Flucht. Manfred Andreas Kappes. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Manfred Andreas Kappes
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783738067637
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konnten wir ungestört schlafen. Auch ab Vormittag des 4. haben wir ruhig im Garten gearbeitet, Bohnen gelegt und auf dem Hof Holz zerkleinert.

      DIE POLEN

      Am Nachmittag erst tauchten wieder Russen auf. Zuerst erscheint ein Russe mit Fuhrwerk, auf dem bei ihm ein Mädchen sitzt, wahrscheinlich eine Polin.

      Er kommt zu uns in Schulhaus, will es durchsuchen nach Zeug und Schuhen für seine Frau. Er gibt mir ein Zeichen, daß ich zurückbleiben soll, aber ich rücke nicht von seiner Seite. Das ist ihm wohl unangenehm und so geht er wieder ab, ohne etwas gefunden zu haben, nur meine Taschenlaterne läßt er mitgehen.

      Dann betraten wieder einige Russen das Haus, durch- wanderten die Räume, schlugen einige Töne auf dem Klavier an und gingen wieder, ohne etwas mitzunehmen. Danach kamen auch Polen mit einigen Russen herein. Da die vorherigen Besucher nichts mitgenommen hatten, waren wir weniger besorgt und ließen es ruhig geschehen, daß sich ein Russe ans Klavier setzte und sie zu singen anfingen. Wir blieben im hinteren Zimmer.

      Die Polen aber benutzten die Gelegenheit, heimlich in mein kleines Schlafzimmer, das neben der besten Stube lag und von dort aus zu betreten war, hineinzugehen und sich von meinen Sachen zu nehmen, was sie gebrauchen konnten. So verschwanden zwei Jacketts, ein gutes und ein altes mitsamt der Brieftasche, in der allerdings nichts Wichtiges war, mein bestes Paar Stiefel, zwei Manschettenhemden, zwei Paar Strümpfe, die besten, die ich hatte, und einige Schlipse.

      Auch mein gutes Fernrohr, das in meinem Schrank lag, nahmen sie aus dem Futteral und ließen es ver- schwinden. Dafür hinterließen sie ein altes, weniger Gutes, das sie, wie sich später herausstellte, beim Bauern Schaper gestohlen hatten. So war ich denn um einige Sachen ärmer geworden. Es sollte aber noch schlimmer kommen.

      5.SAMSTAG

      Wir waren am Abend bereits zur Ruhe gegangen, als zwei Polen an der Haustür erschienen und Anna-Marie herausklopfte. Sie verlangten von ihr einen Anzug. Als sie in die Schlafstube ging, um ihrer Forderung nach-zukommen, drängten sie ihr nach, stießen sie vom Schrank zurück und nahmen alle Anzüge von Otto, ihrem Mann, heraus, soweit sie im Schrank waren, sowie einige Sommerjacken.

      Meinen schwarzen Gehrockanzug und einen hellgrau- en von Wilhelm ließen sie hängen. Ich war nicht schnell genug aus dem Bett gekommen, um helfen zu können, dazu war Anne-Marie zur Nachbarin, Frau Tischer, gelaufen, so daß ich nicht wußte, was eigentlich geschehen war. Erst als sie zurückkam, konnten wir feststellen, was gestohlen war.

      Um uns gegenseitig beizustehen, falls Weiteres passieren sollte, holte Frau Schmidt, die auf unserem Sofa schlief, ihre Eltern auch noch herunter. So verbrachten wir die Nacht auf Stühlen zu, nur ich legte mich angekleidet auf mein Bett.

      Nach einiger Zeit kamen die Polen wieder und rüttelten an der Hintertür. Diesmal ging ich hin und fragte, was sie wollten, ohne jedoch die Tür zu öffnen. Ich verstand nicht, was sie wollten, sagte ihnen aber, daß wir die Tür nicht mehr öffnen würden. Wenn sie etwas von uns wollten, sollten sie am Tage kommen. Als Anna-Marie, die noch dazu kam, verstand, daß sie eine Uhr wollten, sagte sie ihnen, daß die Russen schon die Uhren mitgenommen hätten und sie sollten nur ruhig nach Hause gehen. Wir würden nicht mehr aufmachen. Da zogen sie ab.

      Am Morgen allerdings erzählten die anderen mir, daß die Polen alle Stunden etwa wieder an der Tür gewesen wären und einmal sogar Anne-Maries Namen genannt hätten. Erst gegen sechs Uhr sei es endgültig ruhig geworden.

       Am anderen Morgen sah man dann überall die Polen ihre Sachen packen, um in ihre Heimat zurückzukehren. Sie hatten die letzte Nacht benutzt, um sich mit Kleidern und Schuhen für die Heimreise zu versehen, denn bei anderen war es noch schlimmer gewesen. Am Nachmittag ging ich nach Wahlstorf, um von den Bauern Frick und Schaper einige versprochene Lebensmittel zu holen. Als ich aber bei Fricks den Hof betreten wollte, sah ich dort Polen und Russen beschäftigt, einen Wagen zu bepacken. Ich kehrte um und ging durch die Hintertür zu Schapers. Die hatten Einquartierung erhalten und wußten Schauergeschichten zu erzählen. Auto, Trecker, Pferde, Wagen hatte man ihnen genommen. Hin zu viele andere Sachen, die zum Teil in Koffern verpackt waren.

      Die Soldaten waren mit Mädchen gekommen und hatten sie aus den Kleiderschränken der Frauen vollständig neu eingekleidet. Schapers Tochter war geflohen, und die Eltern wußten nicht, wo sie sich aufhielt. Sie waren alle vom Erlebten wie geschlagen, so daß ich gar nicht nach den Lebensmitteln fragen mochte, und so wieder abzog. Hier hörte ich, daß sie bei Fricks ein Pferd aus dem Stall geholt hatten.

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