Aus den Tagebüchern eines Inka Priesterschülers und Xervantes Indianers. Owawe Manitu. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Owawe Manitu
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Зарубежная психология
Год издания: 0
isbn: 9783847692386
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in der Lage ist, die Annäherung –ja die Rückbesinnung der Werte- zuzulassen. Ich traue keinem Mann, der seit Generationen das Kapital ansammelt und stolz darauf ist, dass seine Familie eine der ersten war, die auf einem Boden der Indianer „ihr“ Land eingezäunt haben. Das Land gehört Mutter Erde und wir haben es nur gemietet. Ich traue auch keinem Mann mit Waffen, der Frauen zwingt einen Glauben anzunehmen. Mit Gewalt lösen wir keinen Glaubenskrieg, sondern versündigen uns, indem wir ihn damit erschaffen und das Gute in einem Verlies der Fehlinterpretation der Schriften wegsperren. Kein Mann sollte das Gold seines Volkes an einen „Freund“ geben, nur weil dieser einem verspricht, seinem Volk gnädig zu sein. Ich bin motiviert, es erlebbar zu machen und eine Chance zu nutzen, einen neuen Weg zu wählen. Gewalt ist und wird niemals der richtige Weg dafür sein, denn mit Gewalt entzieht sich der Mensch der Liebe. Es geht also nicht um Bekehrungen, sondern darum, den Menschen ihren eigenen, individuellen Weg des Friedens und der Liebe zu zeigen. Ich selbst könnte nicht darauf antworten, wenn Du mich fragen würdest, ob ich grundsätzlich Zweifel an der Existenz von „einem“ Gott habe. Ich hätte Zweifel, denn der Glaube hängt sehr von der Kultur ab und von dem, was ich als Gott bezeichne. Ich könnte also nur mit reinem Gewissen sagen, dass ich an etwas (Gott) glaube, was für mich die Summe von Allem ist und dass ich möglichst lange für alle Anschauungen offen bleiben möchte und keiner Anschauung eine Priorität einräumen möchte, um eben alle Gedankengänge und historischen Wurzeln verstehen und schätzen zu können. Deshalb finde ich es beispielsweise auch schwierig, Kategorien für Meistergrade zu benutzen, die sich durch ihre Nutzung wieder von ihrem reinen und nicht vergleichenden Kern entfernen. Ein Meister, der ein Meister ist, wird sich niemals als Meister begreifen, sondern als ein gelehriger Schüler. Und ein Schüler, der meint ein Meister zu sein, wird über das Schülerniveau nicht hinauskommen. Wie stark beispielsweise ein „Ich-bin-ein-Meister“ Ego behindern kann, wird mir klar, wenn ich mich dem „Channeling“, also dem bewussten Kontakt mit dem Jenseits widme. Der Ausdruck der Tätigkeit des „Channels“ stammt aus dem Englischen und steht für „Kanalisieren“. Das Medium ist somit ein Kanal für Botschaften aus dem Jenseits. Wenn das Medium also als Kanal zu hundert Prozent zur Verfügung steht, dann ist es völlig rein von eigenen Anschauungen und Meinungen und somit auch von Bildern und Emotionen, die ggf. einer Erfahrung zuzuordnen wären. Ich weiß, dass sehr, sehr viel Übung dazu gehört, sich als Medium völlig frei zu machen von der eigenen Interpretation, während ein Channeling läuft. Wenn ich versuche, ein Bild oder eine Nachricht zu verstehen, statt sie einfach wiederzugeben, dann bringe ich mein Ego in den Inhalt ein und genau das ist dann kein sauberes Channeling mehr. Unter diesem Gesichtspunkt ist es gut erklärbar, warum Personen des westlichen Kulturkreises, die eine Nahtoderfahrung gemacht haben, oft von einem Tunnel mit Licht am anderen Ende sprechen, während Brasilianer beispielsweise von einem eher dichten Dschungel und einer Lichtung sprechen. Das Gehirn übersetzt eben das, was wir als Information erhalten und somit färbt das Gehirn auch fleißig die Dinge ein, die es nicht direkt oder indirekt als Erinnerung abgespeichert hat. Ob Tunnel oder Lichtung – beide Bilder stehen für eine signifikante Änderung der räumlichen und zeitlichen Struktur und wie sollte das Gehirn ohne das Wissen um diese räumliche und zeitliche Struktur ein Bild an den Menschen weitergeben? Ich weiß mittlerweile, welch hohe Verantwortung ich als Medium übernehme und wie wichtig es ist, die Botschaften klar und ohne meine eigenen Empfindungen fließen zu lassen. Das ist eine riesen Herausforderung, besonders wenn ich hier von Angst oder Zweifel spreche. Angst etwas falsch zu machen, Angst nicht frei zu sein, Angst nicht zu verstehen, Zweifel an der Botschaft usw.

      Vor allem kann ich diese Fähigkeit ja auch nicht einfach anknipsen oder ausschalten, sondern nur üben, um mich zu einem reinen Medium zu entwickeln. Die Übung betrifft sowohl die Hingabe als auch das Wissen – und schon wieder ist es da, das wissenschaftlich belegbare Wissen. Trotzdem spreche ich von dem „Wissen“, dass sich der Kanal nur auftut, wenn er nicht durch das Ego des Mediums blockiert wird. Ich stelle mir die Reinheit eines Mediums einfach wie einen Trichter vor, durch den weißes Pulver fließen soll. Ist noch blaues Ego-Pulver von mir selbst in diesem Trichter, verfärbt sich das weiße Pulver schlicht und ergreifend ganz unkontrolliert und die klare Botschaft wird blau verfärbt. Wenn ich mit Angst erzeugenden Durchsagen einem Kreis von Menschen begegne oder mein eigenes Wissen mit den Durchgaben aus dem Jenseits verwechsle, dann kann mich das ggf. nicht gleich in einen Konflikt bringen, mindestens aber ist es dann eine unangenehme Situation, die meine Disziplin braucht.

