Rosa Theresa reichte Ralf die Hand. Sie strahlte ein natürliches Selbstbewusstsein aus und war eine etwas dickliche und weibliche Schönheit. Ihre Körpersprache sprühte nur so vor Sexappeal. An diesem Samstag präsentierte sie ihren molligen Körper in einem schlabberigen, etwas kurzen T-Shirt, so dass immer wieder die Haut an ihrem Rücken aufblitzte und ihre prallen Brüste umhüllte. Die lila Jeans, in die sie sich selbstsicher hineingezwängt hatte, war - wie man so sagt: Hauteng. Ihre Haare trug sie halblang bis zur Schulter und knallig rot gefärbt. Sie war mit einem wunderschönen Gesicht bedacht worden. Die Augen und der Mund, perfekt geschminkt. Grandios, die ganze Frau. Sexy und verführerisch war Rosa Theresa. Ralf dachte daran, dass ihre Zuhörer niemals die Schönheit dieser Frau erblicken konnten.
„Schön, dich zusehen, Lisa la Bella.“ Rosa umarmte Lisa herzlich und drückte ihr jeweils einen Kuss auf die Wangen. „Und so ein Kerl braucht einen Radiospot, um seine Liebste zu finden?“, fragte Rosa und musterte ihn ein weiteres Mal mit einem Blick, dass Ralf es vorzog, wegzusehen.
Dieses Weib konnte Ralf am laufenden Band verunsichern und es ärgerte ihn, wie geschickt sie mit ihm umzugehen wusste. Er senkte den Blick und sah vor sich auf den Boden. Beide Frauen lächelten mütterlich sanft.
„Und unsereins ist frei und keiner der Märchenprinzen sucht nach uns.“ Rosa zwinkerte ihm seufzend zu. „Wie woll´n wir vorgehen?“, fragte sie und sah dabei Ralf direkt in die Augen.
„Wirklich keine Ahnung.“ Ralf fühlte sich verwirrt, verunsichert, als ob er bei etwas Unanständigem ertappt worden wäre.
„Das denk´ ich mir. Warst du schon mal in einem Radiosender?“
„Noch nie.“
„Na, dann komm mal mit. Ich zeig dir den kleinen, aber feinen Sender „Schickeria“, das Beste an Radiosendern in München und ganz Bayern.“ Rosa Theresa ging auf ihn zu und hakte sich liebevoll bei ihm unter.
Stolz führte Rosa Lisa und Ralf durch die Räumlichkeiten. Vor einer Tür, an der eine rote Lampe blinkte, blieb sie stehen. Sie legte den Zeigefinger an die Lippen und drehte sich zu ihnen um.
„Schhh!“, machte sie. „Da dürfen wir nicht rein. Lorenzo, unser smarter Italiener, ist auf Sendung. Ein brillanter Moderator! War früher Mönch in einem Kloster. Hast` ihn schon mal gehört?“ Die Frage galt Ralf.
Ralf verneinte, indem er den Kopf schüttelte. „Ich hör´ kein Radio.“
„Im Auto auch nicht?“ Rosa sah ihn erstaunt an.
„Ich hab` kein Auto.“
„Nein, was du nicht sagst!“ Und im Erstaunen lag ein wenig Bewunderung.
„Ralf ist Manager und die meiste Zeit in der Weltgeschichte unterwegs. Tokio, New York und gestern noch London“, erklärte Lisa der Freundin mit einer gehörigen Portion Stolz in ihrer Stimme.
„Wow! Ein Kapitalist ohne Auto.“
Rosa Theresa sah ihn an. „Und wo suchst du das Mädchen?“
„In München.“
„Was willst´ mit einem Madl in München, wenn du immer nur unterwegs bist?“
„Rosi la Rosa komm, lass guet sein“, grätschte Lisa dazwischen, da sie merkte, dass es Ralf unangenehm war. „Wie können wir es angehen?“,
„Ganz einfach. Wir machen einen Spot und ich sende ihn alle halbe Stunde in den Äther. Hast du eine Idee, welchen Text du haben möchtest?“, fragte Rosa und sah ihn verständnisvoll an. „Ja, weiß er genau.“ Aus ihrer Handtasche nahm Lisa den Zeitungsausschnitt und reichte ihn Rosa. „Er hat ihn selber geschrieben.“ Erstaunt sah Ralf seine Freundin an.
Die Radioredakteurin nahm den Ausschnitt und las ihn.
