Kaviar zum Frühstück 2.0. Eugenie Götting. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eugenie Götting
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847679493
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gar nicht erwähnt, dass ich mit meiner älteren Schwester den Schritt ins Auslandsstudium gewagt habe. Auch wenn wir beide in Moskau geboren sind, ist es doch ein mulmiges Gefühl für so lange Zeit Deutschland zu verlassen, Freunde und Familie hinter sich zu lassen. Das liegt daran, wenn man fast sein ganzes Leben lang in Europa wohnt. Doch es war meine eigene Entscheidung gewesen und damit eine gute Entscheidung. Tatsächlich ist es das Beste was mir durchaus eh passiert ist. ich kann es jedem nur ans Herz legen, ein Auslandssemester zu absolvieren. Ich wollte unbedingt über den sogenannten Tellerrand hinausschauen und meinen Horizont erweitern. Und wenn man das so sieht, ich es mir sehr gut gelungen. Meine Welt war schon davor rießengroß, doch jetzt bin ich mir meiner Prioritäten noch mehr bewusst.

      Ich weiß zwar nicht genau, wie es andere Studentenwohnheime sowohl in Russland, als auch in anderen Ländern mit der Sicherheit handhaben, doch hier wird sehr viel Wert darauf gelegt. Bevor man seine Zimmer erreicht muss man an insgesamt drei Wachposten vorbei und zwei Mal seinen Studentenausweis vorzeigen. Nach 23 Uhr kommt man sogar nur mit Wohnschein in das Gebäude hinein. Ich fühlte mich zwar auch ziemlich wohl hier, doch womöglich ist es sogar einer der Gründe hierfür. Wahrscheinlich ist es auch notwendig auf Grund der sehr hohen Anzahl der Studierenden und dem historischen Gebäude. Außerdem steht die Universität auch politisch im Vordergrund und Besuch von Putin oder Medvedev oder gar Hilary Clinton, wie im Jahr 2009 sind keine Seltenheit. Als der Besuch der Clinton Anstand war dies in aller Munde. Man hörte in der Kantine, auf der Treppe, im Geschäft: „Hast du auch schon gehört..?“ „Gehst du auch hin?“ „Clinton in MGU!“

      Ich habe es von meiner Schwester erfahren und wir haben uns dieses Ereigniss auch nicht entgehen lassen. Überhaupt lebt es sich zu zweit viel besser als alleine. Gleich in der ersten Semesterwoche lernte ich ein Mädchen bei meiner bzw. unserer Betreuerin kennen. Sie war nämlich auch aus Deutschland für ein Semester nach Moskau angereist. Sie hatte das Zimmer für sich allein und merkte doch, dass es etwas einsam ist. Auch wenn wir kaum zu Hause waren, merkt man besonders abends die Stille und Einsamkeit zu Hause. Selbstverständlich wird manch einer über einiger Mitbewohner sagen: „Lieber gar keine, als so einen.“(Was ich übrigens sehr gut nachvollziehen kann.) Doch ich kann über meine Schwester gar nicht klagen. Im Gegenteil. Sie übernahm freiwillig fast alle Hausarbeiten und das freute mich gewaltig. Mein Stundenplan war so ausgelegt, dass ich zum Nachmittag Vorlesungen hatte und erst spät abends Heim kam. Es war ein gutes Gefühl nicht in die leere Wohnung zurückkehren zu müssen. Vor allem als sich der Herbst dem Ende zu neigte und es sehr früh dunkel wurde. Dann war es besonders gemütlich jemanden in dem Appartement vorzufinden. Meist war das Essen auch schon fertig. Und war aßen und lachten viel miteinander. An einem Abend beschlossen wir zusammen Spanisch zu lernen. Da Irene bereits Unterrichtsstunden an der Universität bekommt, hatte sie das berühmte Lied von „Cocodrillo“ gelernt und wir sangen das zusammen.

      In Deutschland mieten wir mit meiner jüngeren Schwester, Sonja, eine Wohnung in unserer Studentenstadt Jena. Noch kurz vor der Abreise hatten wir unsere Wohnung zur besten WG der Welt auserkoren. Weil wir uns einfach super verstehen, nachsichtig sind, zusammen feiern und eben mehr als nur Freundinnen sind. Ich würde sogar sagen: „es gibt keine bessere Freundin als eine Schwester und keine bessere Schwester als dich.“

      Wenn ich mir das so Recht überlege wäre es nur fair, einen geteilten ersten Platz für unsere beiden "Luxusappartements" zu geben.

      Der Unterrichtsstil - Bin ich etwa wieder in der Schule?

