Vergeben und Vergessen. Jenny Kutzner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jenny Kutzner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738049152
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mir leid, hab ich etwas falsches gesagt?«

      »Nein! Es ist nur... « Ich überlegte was ich sagen sollte.

      »Kompliziert?« Versuchte John meinen Satz zu Ende zu führen, während er seine Hand hob und mir eine Haarsträhne aus der Stirn wischte.

      »Da hast du Glück. Mit komplizierten Dingen kenne ich mich aus. Außerdem hab ich dir schon so ziemlich alles von mir erzählt, aber von dir weiß ich nur, dass du hier arbeitest und das du verheiratet bist.«

      »Reicht das denn nicht?«

      Seine Hand streichelte noch immer mein Gesicht.

      »Was willst du denn wissen?«

      Er tastete sich weiter in Richtung meines Nackens, während seine linke Hand anfing die andere Hälfte meines Gesichtes zu streicheln. Sein Kopf war schon so dicht an meinen herangerückt, dass sich unsere Nasenspitzen fast berührten. Er sah mir tief in die Augen und anstatt zu antworten, küsste er mich. Den Rest der Nacht, redeten wir nicht mehr viel.

      7.

      Fast schon ein bisschen beschämt verließen John und ich am nächsten Morgen die Bar. Der Regen der letzten Tage hatte endlich nachgelassen, so dass die Sonne ihre wärmenden Strahlen, an den kleinen Quellwolken vorbei, auf die Erde werfen konnte. Alles schien einen wunderschönen Tag zu verheißen, während wir uns gegenüberstanden und nach den richtigen Worten zum Abschied suchten.

      »So etwas mach ich normalerweise nicht.«, fand John sie zuerst.

      »Also ich normalerweise auch nicht.«, erwiderte ich etwas schnippisch.

      »Nein...So hatte ich das nicht...«

      »Lass gut sein. Ich sollte jetzt wirklich gehen.«

      Eigentlich hätte ich es besser schon letzte Nacht tun sollen. Aber es war nun mal geschehen. Ich zog mir den Kragen meines Mantels tief ins Gesicht und ging an John vorbei.

      »Warte« Er packte mich am Ellenbogen.

      Ich tat ihm den Gefallen. Er ließ meinen Arm los und holte etwas aus seinem Geldbeutel.

      »Wir fliegen heute Abend wieder zurück. Aber ich würde mich freuen, wenn du…«

      Er hielt mir eine Visitenkarte entgegen. Ich wollte sie zuerst gar nicht nehmen, steckte sie dann aber doch ungesehen in meine Manteltasche. Nachdem ich die letzte Nacht ohne die geringsten Schuldgefühle mit ihm verbracht hatte, kamen sie, jetzt nüchtern, umso heftiger zum Vorschein. Der Mann, dem ich mein Jawort gegeben hatte, wartete in unserem neuen Haus auf mich. Der Mann, der eigentlich einen romantischen Abend mit mir verbringen wollte. Ich beschloss die letzte Nacht zu vergessen und nach Hause zu gehen.

      Vor unserer Haustür zögerte ich. Es war bereits acht Uhr. Ich war die ganze Nacht über weggewesen und hatte keine Ahnung, wie ich es Peter erklären sollte. Regungslos stand ich mit dem Schlüssel im Schloss steckend da und hoffte darauf, dass Peter mir den Entschluss abnahm – dass er die Tür aufriss und mich zur Rede stellte. Die Kälte war es, die mich letzten Endes hineintrieb und so trat ich zähneklappernd ein und schloss die Tür hinter mir und lauschte. Ich hörte lediglich das nervige Klopfen der Heizkörper, um das sich Peter schon seit Wochen kümmern wollte und fing an mir leise die Schuhe auszuziehen. Ich wollte unter gar keinen Umständen Peter wecken bevor ich geduscht hatte. Also schlich ich mich langsam weiter, jeder Schritt dabei perfekt ausbalanciert, bis ich an unserem Schlafzimmer vorbeikam. Ich stoppte und wartete auf ein Lebenszeichen. Denn auch wenn ich es mir wünschte, so konnte ich nicht daran glauben, dass meine nächtliche Abwesenheit unbemerkt geblieben war. Doch ich hörte noch immer nichts und als ich das Badezimmer erreicht hatte, ließ meine Anspannung langsam nach. Ich drehte den Wasserhahn am Waschbecken auf und ließ ein paar Liter Wasser den Ausguss hinunter laufen bis es wunderbar kalt war und schüttete mir zwei Hände voll ins Gesicht. Ohne es abzutrocknen stellte ich mich wieder aufrecht vor das Waschbecken und blickte in den Spiegel. Das Wasser tropfte von meinem Kinn und fing an meinen Pullover zu durchnässen. Obwohl ich es nicht wollte, gingen meine Gedanken immer wieder zurück zu letzter Nacht. Zu John, aber auch zu diesen Bildern in meinem Kopf, zu diesen verschwommenen Erinnerungen, die vielleicht gar keine waren. Ich zog mich aus, band mir ein Handtuch um und schlich mich abermals auf Zehenspitzen an unserem Schlafzimmer vorbei in die Küche, um die Autogrammkarte, die John mir gegeben hatte, aus meiner Jeans zu holen und begann sie zu betrachten. Ich hoffte auf eine Eingebung, doch es geschah nichts. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht merkte, wie ich die Kaffeemaschine einschaltete und mir eine Tasse aus dem Schrank nahm. Ich bekam auch nicht mit, wie sich Peter direkt hinter mir in den Türrahmen stellte und mich beobachtete. Ich goss mir den frisch gebrühten Kaffee ein und begann ihn von der Tasse abzuschlürfen. Er war so heiß, so dass ich mir den Mund verbrannte und ich schrie vor Schreck laut auf. Ich legte panisch die linke Hand auf den Mund, um weitere Schmerzensschreie zu unterdrücken, während ich mit der rechten versuchte die Tasse zu balancieren, was mir auch einigermaßen gelang, bis ich mich umdrehte.