„Sauber!“, sagte sie anerkennend. „Hast du selber geschrieben? Bist ein Poet, Ralf!“
„Sag ich doch“, pflichtete Lisa der Redakteurin bei.
„Meine Idee ist“, meinte Rosa, „du liest die Zeilen und ich unterlege deinen Text mit einer romantischen Musik. Kommt mit, das gibt eine Gaudi.“
„Rosi, nur eine Frage. Wie viel kostet die Gaudi?“, fragte Ralf lächelnd, „Und Lisa erzählte mir gestern, dass du den Spot höchstens zweimal senden kannst.“
„Ich habe es meinem Chef so verkauft, dass wir am heutigen Samstag erstmal mit einem Versuch starten. Einen Spot, alle halbe Stunde. Soll ein Probelauf sein. Ich kann den Spot bis heute Mitternacht senden. Und da es ein Versuch ist, kostet dich der Spot gar nichts.“
„Das ist ja fantastisch“, rief Lisa euphorisch. Ralf war erschrocken stehen geblieben. In seinem Kopf erschienen reihenweise Menschen, die er kannte und die den Spot eventuell hören konnten.
„Kommt mit ins Aufnahmestudio“, rief Rosa den beiden zu, während sie schon eilig unterwegs ins Studio war.
Eine Stunde später war der Radiospot fertig. Mit seiner sonoren Stimme hatte Ralf den Text gesprochen, den er selbst im Londoner Hotel geschrieben hatte.
„Umgeben von Schokoladenduft habe ich dich im Aufzug gesehen. Deine smaragdgrünen Augen gehen mir nicht mehr aus dem Sinn. Bitte melde dich“, hörte Ralf sich sagen. Fürchterlich empfand er den Klang seiner Stimme. Viel zu nasal, zu blechern. Im Hintergrund unterstrichen die romantischen Klänge von Geigen die Zeilen und gaben nötigen dem Spot den nötigen Schuss Romantik.
„Sauber“, sagte Ralf und ihm war anzumerken, dass er nicht zufrieden war.
„Perfekt“, entgegnete Rosa Theresa ihm. „Wie ein Sprecher!“
„Wunderschön.“ Lisa lauschte dem Spot mit geschlossenen Augen nach.
„Wenn mich jemals einer haben möchte, dann nur über einen Spot im Schickeria-Radio“, sagte Rosa und lächelte dabei.
Samstag, den 15.06., um 14:00 Uhr. Auf dem Rasen am Eisbach im Englischen Garten
„Keine Ahnung, Jana. In den vierten Stock kannst du nicht und willst du nicht. Personalbüro anrufen geht nicht, sagst du wegen Datenschutz. Warum willst du nicht einfach in den vierten Stock gehen?“
Jana lag mit Kathi im Gras am Eisbach. Beide schauten schweigend in den blauen Himmel. Jana beobachtet die Schwalben und immer wieder tauchte das Gesicht von Ralf Rössler im schönsten Blau des Himmels auf. Sein Lächeln und seine schönen Augen. Sein Blick. Leise plätscherte das Wasser im Eisbach an ihnen vorbei.
„Kathi weißt, was das blöde ist? Wenn ich den Ralf Rössler wieder im Aufzug treffe, was soll ich ihm dann sagen? Und wenn er dann weg ist, dann ärgert es mich, dass ich ihn nicht angesprochen hab´. Ach Kathi, es ist so schwierig.“
Beide schwiegen. Ein Mann, mit einer zu einem Hut gefalteten Zeitung auf dem Kopf, schob eine Karre mit einer Eisbox an ihnen vorbei.
„Gelati, Signorini e Signorine! Beste Eis von die Welt“, schrie der Eisverkäufer und scheuchte mit seinem Gefuchtel und Geschrei die Spatzen vom asphaltierten Weg auf.
„Willst a Eis?“
„Ach i wo, nach dem schönen Kuchen kann das Eis nur in die Mittelmäßigkeit versinken.“
Der Mann schob die Karre mit der Eisbox weiter.
„Ich möchte heut´ in den Tanzclub gehen. Hätt‘ Lust auf Tanzen und die Clique“, sagte Kathi und hockte sich im Gras auf. „Gehst mit?“
„Das ist eine super gute Idee. Beim Tanzen vergeht das Schmachten nach dem Kerl ein wenig.“
„Super! Ich wird` nochmals nach Hause müssen, um mich umzuziehen.“
„O.K. Wo wollen wir uns treffen?“, fragt Jana ihre Freundin.
„Am Stachusbrunnen, so