“Ich bin doch nicht deine Tippse”, würde sie vermutlich sagen und genervt die Augen gen Himmel verdrehen. Aber es ist nun mal, wie es ist, und ich finde ja, man muss zu seinen Lesern grundsätzlich ehrlich sein. Ich meine, wie sollen Sie denn Vertrauen zu mir aufbauen, wenn ich Ihnen gleich am Anfang eine faustdicke Lüge auftische? – Na, eben. Also: Ich diktiere, sie schreibt. Und wenn sie sich auf den Kopf stellt.
Womit wir auch schon bei einem für mich zentralen Thema wären: Die Machtverhältnisse bei uns zu Hause sind noch immer nicht völlig geklärt. Obwohl ich jetzt schon seit zwei Jahren bei ihr wohne und sie täglich vom Gegenteil überzeuge, hält Frauchen an der abwegigen Theorie fest, dass sie unter uns beiden der Chef sei. Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel, damit Sie sich ein besseres Bild von der Lage machen können. Ich springe aufs Bett, mache es mir zwischen den Decken bequem und halte selig ein Schläfchen. Sie kommt rein, setzt eine strenge Miene auf, zeigt dann mit dem Zeigefinger auf den Boden und sagt: “Runter!” – Ich werfe ihr einen herablassenden Blick zu, der so viel heißt wie: „Pfff.“ Interessiert sie aber nicht. Sie bringt es fertig, fünf Minuten vorm Bett zu stehen und 20 Mal “Runter!” zu sagen, bis ich ihr den Gefallen tue – nur um zwei Minuten später wieder hochzuhüpfen. Ganz unter uns: Wo liegt da der Sinn? Wirklich, ich muss ihr noch beibringen, mich nicht ständig zu nerven.
Frauchen hat übrigens auch einen Mann, der bedeutend klüger ist als sie, weil er innerhalb weniger Tage nach meinem Einzug kapiert hat, dass ich von uns beiden den stärkeren Willen habe. Seither lässt er mich gewähren, was ihm immer wieder Ärger mit Frauchen einbringt. Ich rechne jeden Tag damit, dass sie ihn irgendwann zur Strafe auch vom Bett schmeißt.
Die einzige wirklich ernstzunehmende Autorität im Haus – außer mir, versteht sich – ist die Katze. Sie ist steinalt, ungefähr 200 oder so, und man sollte meinen, sie segne langsam mal das Zeitliche. Macht sie aber nicht. Stattdessen führt sie sich auf wie höchstens fünf und findet es ungeheuer spaßig, sich mindestens einmal pro Tag an mich heranzupirschen, auf mich zu springen und ihre Krallen in meinem Mops sei Dank dicken Fell zu versenken. Ich sage es Ihnen ehrlich, wie es ist: Katzen sind durch und durch bescheuert.
Aber dazu mehr nächste Woche.
Mit mopsigen Grüßen,
Ihr Eddie
2. „Weltkatzentag“ – sonst noch was?!
Tag auch.
Es gibt ja wirklich eine ganze Menge Sachen, auf die ich gut und gern verzichten kann: Regen zum Beispiel. Wasser überhaupt (es sei denn als Getränk). Oder wenn Frauchen mit diesem unsäglichen Ohrreiniger anrückt.
Doch was ich jetzt gehört habe, setzt allem die Krone auf. Gestern nämlich war – halten Sie sich fest – „Weltkatzentag“. Jetzt mal ganz ehrlich: Geht’s noch? Kann es irgendwas Sinnloseres und Überflüssigeres geben, als diesen garstigen Zeitgenossen auch noch einen eigenen Ehrentag zu verpassen?
Also, auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Katzen sind durch und durch bescheuert.
Ja, ja, ich höre schon, wie die Katzenfreunde unter Ihnen jetzt entsetzt ausrufen: „Aber nein! Katzen sind bezaubernde, sanftmütige und ganz wunderbare Wesen, die man einfach lieben muss!“ – Aber im Ernst: Ich bitte Sie. Halten Sie doch mal einen Augenblick inne und betrachten wir das Ganze von der logischen Seite.
Ich persönlich habe ja nun das zweifelhafte Vergnügen, mit einem dieser Exemplare unter einem Dach zu wohnen (an dieser Stelle: danke dafür, Frauchen). Und da mich diese ganze „Ich hab ja so ein samtig-weiches Fell und so wunderschöne Augen“-Nummer komplett unbeeindruckt lässt, bin ich imstande, die Pros und Contras objektiv gegeneinander abzuwägen.
