und ich habe den tiefen Wunsch, irgend etwas zu tun, was ich nicht näher erklären kann.“
Geht die Zeit auch an Ihnen vorbei? Sie müssen das Gefühl haben, denn sonst würden Sie
dieses Werk nicht lesen. Sie sind nur einer von vielen. Die meisten Menschen wechseln vom
Lager der Jungen ins Lager der Alten hinüber mit dem unbestimmten Gefühl, dass sie irgend
etwas vom Leben erwarten. Sie bemühen sich aber nicht herauszufinden, was es ist, das sie
wollen. Solche Menschen sind wie Treibholz im Meer des Lebens. Sie bewegen sich, aber sie
kommen dabei nicht vorwärts. Fortschritt bedeutet, systematisch ein Ziel anzusteuern. Der
Weg des Treibholzes wird von Wind und Strömungen diktiert, manchmal sinkt es auch, oder
es wird auf ein Riff getrieben, bleibt dort liegen und löst sich mit der Zeit auf.
Man muss die Richtung kennen, die man ansteuert, man muss wissen, warum man in diese
Richtung steuert. Wenn man das nicht weiß, steuert man in sein Verderben.
Fred ist ungelernter Arbeiter. Er wechselt laufend den Arbeitsplatz: mal ist er Bauarbeiter,
mal Pförtner, Schiffsarbeiter, Angestellter in einem Warenhaus und Laufbote. Er kritisiert
dauernd an seinen Arbeitgebern und Mitarbeitern herum und sucht Streit, wo er nur kann.
Deshalb hält er es auch nie lange an einem Arbeitsplatz aus. Man hat ihm geraten,
Abendkurse zu besuchen, seine Bildung zu vertiefen, um bessere Arbeitsplätze anzustreben.
Aber Fred hat keine Zeit für Abendkurse; er ist viel zu sehr mit seiner Trödelei beschäftigt.
Meistens verwünscht er seine Erfolglosigkeit; in reiferen Momenten sagt er wohl auch: „So
ist das Leben.“
Fred hat damit nicht recht. Das ist nicht das Leben. Und auch nicht der Lebensinhalt. Es ist
ein Dahinleben, Sichtreibenlassen. Und Fred wird sich weiter treiben lassen, weil er kein Ziel,
keinen festen Plan hat.
Es gibt Menschen, die behaupten, ein Ziel zu haben. Barbara z.B. wünschte sich gute
Gesundheit und klagte doch andauernd über ihre chronische Schwäche. Gleichzeitig betonte
sie, dass sie alles dafür geben, alles dafür tun würde, um stark und tatkräftig zu sein. Auf
Anraten eines Freundes investierte sie 600 Mark um in einem Kneipp-Verein Mitglied zu
werden. Sie schwärmte von ihrem Club und betonte, wie gut er für sie sein würde. Sie ging
aber überhaupt nur dreimal hin. Jetzt hat sie immer neue Entschuldigungen bereit, um nicht
hinzugehen, nicht mitzumachen, die vorgeschriebene Diät nicht einzuhalten und die Übungen
nicht zu machen. Taten sprechen besser als Worte: Barbara will in Wirklichkeit gar nichts für
ihre Gesundheit tun.
Wissen Sie, was Sie wollen?
Hier die Herausforderung. Stellen Sie eine Liste von zehn Punkten der Dinge auf, die Sie sich
wünschen. Fangen Sie aber nicht gleich an zu schreiben. Denken Sie zuerst genau nach. Die
meisten Menschen finden es schwierig, eine solche Liste zusammenstellen. Als ich in einer
Abendschule diese Aufgabe stellte, dachte eine Frau ein, zwei Minuten nach und sagte dann
laut: „Das ist ja entsetzlich.“
Es kann fürchterlich sein, plötzlich der Wahrheit über sich selbst gegenüberzustehen und zu
erkennen, welche Dinge man sich wirklich wünscht. In diesem Moment spricht man mit
Freunden, man will auf niemanden Eindruck machen und vorgeben, dies oder jenes zu
wollen, weil es in einem bestimmten Kreis gerade so Mode ist. Man prüft seine eigenen
Gedanken, man versucht sich selbst kennen zu lernen und braucht sich selbst nichts
vorzumachen. Man muss deshalb ganz ehrlich sein, wenn man die Liste mit den zehn Punkten
erstellt.
Hier noch einige Tipps für die Liste:
1. Vermeiden Sie, Allgemeinheiten wie „Wohlstand“ oder „Reisen“. Man muss genau
definieren. Anstelle von Geld könnte man z.B. ein Einkommen von jährlich 100.000
DM wünschen. Schreiben Sie nicht „Prestige“, schreiben Sie statt dessen „Vize-
Präsident der ...“ oder wie immer die ansehnliche Position lauten mag, die ihnen
zusagen würde. Schreiben Sie nicht einfach „Heirat“, schreiben Sie lieber „Ehemann
und zwei Kinder“. Wünschen Sie sich statt „Verbesserung des Charakters“ lieber
„Humor“, „Selbstvertrauen“ oder eine andere, genau bezeichnete Eigenschaft.
2. Suchen Sie sich zehn ganz verschiedene Dinge aus. Dabei darf man sich vor der
geistigen Anstrengung nicht dadurch drücken, dass man z.B. fünf paar Schuhe als die
zehn gewünschten Dinge zählt. Auch eine Enzyklopädie von zehn Bänden sollte auf
der Liste nur einen einzigen Punkt ausmachen.
3. Achten Sie darauf, dass sich die Wünsche nicht untereinander widersprechen. Man
kann im Leben nicht alles tun, zumindest nicht alles gleichzeitig. Man kann nicht
gleichzeitig Archäologe und Nacht-Club-Star sein. Man kann nicht dauernd reisen und
zur selben Zeit Gartenfreuden genießen. Mönch und Millionär passen auch schlecht
zusammen. Man kann kein bequemes Leben führen und gleichzeitig einen
aufreibenden Beruf haben als Sänger, Tänzer, Arzt, Rechtsanwalt, Journalist oder
Politiker. Man kann nicht zur selben Zeit zwei verschiedene Richtungen einschlagen.
Denken Sie daran, damit Sie solche Widersprüche vermeiden. Wenn Sie sich nicht für
einen von zwei widersprüchlichen Wünschen entscheiden können, streichen Sie beide
von Ihrer Liste und ersetzen Sie sie mit Wünschen, über die Sie sich klar sind.
4. Führen Sie nicht Dinge auf Ihrer Liste auf, für die Sie sich zufällig gerade
interessieren. Halten Sie nur die Wünsche fest, deren Realisierung Sie sich so stark
ersehnen, dass Sie sich auch genügend einsetzen würden.
5. Stecken Sie ihre Ziele nicht zu weit. Es ist z. B. nicht möglich, dass Sie mit dieser oder
einer anderen Technik Arzt werden, ohne dass Sie die nötige Universitätsbildung
mitbringen. Sie können kaum damit rechnen, ein erfolgreicher Industriekapitän zu
werden, wenn Sie nicht gelernt haben, mehr aus Ihrem jetzigen Arbeitsplatz zu
machen und mit Ihren gegenwärtigen Finanzen klug zu wirtschaften. Bevor Sie
Bürgermeister Ihrer Stadt werden wollen, nehmen Sie sich vor, ein
publikumswirksamer und politisch beschlagener Redner zu werden. Vor dem Fernziel,
einen Ehemann zu gewinnen, sollte das Nahziel stehen, eine gute Köchin zu sein.
Bevor Sie sich die Versorgung von Frau und Kindern zumuten, müssen Sie sicher