Doppeltes Spiel. Marianne Christmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marianne Christmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742721952
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habe ich dich wieder. Du hast mir gefehlt.“

      „Du hast mir auch gefehlt. Ich bin froh, wieder hier zu sein.“

      In Julias Wohnung feierten sie Verenas Abschluss.

      „Ich freue mich so für dich“, sagte Julia.

      „Du weißt nicht, wie sehr ich mich freue, endlich fertig zu sein. Und endlich wieder bei dir sein zu können.“

      Sie sah wunderschön aus, wie sie so dasaß. Ihr Haar fiel ihr offen auf den Rücken und ihre Augen strahlten.

      „Was ist? Warum starrst du mich so an?“

      „Du bist wunderschön“.

      Mehr konnte Julia nicht sagen, denn Verena zog sie an sich und küsste sie. Julia erwiderte den Kuss und spürte das Prickeln, das immer in ihr aufstieg, wenn sie mit Verena zusammen war.

      Sie spürte Verenas Hände, die sie streichelten und über ihren Körper glitten. Jetzt gab es kein Halten mehr. Wie zwei Ertrinkende klammerten sie sich aneinander und hielten sich fest.

      Sie konnten nicht genug voneinander bekommen.

      Kapitel 10

      Nach ihrer Wiedersehensnacht hatte Verena beschlossen, sich in Ulm zu bewerben und einen Job als Journalistin zu finden. Sie wollten sich eine größere Wohnung suchen und zusammenziehen. Bis Julia ihre Facharztausbildung in Rechtsmedizin hinter sich hatte, wollten sie zusammen in Ulm bleiben. Danach würden sie weitersehen.

      Sie besprachen, wie sie ihre Beziehung handhaben wollten und kamen überein, diese nur dann offenzulegen, wenn sie direkt danach gefragt wurden.

      „Für mich ist das kein Problem, dass wir zusammenbleiben und unsere Zukunft gemeinsam verbringen wollen. Für manche Leute aber schon.“

      Verena war nachdenklich geworden. Sie rührte intensiv in ihrer Kaffeetasse.

      „Ich denke auch, wir halten uns erstmal bedeckt. Ich muss erst einmal einen Job finden, schließlich bin ich noch Anfängerin. Hauptsache, du liebst mich und stehst zu mir, so wie ich zu dir stehe.“

      „Ja, du hast Recht. Zumindest bis wir beide sicher im Beruf Fuß gefasst haben, sollten wir es so handhaben. Ich stehe zu dir und wenn es erforderlich ist, dann lege ich unsere Beziehung auch offen. Aber erst einmal machen wir davon nicht zu viel Aufhebens. Ich habe zu hart gearbeitet, um nun alles aufs Spiel zu setzen.“

      „Kein Problem. Momentan ist es mir auch lieber so.“

      „Du hast den Kaffee jetzt genug gerührt“, meinte Julia dann mit einem schelmischen Lächeln.

      „Wann sagen wir es den Eltern?“, wollte Verena noch wissen. „Hast du Angst davor, es deinen Eltern zu sagen?“

      „Angst ist nicht das richtige Wort. Meine Eltern sind eigentlich recht offen, aber trotzdem kann ich nicht wirklich einschätzen, wie sie darauf reagieren werden.“

      „Sie werden es locker aufnehmen.“

      „Wieso bist du dir da so sicher?“

      „Nun, ich kenne deine Eltern schon von klein auf und ich weiß, dass sie zu dir stehen werden. Sie lieben dich und wollen, dass du glücklich bist. Egal mit wem. Du bist doch glücklich?“

      „Hm, da muss ich mal nachdenken“, sagte Julia und machte ein unschuldiges Gesicht.

      „Biest“, sagte Verena.

      „Wieso? Ich bin sehr glücklich mit dir, ich weiß gar nicht, warum du dich aufregst.“

      „Da hast du aber gerade noch rechtzeitig die Kurve gekriegt“, meinte Verena und lachte.

