Da wir nun jeden Tag in die Stadt dürfen, können wir wie im Frieden leben. Hadersleben ist auch sehr hübsch, und ich glaube, es lässt sich hier aushalten, wenn nur nicht die Kaserne so primitiv wäre. Doch wir bleiben auch hier nicht lange. Was meinst Du, wenn wir nach Hamburg kommen? Das wäre prima; unsere Ausbildung ist sowieso bald zu Ende und dann kommen wir auf einen Truppenübungsplatz. Doch an die Front zu kommen, habe ich ehrlich gesagt noch keine Lust, ’ne Buddel Beer is mi lever.' Aber das würde sich dann auch nicht ändern lassen. Willi ist ja auch schon weg, das ging verdammt schnell mit ihm. Nur Edgar hat mal wieder Schwein gehabt. Du wirst sicher auch schon von ihm gehört haben. Für mich ist jedenfalls die Hauptsache, daß der Dienst von jetzt ab wieder etwas besser wird, dann macht es auch mehr Spaß. Wenn jetzt nochmals ein längerer Marsch kommen sollte, ich bin gerüstet, meine Füße sind hart wie Eisen geworden; man wird überhaupt hart beim Kommiss.
So, also wieder zu Deinem Brief. Ich glaub Du machst Dir zuviel Gedanken, wo Du allein bist. Du hast ja jetzt hoffentlich ein bisschen mehr Zeit und, wie Du schreibst, so schöne Garderobe bekommen, gehe doch öfter mit den Damen aus und mach’ Dir das Leben schön, wer weiß, was alles kommt. Daß Walter sich nicht um Dich kümmert, ist sehr schlecht von ihm. Der hat es viel, viel zu gut.
Sag mal, in Hamburg ist gewiß auch schon alles so schön grün wie hier, und auch hoffentlich so herrliches Wetter, da sieht das Leben gleich viel schöner aus, nicht wahr? Es freut mich für Euch, daß Ihr im Sommer Papi besuchen wollt. Vielleicht bin dann schon mal auf Urlaub gewesen, das wäre fein, was meinst Du? Dann werden wir beiden ganz allein mal eisch ausgehen, Geld genug habe ich ja, so daß ich Dich einladen kann. Hoffentlich wirst Du dann, wenn Du das feine Zeug hast, Deinem alten Landser die Einladung nicht abschlagen.
Was macht Hamburg sonst, wie sieht es aus? Ich bin froh, daß keine Angriffe mehr waren. Frag mal die Verwandten u. Bekannten, ob sie mich vergessen haben, es sieht beinah so aus.
Es grüßt Euch alle recht herzlich,
Werner
O.U., den 28.VI.42
Meine liebe Mutti, lieber Walti und Opa.
Für Deinen lieben Brief sei herzlich bedankt. Inzwischen habe ich auch schon wieder ein Päckchen mit Zigaretten erhalten. Also Ihr beklagt Euch, daß ich sehr selten schreibe. Ich glaube Ihr habt, wie ich Euch schon im letzten Brief klar zu machen versuchte, herzlich wenig Ahnung vom Kommiss.
Wenn ich auch schrieb, daß der Dienst etwas weniger streng geworden ist, so heißt das nicht, daß ich nun jeden Tag Zeit habe, um in die Stadt gehen und bummeln zu können. Der Dienst ist jeden Tag bis 7 Uhr, dann müssen wir unsere Sachen putzen, waschen, Stube reinigen und bekommen dann noch extra Beschäftigung von den Herren Gefreiten, so daß wir abends noch gerade 10 Min. Zeit haben um uns waschen zu können; sogar das Essen fällt auch gerade morgens, oft flach. Zum Briefeschreiben kommen wir da bestimmt nicht und man freut sich dann immer sehr auf den Sonntag, wo man die ganze Post erledigen kann. Und das kann ich Dir sagen, einen Sonntag machen wir uns so schön wie wir können, denn wir wissen ja nie, wie die Zukunft aussieht. Ein paar olle Landser wollen doch auch etwas vom Leben haben.
Eben kommt Ulrich zurück von der Kaserne mit Post von Dir. Ich danke Dir recht herzlich u. freue mich auch, daß Du für mein Schweigen Verständnis hast. Natürlich schäme ich mich, wenn ich die Briefe nicht gleich beantworten kann, ich freu’ mich aber über jede Post und danke Dir auch, daß Du immer so nett an mich denkst.
Nun zu Euch. Es würde mir sehr leid tun, wenn aus Eurer Reise nichts werden würde, setzt alle Hebel in Bewegung, und Ihr könnt bestimmt reisen. Walti soll sich möglichst vor allem drücken, er weiß nicht, wie lange er es noch so schön haben kann. Wenn er erst beim Kommiss ist, würde er bereuen, wenn er sein bisschen Leben nicht ausgekostet hat. Das habe ich hier erst eingesehen. Und Du sollst Dir erst recht das Leben so schön machen, wie es geht, mach' Dir einen schönen Sommer und nimm, wenn Walti zur Erntehilfe muß auch den Vorschlag von Tante Else an, damit Du Abwechslung hast.
