... und dann für immer!. Rubinius Rabenrot. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rubinius Rabenrot
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738050547
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und beiden ausgeliefert zu sein.

      Aber wenn sich die Türen öffneten und sie wirklich vor ihm stand, was sollte er zu ihr sagen?

      „Hallo, ich bin Ralf Rössler und mit der „Henning Manufaktur“ sozusagen verheiratet. Ich hab zwar niemals Zeit, aber vielleicht findet sich noch ein kleines Zeitfenster, um miteinander auszugehen!“

      Blöder konnte eine Anmache nicht klingen. In etwas weniger als vier Wochen wäre es aber soweit. Dann könnte er sich mit ihr treffen. Wie hatte seine Mutter immer gesagt: ‚Zuerst muss man eine Sache erledigen, bevor man eine neue beginnt.’ Wieder sah er die smaragdgrünen Augen vor sich. So strahlend, so erotisch. Die Lippen so sinnlich. Die ganze Gestalt. Die Form ihres Körpers unter dem engen Kleid. Formvollendet, ein Kunstwerk - nur noch schöner, weil lebendig. Und dieses Lächeln an ihr.

      Ralf vernahm, wie der Aufzug nach oben kam. Im dritten Stock blieb er stehen. Blechern öffneten sich die Türen des Fahrstuhls. Sein Herzschlag setzte für einen Augenblick aus, sein Atem stockte. Nach einer kurzen Zeit schlossen sich die Schiebetüren gemächlich und der Fahrstuhl fuhr weiter zu ihm hoch. Mit einem Seufzer, als wäre es der Ausdruck aller Mühsal, blieb der Aufzug stehen. Ralf stand wie gelähmt vor dem Aufzug und hielt den Atem an. Die Türen öffneten sich und erst als er sah, dass die Kabine des Aufzugs leer war, nahm sein Herz seine Tätigkeit wieder auf und schlug weiter. Tief atmete Ralf ein und bei diesem Atemholen kroch ihm das Molekül eines Zitronenhains in die Nase, blumige Wiesen, zärtlich wurde der Duft von einer Prise von Muskat umwoben. Während er einstieg, schnupperte er nach dem Parfüm und der Duft beschwor das Bild von der Frau im olivgrünen Kleid herauf. Sie musste vor kurzem hier im Aufzug gestanden haben. Er dachte kurz nach. Überlegte den Knopf mit der Drei zu drücken. Es war seine Chance zu erfahren, wer die Frau war, die ihn so beeindruckt hatte. Er musste nur auf den Knopf für die dritte Etage drücken, aussteigen und nach der Schönen mit den smaragdgrünen Augen Ausschau halten. Die Fingerkuppe des Zeigefingers berührte bereits die Taste mit der Drei.

      Aber plötzlich hielt Ralf inne. Was würden die Leute denken, denen er auf dem Flur begegnete? Was sollte er der Frau im grünen Kleid sagen, wenn sie plötzlich, ganz zufällig auf dem Flur vor ihm stand? Ein unnötiges Getratsche konnte er sich im Moment nicht leisten! Halb totlachen würden sich die Damen und Herren im dritten Stock über den liebestrunkenen Rössler. Schnell zog er seine Hand zurück. Er konnte es nicht. Er hatte nicht den Mut und er fühlte seinen Pulsschlag bis zum Hals. Der Zeigefinger zitterte, als er auf den Knopf für das Erdgeschoss drückte. Mit geschlossenen Augen fuhr er hinunter. Jede kleinste Ahnung ihres Duftes nahm er in sich auf und irgendwo, ganz hinten in seinem Kopf, tobte ein kleines Männchen und ärgerte sich über seine Mutlosigkeit.

      Es war der dezente Klingelton des Aufzugs, der ihn unsanft aus seinen Gedanken riss und ihn wieder ins Jetzt katapultierte.

      Aufrecht schritt er mit seinem Aktenkoffer unterm Arm durch die Eingangshalle und spürte, wie sich ein Empfinden in ihm ausbreitete. Aber so recht konnte dieses Empfinden noch nicht begreifen. Ralf Rössler ging am Pförtner vorbei, der gerade dabei war, einem Besucher den Weg zu irgendjemandem in der Firma aufzuzeigen. Obwohl Ralf Rössler viel in der Welt unterwegs war, wusste man im Unternehmen, dass er der Vertriebsmanager war. Aber so richtig kannte ihn niemand.

      So wäre es doch auch in einer Partnerschaft, überlegte er. Seine Arbeit war auch für eine Partnerschaft nicht besonders förderlich. Das Beste wäre - ach, es wäre ein Traum -, wenn er mit der Frau, die er liebte, gemeinsam seinen Beruf ausüben könnte. Aber welche Frau wollte schon wochenlang unterwegs sein und von einem Hotelzimmer zum nächsten ziehen und bis spät in die Nacht mit ihrem Mann arbeiten? Ein Traum, sonst nichts. Unvorstellbar.