      „Nein, im Ernst, ich liebe dich sehr und bin sehr, sehr glücklich mit dir, Verena.“

      „Das wollte ich hören. Ich bin nämlich auch sehr glücklich mit dir.“

      „Zurück zum Thema: wie halten wir es mit unseren Eltern?“

      „Wie wäre es, wenn wir am Wochenende nach Hause fahren. Du redest mit deinen Eltern, ich mit meinen. Es wird bestimmt nicht so schlimm, wie du es dir vorstellst.“

      „Du hast es da einfacher.“

      „Wieso?“

      „Dein Bruder hat sich doch vor kurzem geoutet, dass er schwul ist und deinen Eltern seinen Freund vorgestellt. Die sind also schon Kummer gewohnt. Was haben sie denn genau gesagt?“

      „Zuerst waren sie natürlich baff. Sie wollten doch unbedingt Enkelkinder haben. Meine Mutter hat sich zuerst wieder gefasst und gemeint, die Hauptsache wäre, dass Harald glücklich ist. Bei meinem Vater hat es etwas länger gedauert.“

      „Und inzwischen? Hat er es akzeptiert?“

      „Ja, hat er. Harald ist ein Stein vom Herzen gefallen. Aber ich denke, wenn ich nun noch ankomme und sage, dass ich lesbisch bin, dann ist das schon etwas Anderes.“

      „Warum denn?“

      „Dann sind schon zwei ihrer drei Kinder homosexuell. Ich fürchte, dann muss Volker für die ersehnten Enkelkinder sorgen.“

      Verena zwinkerte Julia zu.

      „Ich habe keinen blassen Schimmer, wie meine Eltern das aufnehmen werden. Oder Max und Caro. Muss das wirklich sein?“

      „Ja, muss es. Du wirst sehen, es wird halb so schlimm. Deine Geschwister sind in Ordnung.“

      „Na schön. Irgendwann müssen sie es ja erfahren.“

      Am darauffolgenden Wochenende fuhren Julia und Verena nach Hause, um mit ihren Eltern zu reden.

      Kapitel 11

      Julia stand im Wohnzimmer ihres Elternhauses und sah zu, wie ihre Mutter den Kaffeetisch deckte.

      „Was wolltest du denn mit uns besprechen?“, fragte ihr Vater und sah von seiner Zeitung auf.

      Julia wusste nicht, wie sie beginnen sollte und druckste ein wenig herum aber schließlich platzte sie heraus: „Verena und ich lieben uns und wollen zusammenbleiben. Wir sind ein Paar.“

      Sie war froh, dass es endlich heraus war und schaute ihre Eltern an. Was kam nun auf sie zu? Schließlich war sie volljährig und es war ihr Leben. Einen Moment war es ganz still im Raum, nur das Ticken der Wanduhr zu hören. Dann sagte ihre Mutter:

      „Kind, das habe ich schon lange gewusst oder geahnt, nur eine Bestätigung hatte ich bisher noch nicht.“

      Julia war verblüfft.

      „Du wusstest es … wieso? Das kann doch gar nicht sein. Ich weiß es doch selbst noch nicht so lange.“

      Frau Sommer lachte.

      „Julia, so wie du und Verena euch immer angesehen habt, wie ihr miteinander umgegangen seid, da war doch alles klar. Wir alle haben es mehr oder weniger geahnt oder gewusst.“

      „Ihr alle?“

      „Nun ja, mir war es nicht gleich so klar, aber dann habe ich mit deiner Mutter darüber gesprochen und dann war es offensichtlich“, schaltete sich nun ihr Vater ein.

      „Und?“, fragte Julia, „wie ist eure Einstellung dazu?“

      „Es ist zwar nicht gerade an der Tagesordnung, aber Hauptsache ist, dass du, dass ihr, glücklich seid. Ich zumindest habe nichts dagegen und kann auch damit umgehen“, sagte ihre Mutter.

      „Und du, Papa?“, fragte Julia und sah ihren Vater beklommen an.

      Der hüstelte und ließ sich Zeit mit dem antworten. Dann sagte er: „Ich bin derselben Meinung wie deine Mutter. Hauptsache, ihr seid glücklich.“

      Er brachte ein schiefes Grinsen zustande.