      Aber wenn ich nun darüber nachdenke – mein liebes Tagebuch– dann bleibt immer noch die Frage, weshalb sich dieses „etwas“ mir anvertraut hat und mich nicht nur als Medium für Botschaften, sondern auch als Medium für Energien nutzt. Ich war bis zu dem HealingJam ein Mensch, der nie zuvor eine schamanische Ausbildung, ein mediales Seminar in bekannten spirituellen Universitäten o. ä. besucht hatte. Ich war ein Mensch, der einen großen Bogen um alles machte, was nicht wissenschaftlich beweisbar war. Für mich war diese Zeit der unfreiwilligen Berufung zunächst ungeheuer schwer. Ich wurde im Schlaf mit „Wissen“ wie durch einen Nürnberger Trichter „vollgestopft“ und bekam in einem solch atemberaubenden Tempo die Hinweise zur Selbstmeisterung, dass ich mir oft wünschte, eine Energie-Vollbremsung hinlegen zu können wie ein Formel 1-Fahrzeug, um den Input zu verzögern. Für mich schien eine solche Bremse der letzte Ausweg zu sein, um die Energien im Zaum halten zu können. Sie wirkten auf mich wie Wassertropfen bei einem Regenschauer, der ungebremst auf ausgedörrten Boden schlägt: Er schwemmt an manchen steilen Hängen den fruchtbaren Boden davon, bevor er später einsickern kann.

      Ja, das ununterbrochene Üben erscheint mir noch heute die einzige Möglichkeit zu sein, frei und rein zu werden, um ein gut funktionierendes Instrument für diese neue Aufgabe sein zu können. Ich trainiere daher nahezu täglich meine Selbstmeisterung. Ich versuche in Demut und Hingabe zu leben und versuche mein Ego und meine Seele kennenzulernen, indem ich sie beachte. Eine Nichtbeachtung oder gar eine Verdrängung dieses inneren Anteils in mir wäre nicht sinnvoll, denn meiner Erfahrung nach ernährt sich das Ego im Schatten von der Nichtbeachtung und springt mir ausgerechnet dann ins Gesicht, wenn ich meine, dafür gerade keine Zeit zu haben. Mit ein wenig Ruhe fühle ich die Zeit sogar: „Deine Zeit verstreicht kontinuierlich. Nutze sie gut, denn sie wartet leider nicht auf Dich, sondern zieht unwiederbringlich weiter, wie auch die Sonne ohne Dein Zutun täglich auf und untergeht“.

      Ich erinnere mich, dass mich einmal ein Arzt darauf aufmerksam machte, dass das Leben schneller an mir vorbeizieht, als ich auf einer Autobahn fahren kann. Das hatte ich lange nicht verstanden, heute begreife ich es langsam, weil ich mein Leben bewusst entschleunige. Ich kann den Moment nicht festhalten und sollte mir dessen bewusst sein, dass nur im Moment des „JETZT“ der wahre Moment steckt. Ich sollte mich nicht der Hektik hingeben und meinen, alle offenen Dinge so schnell wie möglich lösen zu müssen. Jeder kennt diese Aussage: „Gut Ding will Weile haben.“ Und einige kennen die analoge Bedeutung aus dem Zen-Gedanken: „Nach und nach werden die Dinge zur Ruhe kommen und ganz natürlich ihren Platz finden. Übe Dich in der Betrachtung“. Für mich sind daher Kinder oft die ehrlichsten Medien. Sie handeln in ihrer natürlichen Ruhe, kennen noch keinen Termindruck und scheren sich nicht um Dogmen und abgeschriebene Verhaltensweisen, sondern folgen ihrer Intuition. Für kleine Kinder, die in einer natürlichen und harmonischen Umgebung aufwachsen, sind streng hierarchische Systeme ziemlich fremd und sie orientieren sich an ihrem natürlichen Drang, die Welt zu entdecken und ihre gewonnenen Erkenntnisse in die weite Welt zu verströmen. Sie rufen z. B. unverblümt durch das feine Restaurant, dass sie sich gerade selbst auf den WC-Sitz gesetzt und den Hintern selbst abgewischt haben. Gut so! Ich könnte also als Erwachsener versuchen, die Welt wieder aus der Sicht eines Kindes zu sehen und vor Freude laut zu schreien und vor Traurigkeit laut zu weinen. Aber als Junge weiß ich, dass „ein Indianer keinen Schmerz kennt“ und nur Frauen weinen dürfen! Also geschieht es schon in der ersten Sequenz meiner neuen Betrachtungsweise, dass ich an die nächsten Grenzen stoße: Gedanken, Regeln, Gebote, Verbote, Muster. Ich versteckte sehr lange diesen Wunsch, einfach einmal alles fallen und alles künstliche Benehmen hinter mir zu lassen. Ich entdeckte auch, dass ich eigentlich nicht nur selbst die mediale Fähigkeit ausüben wollte, sondern ich fühlte mich auch kollektiv mit anderen verbunden und wollte einer möglichst breiten Masse einen Zugang dazu geben, weil das – von Einzelnen – meiner Meinung nach und völlig unnötig unter dem Mantel der Verschwiegenheit praktiziert wurde. Natürlich gab es auch in diesem „Beruf“ schwarze