusagen jemand „Butter bei de Fische gegeben“, wie der Norddeutsche so treffend sagt. Niemand hätte die Entwicklung aufhalten können. Über Ursache und Wirkung kann getritten werde.
Durch die Kapitalisierung der Wirtschaft konnten private Kapitalanlagen zusammengeführt werden, die Anlageinvestitionen mit einem Kostenaufwand von vielen Millionen Mark ermöglichten. Schwerpunkt war der Ausbau der Energieerzeugung. Innovationsprozesse wurden finanzierbar. Neue Rohmaterialen kamen auf. Pflanzliche und tierische Substanzen konnten durch anorganische und synthetisch hergestellte Materialien ersetzt werden. Die Entwicklung bekam Eigendynamik.
1913 entdeckte Alfred Einstein die Relativitätstheorie. Im August begann der 1. Weltkrieg. Es war der erste industrielle Krieg. Die Vernichtungswaffen hatten eine neue Dimension erreicht. Das Ergebnis war Millionen Tote und Verletzte. Die Folgen sind bis heute nicht überwunden. Die Firma Junkers brachte das erste Leichtmetallflugzeig heraus (1915). Der erste mit Kohlenstaub angetriebene Motor wurde 1916 erstmals erprobt (Pawlikowski, De Cholewa). Rutherford löste 1919 die erste Kernreaktion aus und schloss 1920 die Entwicklung der ersten Patronen ab, die eine neue Qualität der Kriegsführung ermöglichten. Das Atomzeitalter begann mit der Entdeckung der Quantenmechanik durch Alfred Heisenberg (1925). 1927 flog Lindbergh erstmals von New York nach Paris. Paul Schmidt setzte den Anfang für strahlengetriebene Flugzeuge und entwickelte 1930 das erste Strahltriebwerk (Paul Schmidt war der Erfinder des Pulsotriebwerkes, die Grundlage für die Entwicklung der V1 im zweiten Weltkrieg). Schwerer Wasserstoff wurde 1932 nachgewiesen (Urey, Brickwedde Murphy). 1932 fand die erste Fernsehübertragung in Deutschland statt. Die erste Kernspaltung gelang 1938 (Heisenberg). Dieses Jahr war auch der Beginn der Herstellung von synthetischen Fasern (Perlon, Nylon). Der erste Kernreaktor wurde noch vor Beendigung des 2. Weltkrieges in Betrieb gesetzt (1942) (Fermi). Und dann war auch die Uran-Atombombe (1945) nicht mehr aufzuhalten. 1947 flog das erste Raketenflugzeug mit Strahlenantrieb. Die erste Wasserstoffbombe war ebenfalls 1947 entwicklungsreif. 1956 begann das Atomzeitalter mit dem ersten Atomkraftwerk zur Produktion von Stromenergie. Die erste Raumschiff-Landung auf dem Mond datiert auf 1959. Zehn Jahre später setzte der erste Mensch seinen Fuß auf den Mond. 1973 konnte in der UdSSR erstmals Plasma über mehrere Stunden stabilisiert werden, der Beginn der Kernfusion. Inzwischen haben wir einen Shuttle auf dem Mars, schauen uns dort über Kameras um und nehmen Gesteinsproben (2012).
Der technische Fortschritt veränderte die Gesellschaft in den Industrie- und weiterentwickelten Ländern fundamental. Berufe verloren an Bedeutung, neue kamen hinzu. Die Anforderungen an die berufliche Qualifikation stiegen. Das Bildungssystem war grundlegenden Veränderungen unterworfen. Der Prozess ist weiterhin offen. Und alle diese Abläufe sind immer schwieriger beherrschbar, weil die Entwicklung in unglaublich kurzer Zeit abgelaufen ist. Sie wirkte auch auf Prozesse außerhalb der technischen Abläufe: