Kann einer Behauptung zu den Teufeln als unrechtsliebenden Monstern überhaupt noch Glauben geschenkt werden? Dies widerspräche ganz und gar ihrer Aufgabe.
Neben der Züchtigung erfüllen sie ebenso die Pflicht der Abschreckung. Denn Menschen, die nun einmal nicht aus Überzeugung barmherzig und gottgefällig sind, werden vielleicht durch Angst vor einer Bestrafung von bösen Taten abgestoßen.
Die Teufel würden allerdings nicht ihren Namen dafür hergeben, wenn ihnen Raub und Mord gefallen würden.
Sie verabscheuen Verbrechen und wandeln Täter zu Opfer, die ihre Taten sühnen müssen.
Sie wissen auch bestimmt, wo diese Wesen zu finden sind, habe ich Recht?
Die Hölle, der Ort der Verdammnis, birgt die schrecklichsten Qualen für Seelen, die sich vom rechten Wege abwenden und diesen danach nicht mehr zu finden vermögen.
Das gleißende, reinigende Feuer schlängelt sich durch deren Gemäuer und leckt und brennt an der Haut der Verdammten. Sie durchleiden den Schmerz, den sie Zeit ihres Lebens verdienten und verlieren dort jegliche Hoffnungen.
Doch den Teufeln ist die Hölle ein geliebtes Zuhause, in dem sie gerne verweilen. Sie schlafen im Schloss des Höllenfürsten Satan und verbringen dort einen großen Teil ihrer Existenz. Sie genießen ihr Dasein zusammen mit Gleichgesinnten und amüsieren sich auf berauschenden Festen, die Nacht für Nacht in den Kellergewölben des Herrenschlosses stattfinden.
Wie finden Sie das?
Sind Sie nun nicht auch neugierig, was es über diese Dämonen noch zu wissen gibt?
Jedenfalls sollten Sie nicht demjenigen blauäugig glauben, der Ihnen sagt, was bösartig ist und was nicht. Denn hinter Tücke versteckt sich ein weit gefächertes Feld, und Gutes ist auch nicht immer engelsgleich.
Sie werden nun besonders einen Teufel näher kennen lernen und dessen steinigen Weg an seiner Seite beschreiten. Er wird Sie nicht bemerken, genauso wenig wie mich. Denn wir wandeln als Phantome neben ihm und nur ich kann seine Schritte lenken und seine Gedanken verzaubern. Sie hingegen können diese erleben und ihm das Beste oder doch die verdammte Pest an den Hals wünschen.
Sein Name ist Mephisto Dantoteles.
Mephisto ist ein vergleichsweise junger Teufel, der in der Unterwelt dazu ausgebildet wird, einmal der mächtige Beherrscher über das Höllenreich zu werden.
Doch der der Weg dorthin ist lang und mühsam. Sie werden seine Leiden spüren und seine Freude teilen.
Sie werden jedoch – vielleicht überrascht – feststellen, dass ich nicht nur seine Perspektive durchleuchte, sondern auch einige andere Blickwinkel ergründe.
Genug der langen Rede. Stürzen wir uns in das Abenteuer!
Sind Sie bereit?
2. Geheime Pläne
Unsere Reise beginnt in Alborqu.
Dies ist der einzige Ort, an dem Menschen und Dämonen gemeinsam verweilen. Die meisten Menschen, die hier ihre armselige Existenz verbringen, sind bereits verstorben und fristen ein dämmerndes Dasein zwischen leerer Hoffnungslosigkeit und düsteren Erinnerungen an ihr einstiges Leben. Doch hie und da erblickte man die verstörten Mienen noch lebendiger Menschen, die sich im grauen Mantel der Stadt verbergen. Sie versteckten sich in den verfallenen Ruinen dieser trostlosen Stätte, um nicht Opfer der Gewaltbereitschaft von dunklen Kreaturen zu werden.
Hier beginnt die Geschichte…
Alborqu liegt am Rande des schattenverhangenen und hoch in den Himmel ragenden Meskirgebirges. Dessen höchster Gipfel gehört dem Berg Iritas. Dort hat der Fluss Tua-Kail seinen Ursprung und schlängelt sich waghalsig und reißend durch rabenschwarze Wälder, die die Anhöhen bevölkern, bis er schließlich die Ansiedlung erreicht, dort allmählich zur Ruhe kommt und nur noch gemächlich vor sich hin plätschert.