      Alle Kraft verließ mich, als ich Peter mitten im Türrahmen stehen sah. Die Tasse fiel zu Boden und zersprang in tausend Einzelteile. Der heiße Kaffee ergoss sich über meine nackten Füße und ein weiterer Schrei verließ meine Kehle.

      8.

      Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob ich wegen dem Schmerz oder dem Schock aufschrie. Wahrscheinlich war es eine Mischung aus beidem. An die nächste halbe Stunde kann ich mich nur noch schemenhaft erinnern, aber ich glaube, dass mich Peter, noch in der Tür stehend fragte, wie meine Schicht gewesen wäre und wann ich nach Hause gekommen sei. Wir müssen dann unser Gespräch irgendwann ins Schlafzimmer verlegt haben, denn meine nächste klare Erinnerung an diesen Morgen ist, wie ich mir auf dem Bett sitzend meine Socken anzog. Peter war mir gefolgt und stand in der Schlafzimmertür. Ich fühlte mich in die Enge getrieben und ahnte, dass mir nun das Gespräch bevorstand, was ich mit Peter seit langem schon hätte führen müssen. Nur dass er nun die Zügel in der Hand hielt. Ich fühlte mich schlecht und dachte ich müsste mich jeden Augenblick übergeben.

      »Erzähl keinen Scheiß Hannah!« Es drehte sich alles und ich öffnete das Fenster, um wieder klarer im Kopf zu werden.

      »Hannah, was ist in letzter Zeit mit dir los?«

      Ich versuchte Peter in die Augen zu sehen und seinem Blick standzuhalten, doch es ging nicht. Zum einen, weil dieser absurde Hass gegenüber Peter in mir aufstieg und zum anderen mischten sich nun auch noch diese schrecklichen Schuldgefühle dazu.

      »Ich hab dich in der Bar gesehen!«

      Seine Worte hallten durch meinen Kopf und ich begriff nur langsam. Das Schwindelgefühl nahm wieder zu. Das Einzige, was dem entgegen wirkte war diese Wut, die mich zu übermannen drohte und ich ließ es zu. Mein Puls kletterte unaufhörlich in die Höhe und anstatt das Gespräch auf einer ruhigen Ebene zu belassen, wurde ich immer lauter und ich hörte wie meine Stimme anfing sich zu überschlagen.

      »Spionierst du mir etwa hinterher?!«

      Peter wurde von meinen Ausbruch überrascht. Für einen Moment schien auch er nicht mehr zu wissen, was er sagen sollte und ich nutzte die Gunst des Augenblickes, um aus dem Schlafzimmer zu fliehen. Doch Peter packte mich am Oberarm und hielt mich fest.

      »Ich hab mir doch nur Sorgen gemacht.«

      Ich versuchte mich aus seinem Griff zu lösen. Immerhin bekam ich meinen rechten Arm aber so weit frei, dass ich ihm eine kräftige Ohrfeige geben konnte. Sein Griff löste sich etwas und ich stieß ihn von mir weg. Er verlor das Gleichgewicht und stürzte rückwärts in den Flur. Mein Brustkorb hob und senkte sich, als ob ich einen Marathon hinter mir hätte und mein ganzer Körper zitterte.

      »Als ich nach Hause kam, habe ich versucht dich anzurufen, aber dein Handy war aus. Also bin ich los. Ich dachte du würdest dich freuen, wenn ich dir Gesellschaft leisten würde.«

      Nach Luft ringend, starrte ich ihn nur weiter an.

      »Das war wohl ein Irrtum, was?«

      Allmählich