      Rössler verließ die Firmenzentrale und fuhr mit der U-Bahn nach Schwabing, bummelte durch die Leopoldstraße auf der Suche nach einem Café. Er hatte noch gute drei Stunden Zeit, bis er sich auf den Weg zum Flughafen machen musste.

      Donnerstag, 13.06., um 13:15 Uhr. Von der Kantine zurück ins Büro

      Nach dem Essen war Jana mit dem Fahrstuhl auf dem Weg zurück in den dritten Stock gefahren. Als die Aufzugstür unten im Keller aufgegangen war, hatte sie inständig gehofft, der Mann von heute Morgen stünde wieder in der Kabine des Lifts.

      Aber im Aufzug stand nur ein dicklicher Mann, der sie anglotzte. Um den Mann mit den wundersamsten Augen wieder zu treffen, war wohl ein Zufall nötig. Was war nur los mit ihr? Kapriziös wie bei einem Teenager führte sich ihr Gefühlsleben auf.

      Wieder im Büro kam Jana dann die einfachste aller Ideen. Sie setzte sich an den Schreibtisch und ging ins Internet, auf die Homepage der Henning Manufaktur & Co KG. Dort schaute sie sich die Menüleiste an, auf der Suche nach den Mitarbeitern der Firma. Als sie den Menüpunkt gefunden hatte, klickte sie ihn an.

      Wie ein Donnerschlag traf es sie, als sie das Bild des Mannes sah, dem sie am Morgen im Aufzug fast in die Arme gelaufen war.

      Ihr Herz raste, sie rang nach Atem. Jana wurde es heiß und die Wangen verfärbten sich rot. Sie kam sich vor wie jemand, der sich versteckte, um die Privatsphäre eines Fremden auszuspähen. Aber sie konnte ihren Blick nicht vom Bild lassen. Sie musste hinschauen.

      Ralf Rössler hieß er und war 32 Jahre alt. Seit dem Studium war er in der Firma. Zu seinen Zuständigkeiten gehörte die Organisation des weltweiten Vertriebes. Der Name war ihr schon häufiger begegnet. Erst heute Morgen, als sie die Post für Mister Owen erledigte, wurde Ralf Rössler darin erwähnt. Ralf Rössler war der, der nach London reiste, um sich mit Gerald Owen zu treffen.

      Sie lehnte sich zurück und genoss den Anblick seines Gesichtes. Ein wunderschöner Mann und das Lächeln auf dem Bild faszinierte sie weiterhin, wie sie schon das Original am Morgen betört hatte. Jana schloss die Website. Dieser Mann, Ralf Rössler, erschien ihr unerreichbar.

      Bis weit nach sieben Uhr abends arbeitete Jana. Jetzt war es Zeit nach Hause zu gehen, um den sommerlichen Abend auf den Balkon noch ein wenig zu genießen.

      Als die Aufzugstüren aufgingen, stand Paul Henning, der Chef des Unternehmens, im Fahrstuhl. Mit einem herzlichen „Guten Abend, Herr Henning“, grüßte sie den Chef, der ihr nur einmal bisher begegnet war.

      „Guten Abend. So spät noch in der Firma?“ Er hob die Augenbrauen und sah sie mit gespielter Strenge an.

      „Ich hatte noch einiges telefonisch mit Chicago und New York zu erledigen. Das geht am späten Nachmittag am besten.“ Paul Henning nickte und sah auf seine Schuhspitzen. „Arbeiten Sie nicht zu lange“, sagte er ernst. „Das Leben ist zu kurz und die Jugend verfliegt allzu rasch, um in diesem alten Gemäuer zu verweilen.“

      Jana stimmte zu und versprach den Rat zu beherzigen. Gemeinsam fuhren sie schweigend ins Erdgeschoss.

      „Genießen sie den schönen Abend noch“, brummelte Henning verbindlich während die Aufzugtüren langsam aufgingen. Mit einer Handbewegung zeigte er ihr an, ganz Gentleman, der er war, dass er ihr den Vortritt ließ.

      „Danke sehr, Herr Henning. Auch Ihnen einen schönen Abend noch“, sagte sie.

      Sie stolzierte mit einem höflichen Gruß am Pförtner vorbei, stempelte die Karte und verließ das Gebäude.

      ‚Siehst du, ihn hättest du fragen können, wo man den Rössler antreffen kann’, dachte sie und dabei lächelte sie über ihren törichten Gedanken.

      Auf dem Nachhauseweg, in der U-Bahn, auf dem Bürgersteig, immerzu sann sie über das Schmunzeln von Ralf Rössler nach. Sein Lächeln und die samtweiche Stimme waren Amors Pfeile und sie war von ihnen mitten ins Herz getroffen worden.

      Donnerstag, 13.06., um 20:52 Uhr. London, Flughafen Heathrow – Hotel Thistle

      Ralf kam in London an und natürlich empfing ihn ein leicht windiges Schmuddelwetter. Aber das konnte ihm die Stimmung nicht annähernd verderben. Gut, dass er den Trenchcoat mitgenommen hatte.

      Während des gesamten Fluges hatte er versuchte,