Tua-Kail bedeutet in der Sprache der Unterwelt „Dämonenwasser“. Denn er trägt die einzige Flüssigkeit, die von den Kreaturen der Finsternis berührt werden kann. Werden sie hingegen von gewöhnlichem Wasser benetzt, so müssen sie Schmerzen ertragen, die durch das kühlende Nass in sie hinein gebrannt wird. Der Tod durch dieses für sie flüssige Gift ist nicht ausgeschlossen.
Zum späten Abend hin wandelte eine vermummte Gestalt eines Mannes die schäbigen Straßen von Alborqu entlang. Er war auf dem Weg zu einer verkommene Spelunke und erwartete dort jemanden, mit dem er ein lang ersehntes Gespräch führen würde.
In seinen unergründlichen Gedanken vertieft, entgingen ihm neugierige oder gar ehrfürchtige Blicke aus den entstellten Gesichtern der Bewohner. Die meisten wussten ganz genau, wer er war, denn er verweilte oft an diesem Ort und beobachtete das Elend dieser Stadt.
Alborqu war von Verfall und Trostlosigkeit gezeichnet.
Die Parks waren Treffpunkt für verwahrlostes Gesindel, das mit Diebesgut handelte. Hie und da duftete der bittere Gestank des Schleims von Erbrochenem. Es schien, als wären einige der seelenlosen Häuser von Bränden oder Sprengkörpern zerstört worden, denn die gesplitterten Fenster oder Gebäude blickten leblos auf die von Unrat und Müll versehenen Wege hinab.
Ein Bild des Grauens, soweit das hoffnungslose Auge sah!
Die Menschen in jenen Gestaden verharrten in ihren Verstecken, von lähmender Furcht erfüllt und vom grausamen Hunger und Schmerz geplagt. Kaum ein Mann oder eine Frau wusste, wie ihr Leben sie in dieses „gottverlassene Nest“ geführt hatte! Doch eines war ihnen allen gewiss: sie würden hier jämmerlich verenden und ihre sterblichen Überreste von den grauenhaften Dämonen zerrissen werden!
Der majestätisch wandelnde, in seinem Kapuzenmantel verborgene Hüne selbst jedoch nahm von kaum jemanden Notiz und lenkte seine Schritte eilig weiter, schließlich hinein in eine Hütte, aus deren Tür streitsüchtige und betrunkene Stimmen hallten.
An seinem Ziel angekommen, entdeckte er sofort diejenige, deren Begegnung er ersehnte.
Eine Frau, in einem weißen Umhang vermummt – der Kontrast zu den dunklen Geschöpfen war bemerkenswert - blickte auf, als er durch die Eingangstür trat. Sie bemerkte, wie er seinen Blick an sie richtete, obwohl sein Gesicht unter der Kapuze versteckt war. Er nickte kurz und setzte sich ihr gegenüber an den runden Holztisch. Auch das Antlitz der Frau war nahezu ganz verdeckt. Nur der Mund und die Nasenspitze waren noch zu erkennen.
Für eine gewisse Zeit sprachen sie kein Wort miteinander und verharrten in ihrer Schweigsamkeit, bis die Frau, deren Stimme ein schon fortgeschrittenes Alter verriet, sich räusperte und das Gespräch begann.
„Du bist zu spät!“
Der Mann lächelte finster unter seinem schwarzen Tuch.
„Ich grüße dich auch“, antwortete er unbekümmert mit einer tiefen, unmenschlichen Stimme.
Die Frau wurde wieder stumm und schien auf etwas zu warten. Er jedoch war nicht in Eile, den Gegenstand ihres Treffens anzuschneiden.
So saßen sie in der Bar und blickten sich wortlos um. Der Raum war schmutzig und klein. Zwischen den Beinen der bedrohlich wirkenden Gäste huschten hie und da seltsame, rattenähnliche Tiere herum. Manche Stühle und Tische waren durchgebrochen und standen nutzlos zwischen den versoffenen Dämonen, die obszöne Lieder grölten oder Streit miteinander suchten. Das Licht rührte von spärlichen