Liebe ohne Grenzen. Isabel Fischer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Isabel Fischer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738001815
Скачать книгу
Welt hinter mir hätte.

      Von diesem Moment an wuchs meine Vorfreude von Tag zu Tag und ich konnte unsere Abreise kaum noch erwarten.

      Kapitel 2

      Endlich war es soweit. Am 5. April war ich schon lange wach als mein Handywecker sich um 5.30 Uhr meldete. Hatte ich überhaupt geschlafen? Ich war schon beim Ins-Bett-Gehen so aufgeregt gewesen, dass an Schlaf eigentlich gar nicht zu denken war. Der Gedanke an die bevorstehende Reise ins Ungewisse hielt mich wach und ich versuchte mir auszumalen, was mich in Abu Dhabi erwarten würde.

      Ich habe Europa bisher noch nie verlassen. Mit meinen Eltern haben wir Kinder meistens Urlaub in Italien – per Autoreise an den Gardasee und dort Unterbringung in einer Ferienwohnung – oder mal ganz exotisch in einem 4-Sterne-Hotel in Griechenland gemacht – dies tatsächlich per Flugreise. Seit ich selber mein Geld verdiene und somit auch selber für die Reisekosten aufkommen müsste, herrscht bei mir ohnehin Urlaubsflaute. Nur einmal – vor zwei Jahren – hatte mich meine Schwester zu einem Wellness-Wochenende an der Ostsee überredet. Ansonsten habe ich – wenn überhaupt – den Landkreis nur beruflich verlassen. Ich würde mich also nicht gerade als Frequent Traveler bezeichnen. Und selbst meine wenigen Auslandsbesuche waren kaum mit meiner Reise nach Arabien zu vergleichen.

      Zu diesem Zeitpunkt konnte ich noch nicht ahnen, dass selbst meine kühnsten Vorstellungen weit hinter dem zurückbleiben würden, was mich in den nächsten Tagen erwarten sollte.

      Das große Abenteuer begann bereits am Flughafen. Schon aus der Ferne konnte ich am Check-In Schalter eine ewig lange Schlange erkennen. Da ich dank meiner Trödelei im Badezimmer - morgens bin ich immer etwas langsamer unterwegs - keine Zeit mehr für ein Frühstück gehabt hatte, sah ich schon meine Gelegenheit, noch einen kleinen Zwischenstopp bei Starbucks einzulegen, schwinden.

      Mein Magen knurrte und ich wohl auch, denn mein Chef sah mich überrascht an. Die Kombination von Hunger und Müdigkeit trugen nicht gerade zu meiner guten Laune bei und ich sagte seufzend: „Das wird wohl ewig dauern mit dem einchecken.“ Er grinste nur und meinte: „Ja, für die Leute in der Holzfällerklasse bestimmt. Gut, dass uns unser Kunde netterweise mit Business-Class-Flügen bedacht hat.“

      Business-Class? So eine richtige Vorstellung davon hatte ich nicht. Aber aus der übertrieben guten Laune meinen Chefs schloss ich, dass uns etwas Gutes erwartete und ich wurde nicht enttäuscht. Der Check-In war im Handumdrehen erledigt. Alles überhaupt kein Problem. Zu Starbucks wollte mich mein Chef aber trotzdem nicht gehen lassen. Ich solle doch lieber die Lounge abwarten, meinte er. Na gut. Wir machten uns also auf den Weg durch die Sicherheitskontrolle und folgten danach der Beschilderung zu den Business Lounges. Dort angekommen, musste ich meinem Chef Recht geben. Starbucks wäre eine Verschwendung gewesen. In der Lounge erwartete uns neben super freundlichen Servicekräften und gemütlichen Sesseln und Couches ein reichhaltiges Frühstücks- bzw. Brunchbuffet und eine Theke mit einer riesigen Auswahl von kalten und warmen Getränken. Und da war sie wieder, meine gute Laune. Guten Morgen, Linda! So lasse ich mir eine Reise gefallen.

      Während ich noch die Auswahl sondierte und überlegte was ich mir holen sollte, hatte mein Chef schon die Initiative ergriffen und – natürlich wieder ohne mich zu fragen – zwei Gläser Champagner bestellt. Aber darüber konnte ich in diesem Fall gelassen hinwegsehen. Sonst gönnte ich mir immer nur den Standard-Prosecco von Aldi und wenn es bei meiner Familie einen besonderen Anlass zum Anstoßen gab, dann durfte es auch schon einmal der Aldi-Cremant sein. Champagner hingegen habe ich noch nie zu Hause gesehen und schon gar nicht probiert. So stieß ich an diesem Morgen also noch vor 9 Uhr mit meinem ersten Glas Champagner mit meinem Chef auf eine interessante und erfolgreiche Woche an und fühlte mich dabei unglaublich weltmännisch.

      Der Champagner prickelte so schön. Erst im Mund, dann in meinem Bauch. Es wurde alles ein bisschen wärmer und schöner an diesem eigentlich sehr kühlen und grauen Aprilmorgen und ich merkte, wie meine Anspannung – Schluck für Schluck – nachließ und einer großen Vorfreude wich. Egal was uns erwarten sollte, es würde grandios werden und wir würden grandiose Fotos machen.