Also. Auf der Pro-Seite hätten wir – genau: nichts. Nada. Niente. Absolut null.
Auf der Contra-Seite steigen wir mal mit einem Beispiel ein, wie es den Charakter dieser reizenden Geschöpfe nicht besser illustrieren könnte. Kennen Sie diese Facebook-Fotos? – Nebeneinander auf dem Boden sehen Sie zwei Körbchen, ein kleines (für die Katze) und ein großes (für die Deutsche Dogge, einen Irischen Wolfshund oder einen Hund ähnlichen Ausmaßes). Wo liegt auf diesen Fotos die Katze? – Genau: wohlig ausgestreckt im Hundekörbchen, in dem bequem noch ihre gesamte hundertköpfige Verwandtschaft Platz hätte. Und die Dogge? – Vertrieben, unglücklich, unnatürlich verrenkt und mit verzweifeltem Blick in dem winzigen Ding, das eigentlich für die Katze vorgesehen war.
Für Katzen ist so was absolut typisch. Unsere etwa kann bestimmten Dingen – wie etwa einem Sofakissen – monatelang nicht die allergeringste Aufmerksamkeit schenken. Sobald ich allerdings beschließe, es mir nun auf eben diesem bislang völlig unbeachteten Sofakissen gemütlich zu machen, können Sie sicher sein, dass Frau Kratzbürste binnen fünf Sekunden auf der Matte steht.
Als erste Strafmaßnahme wirft sie mir in solchen Situationen einen Blick zu, der klar signalisiert, dass sie an meiner geistigen Zurechnungsfähigkeit zweifelt – als läge ich nicht harmlos auf einem Sofakissen, sondern hätte gerade in einem gepunkteten Glitter-Anzug auf der Fensterbank Lambada getanzt. Wenn ich darauf nicht angemessen reagiere (sprich: mich verziehe), scheut sie auch vor körperlicher Gewalt nicht zurück.
Das alles wohlgemerkt nicht, weil sie das Sofakissen wirklich wollen würde. Nein, es genügt ihr vollauf klarzustellen, dass ich es nicht zu wollen habe. Sobald ich mich getrollt habe, ist sie zufrieden und zieht ihrer Wege.
Übrigens können Sie „Sofakissen“ an dieser Stelle auch getrost durch jedwede andere Schlafgelegenheit ersetzen – durch eine beliebige Ecke auf dem Wohnzimmerboden etwa oder auch durch mein eigenes Körbchen. „Schlafgelegenheit“ wiederum dürfen Sie, ganz nach Gutdünken, austauschen gegen Spielzeug, Wasser- und Fressnäpfe oder einfach gegen jede Form von Aufmerksamkeit.
Und falls Sie jetzt einwerfen wollen: „Gut, so verhalten sich Katzen vielleicht gegenüber Hunden, aber doch nicht gegenüber Menschen“. – Nein. Sie irren sich. Zu Menschen sind Katzen keinen Deut netter. Sie suchen sich grundsätzlich nur dann die Computertastatur als Liegeplatz aus, wenn Menschen auf selbiger schreiben wollen. Sie lassen sich nur streicheln, wenn ihnen danach ist. Und auf dem Kopfkissen im Bett beanspruchen sie – obwohl das physikalisch unmöglich ist – grundsätzlich den Platz eines ausgewachsenen Bernhardiners (ich wäre im Gegensatz dazu übrigens mit einer winzigen Ecke am Fußende zufrieden, aber nein, mich lässt man ja nicht ins Bett...).
Es wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben, warum Menschen (und Frauchen bildet da leider keine Ausnahme) auch noch mit verzückter Dankbarkeit reagieren, wenn so ein Katzen-Tier sich ausnahmsweise mal von sich aus dazu herablässt, sich berühren zu lassen.
Aber ich bleibe dran. Irgendwann löse ich auch dieses Rätsel – hoffentlich, bevor die Katzen ihren heimtückischen Plan zur Erlangung der Weltherrschaft in die Tat umsetzen.
Mehr nächste Woche.
Mit mopsigen Grüßen,
Ihr Eddie
3. Auf der Flucht
Tag auch.
Dieser