      Zu meinem ersten Seminar kam ich ein paar Minuten zu spät. Ich hatte mit meiner Betreuerin, also dem Mentor vor Ort in Moskau, einen Termin wahrgenommen und den letzten Schliff an dem Stundenplan vorgenommen. Sie begleitete mich auch zur Tür und wies mich an, mich zu entschuldigen und vorzustellen. „Oh, mein Gott!“, dachte ich mir nur. Ich fühlte mich, wie ein kleines Mädchen, welches nicht in die Schule gehen will und auf Anweisungen von ihren Eltern hören muss. Ich versuchte dieses Gefühl so schnell wie möglich zu untergraben. Also kam ich rein uns stellte mich vor und sagte auch aus welcher Uni ich sei. Auf Russisch klang das so: „Ja s Jeny, iz Germanii.“

      Der Professor schaute mich mit einem fragenden Blick an: „Liegt Wien etwa nicht in Österreich?“ (Er hatte wohl „is Veny“ verstanden, was übersetzt Wien bedeutet.)

      Ich schaute ihn an und wusste erst nicht was er denn meint. Die ganze Klasse schaute mich an. Unglücklicherweise hatte ich mich auch noch der ersten Reihe platziert. Endlich wiederholte jemand „Aus Jena!“

      -Na dann, ok. Machen wir mit unserem Seminar weiter.

      Uff, dachte ich mir.

      Am Ende der Stunde standen drei Mädels vor mir und fragten: „ Bist du sicher, dass du in unsere Gruppe reingehörst?“

      Tja, nicht besonders freundlich.

      -Ja, klar, sagte ich darauf. Ich werde dieses Semester die Vorlesung Management und das Seminar dazu zu dieser Zeit besuchen.

      -Dann brauchst du bestimmte Infos, sagte das rothaarige Mädchen schon viel freundlicher.

      -Wir bekommen alle Vorlesungen auf unsere gemeinsame E-Mail-Adresse. Hier, ich schreibe dir die Adresse und das Passwort dazu auf.

      -Vielen Dank.

      So schnell kann sich alles zum guten wenden und so machte ich die erste Bekanntschaft mit meinen Kommilitonen. Später wurde mir dann erst klar, woher diese direkte und unglaubliche Frage kam.

      Dafür musste ich erst einige Details über das Lehrsystem erfahren. Es ist nämlich so, alle Studienanfänger eines Jahrgangs werden in Gruppen eingeteilt. Diese Gruppen haben dann auch einen strikten Stundenplan gemeinsam, D. h. sie haben keinen flexiblen Stundenplan und können sich nicht zwischen unterschiedlichen Seminaren zu verschiedenen Zeiten entscheiden. Deswegen hätte ich in jede andere Gruppe hineinkommen können. Doch ich habe es nicht bereut mich für diese entschieden zu haben.

      Erinnerungskomplex Pokolnnaja Gora

      An der Metro Station Park Pobedy steigen wir aus und erblicken das Licht der Welt. Wir, drei Mädels aus Deutschland, haben einen relativ kurzen Weg für Moskauer Verhältnisse hingelegt. Und sind nun am Gedächtnispark angelangt. (Dieser befindet sich zwischen dem Kutuzov-Prospekt und der Minskaja Straße.) Obwohl sogar ganze zwei Mal das Umsteigen anstand. Und zwar an der „Park der Kultur“, von dort aus nur eine Haltestelle im Kreisverkehr bis Kievskaja. Dann ist es gar nicht mehr weit. An der dunkel-blauen Linie entlang gefahren, mussten wir an der nächsten Haltestelle schon aussteigen.

      Es ist Mitte September. Die Herbstluft hat noch eine Brise Sommerluft von der Mutter Natur beigemischt bekommen.

      Ich fühle mich immer noch so als wäre ich auf unbestimmte Zeit im Urlaub und habe all die Zeit der Welt.

      Die Sonne scheint, das Studium macht Spaß! Was kann es noch besseres geben? Doch es geht noch besser. Ich freue mich über die banalsten Dinge auf dieser Welt. Wie zum Beispiel der schöne Springbrunnen. Diese werden so schön beleuchtet, dass es fast schon viel zu schön ist. Der Wind weht einige Wassertropfen in unsere Richtung. Ich bekomme unwillkürlich eine angenehme Erfrischung. Die Wassertropfen sind eine willkommene Abwechslung auf meiner Haut.

      Die Brunnen breiten sich über den gesamten Park aus, bis hin zu dem Museum. Hinter dem Museum geht es noch weiter. Dort befindet sich eine Art Hochzeitsallee. An dem Platz wird oft und gerne geheiratet. Anscheinend hat dieser Ort etwas Magisches für die Moskvichi.

      Überhaupt habe ich in dieser kurzen Zeit so viele Hochzeiten wie noch nie gesehen. Sogar bis kurz in den tiefen Winter hinein geben sich die Verliebten das Ja- Wort und die Gefühle lassen in der Kälte kein bisschen nach.

      Der Asphalt von der Hochzeitsallee ist mit verbundenen goldenen Ringen gekennzeichnet. Ein Ring ist soweit ich weiß fast überall auf der Welt ein Symbol für Ewigkeit und Unendlichkeit. Das Gold steht für sich selbst. Die Russen lieben das Gold. Nicht nur auf den Kuppeln und in Museen. Mann und Frau schmückt sich durchaus gerne damit. Man zeigt halt, was man hat. Bei Hochzeitsringen ist es aber auch selbstverständlich. Auch