      Als wir unsere Gläser gerade geleert hatten, wurde unser Flug schon aufgerufen und wir machten uns auf den Weg zum Flugzeug, wo wir in den gemütlichen und geräumigen Business-Class-Sitzen Platz nahmen. Wahnsinn! Kein Vergleich zu den Ferienfliegern, die ich von früheren Reisen kannte. Wir waren umringt von purem Luxus und von Leuten, für die dies offenbar alltäglich war. In allen möglichen Sprachen bestellten sie ganz selbstverständlich bei den Flugbegleiterinnen Getränke, Extra-Decken, Jogginganzüge und gaben ihre Essenspräferenzen an.

      Um nicht offensichtlich herauszustechen – was ich wahrscheinlich dank meiner weißen Haut, meinen hellblonden Haaren und wohl insbesondere dank meiner Nicht-Markenkleidung dennoch tat – bestellte ich noch ein weiteres Gläschen Champagner und leerte dieses bevor wir das Rollfeld verlassen hatten. „Da ist wohl jemand auf den Geschmack gekommen.“ kommentierte mein Chef dies augenzwinkernd und stürzte sein Glas ebenfalls hinunter.

      Auch er schien sich langsam zu entspannen und streckte mir die Hand entgegen: „Das ist wohl langsam überfällig. Ich bin der Roland. In den nächsten Tagen werden wir uns wohl ohnehin überwiegend auf Englisch unterhalten und beim Vornamen ansprechen. Dann können wir es jetzt auch gleich offiziell machen.“ Ich nahm seine Hand, stellte mich – obwohl er meinen Namen natürlich kannte – als Linda vor und und lehnte mich danach zufrieden in meinem Sitz zurück.

      Seit Jahren musste ich mich ständig bei allen möglichen Leuten dafür rechtfertigen, dass mein Chef und ich immer noch „per Sie“ miteinander waren. Meine Schwester fragte in regelmäßigen Abständen nach, ob wir uns nun endlich duzen würden und wenn ich dann verneinen musste, fragte sie immer ganz mitleidig: „ Meinst du er kann dich nicht leiden und arbeitet nur mir dir zusammen weil du eine Frau bist, und so, mhhh, wie du halt bist?“ Na dankeschön.

      Ich weiß, dass meine Schwester dies nie böse meinte. Sie machte sich ernsthafte Gedanken darüber, weil es auf der ganzen Welt – jedenfalls in ihrer kleinen glücklichen Welt – fast niemanden gab den sie nicht duzte. Ich freute mich jetzt schon darauf ihr von diesem historischen Ereignis zu berichten.

      Dankenswerterweise wurde ziemlich bald ein üppiges Frühstück serviert, denn der Champagner hatte seine Spuren hinterlassen und mir war schon leicht schwindelig geworden. Nach dem Frühstück brachte ich meinen Sitz in die Schlafposition – unglaublich, dieser Flugzeugsitz war tatsächlich gemütlicher als meine Schlafcouch – und gab meiner Müdigkeit nach. Als ich aufwachte, waren wir schon fast im Landeanflug auf Abu Dhabi. Es war dunkel draußen, deshalb konnte ich außer einem Lichtermeer am Boden nicht viel erkennen. Der perfekte Flug endete mit einer perfekten, weichen Landung und als wir aus dem Flugzeug ausstiegen, strömte uns angenehm warme und trockene Luft entgegen. Sommerluft im April – ich liebte dieses Land auf Anhieb.

      In der Ankunftshalle war es laut und voll. Es warteten viele Männer mit Schildern, auf denen die Namen von ankommenden Passagieren standen, um diese abzuholen und zu ihrem Hotel zu bringen. Auch unsere Namen fanden wir auf einem der Schilder, gehalten von einem schlanken, dunkelhäutigen Mann im schwarzen Anzug.

      Er begrüßte uns sehr höflich, nannte mich „Madame“, meinen Chef „Sir“ und führte uns zu einer schwarzen Mercedes S-Klasse, mit der er uns zum Hotel chauffierte. Ich war beeindruckt. Aber als wir in unserem Hotel, dem Shangri-La, ankamen und von den Pagen in die marmorne Eingangshalle geführt wurden, wagte ich vor Ehrfurcht kaum noch zu atmen. Dieses war mit Abstand das schönste und luxuriöseste Hotel, das ich jemals gesehen hatte. Und ich sollte hier für eine Woche wohnen. Wirklich? Oder war es doch nur ein Traum? Unauffällig kniff ich mich in den Arm. Autsch! Doch ich stand immernoch in diesem Traumhotel.

      „Madame, Ihre Zimmerkarte.“ sagte eine zierliche Dame an der Rezeption und riss mich aus meinen Gedanken. Ich nahm die Karte dankend entgegen und folgte meinem Chef durch die Korridore des Hotels, da er das Zimmer neben mir beziehen würde. Wir erreichten die Zimmer etwa gleichzeitig mit unserem Gepäck und verabredeten uns zum Frühstück für den nächsten Morgen zu einer letzten Besprechung. Um 11 Uhr würden