Und nun wieder zu mir. Unsere Versetzung hat sich inzwischen wieder verzögert. Vorläufig bleiben wir hier und da wir inzwischen schon wieder Alarm hatten, der mit einem 25 km Marsch endete ( ich habe mich vorher noch schnell zur Küche abkommandieren lassen) findet die Besichtigung erst später statt. Dann werden wir wohl erst an Versetzung denken können und auf einen Truppenübungsplatz kommen. Wenn wir dann noch Zeit haben, dürfen wir vielleicht auf Urlaub fahren. Aber bis dahin werde ich Dir alles noch mitteilen. Letzten Sonntag waren wir drei an der Ostsee mit einem Bus am Strand. Es war sehr schön und wir haben einen schönen Nachmittag verlebt, er erinnerte mich lebhaft an Grömitz. Wir hatten nur keinen Urlaubsschein und durften uns daher nicht so sehen lassen. (Man darf alles, man darf sich nur nicht schnappen lassen.)
Dann folgte wieder eine Woche Dienst von morgens 5 bis abends 7 und heute ist wieder mal Sonntag: Ulrichs Geburtstag!! Natürlich werden wir diesen Tag feiern; wir haben bis 11 Uhr Urlaub eingereicht. Leider haben nun die beiden kein Geld mehr, und es ist selbstverständlich, daß ich Ihnen etwas leihe. Ich habe ja die 13,- M von Dir mit bestem Dank erhalten. Wir sind also erstmal fein Kaffeetrinken gegangen, haben auch umsonst gerudert und gehen heute Abend zum Luftwaffenkonzert mit Geselligkeit. Wir wollen uns das Leben auch noch so schön machen, wie es geht, denn in Rußland bekommen wir keine Sahnetörtchen.
Nun genug. Für den Brief von Tante Else danke ich Dir. Von Papi u. Edgar habe ich kürzlich auch Post erhalten. Edgar gefällt es prima dort. Was machen die anderen?
Es grüßt Euch alle herzlich,
Euer Werner
O.U. den 5.VII.42
Meine liebe Mutti, Walter u.Opa.
Also Ihr Ärmsten wartet auf Post von Eurem alten Soldaten. Das tut mir natürlich ganz furchtbar schrecklich leid, aber Ihr kennt ja jetzt den Sachverhalt und seid mir auch nicht bös’. So wie ich Zeit habe, denke ich an Euch und auf Post vom Sonntag könnt Ihr bestimmt rechnen.
Nun danke ich Dir recht herzlich für Deinen Brief vom 28.6. Ich drück' für Euch die Daumen, daß Eure Reise etwas wird, hoffentlich habt Ihr dann besseres Wetter, wie bisher. Wir haben hier seit 3 Tagen eine erdrückende Hitze, was natürlich für die Landwirtschaft im Osten von großer Wichtigkeit ist. Da geht es ja schon mit Schwung weiter, die Aussichten sind jedenfalls bestimmt nicht ungünstig für uns, und Du sollst mal sehen, der Krieg geht dieses Jahr zu Ende, wir werden den Laden schon schmeißen!!
Von mir wäre zu berichten, daß ich immer noch in Dänemark bin, jedoch gar nicht weiß, wie lange noch. Der Dienst geht seinen üblichen Gang, immer sehr lange, aber nicht mehr so schwer, wie zuvor. Heute ist Sonntag und wir haben uns einen schönen Tag gemacht. Wir haben schon so einige Portionen Erdbeeren mit Schlagsahne verdrückt. Da können wir natürlich nicht sehr auf das Geld sehen. In Rußland gibt es so etwas nicht, und wer weiß, wann ich mal wieder solche Gelegenheiten habe. (Hast Du übrigens das Geld für Juli abgeschickt?) Auch Päckchen würde ich weiter dankend annehmen; die Post wird mir überall hin nachgeschickt. So und nun für Walter ein ernstes Wort. Kannst Du mir nicht mal schreiben, was die Schule, der Klipper und meine Freunde machen? Grüße noch meine Lehrer von mir, und schreib mir bitte sofort die Adresse von Wolf; frag seinen Bruder. Schreib über den Krenzerbau. Auch von Opa möchte ich ganz gern mal wieder etwas hören.
Seid alle 3 recht herzlich gegrüßt von Eurem alten
Werner
Graudenz, den 12.VII.42
Mein lieber Papi!
Also wie Du sicher schon erfahren hast von Mutti, ist es nun doch schon so weit, und wir kommen zum Einsatz. Das ist verdammt schnell gegangen. Nach ein paar wunderschönen Wochen in Dänemark, wo wir uns den Magen noch