Spätsommer. Helmut H. Schulz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Helmut H. Schulz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847675556
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      Helmut H. Schulz

      Spätsommer

      Alltag im Paradies

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

       Kapitel 13

       Kapitel 14

       Kapitel 15

       Kapitel 16

       Kapitel 17

       Kapitel 18

       Kapitel 19

       Kapitel 20

       Kapitel 21

       Impressum neobooks

      Kapitel 1

      Um jene frühe Stunde im August erschienen die Schiffslichter noch heller als Himmel und Erde, Ersterem fehlte überhaupt jede Farbe. Westwärts war das Dunkel ein unförmiges, gestaltloses Blau,·aber jeden Augenblick mußten Land und Meer im Sonnenlicht aufstrahlen. Von Bord aus, durch die Fenster des Ruderhauses gesehen, waren Himmel und See schon über scharf getrennt. Es nieselte entweder, oder es fiel Tau; jedenfalls sammelte sich Wasser in Tropfen auf den Scheiben. Die See erinnerte an jungen Mais; hinter dem langsam fahrenden Schiff glucksten Wirbel über einem tintenblauen Abgrund. Warme, mit Feuchtigkeit gesättigte Luft drang ins Ruderhaus.

      Ohne Morgenröte, ohne Frist trat die Nacht in den Tag über, der Himmel wurde einfach heller, und der Augenblick hätte sich schwer bestimmen lassen, an welchem die Sonne aufgegangen war. Ihr Licht fiel durch einen glasigen Stoff von unendlicher Ausdehnung.

      Die Positionslichter des Schiffes erloschen.

      Äußerlich ruhig, aber mit gespannter Erwartung genoß die Johansen dieses sich täglich anders vollziehende Naturereignis. Sie stand mit einem dicken Mann und einem kleinen Jungen - sie überragte beide - in Nähe des Ruderhauses. Sie trug einen schutenähnlichen Hut, der unter dem Kinn gebunden war, schwarzen Mantel und flache schwarze Schuhe. Dieser merkwürdige Aufzug wirkte durch eine perlenbesetzte Handtasche noch altmodischer. Nicht die Johansen wirkte altmodisch, nur die einzelnen Kleidungsstücke gehörten vergangenen Zeiten an; der Johansen kam gar nicht der Gedanke, etwas, das einmal einen Wert besessen hatte, könnte diesen Wert heute verloren haben. Mit ihrer großen Hand zog, sie den Jungen näher an sich heran. Ohne die Stimme, sonderlich zu heben, sagte sie: »Das ist schön, nicht wahr.«

      Der Junge griff nach der Hand auf seiner Schulter, gab jedoch keine Antwort. Für ihn mochte, was sich eben abgespielt hatte, nichts anderes als trübes Nieselwetter an einem Augustmorgen sein.

      Der Mann in Schifferkleidung nahm die Pfeife aus dem Mund, deutete mit dem besabberten Mundstück nach oben und sagte sachlich: »In zwei Stunden haben wir Sturm.«

      Aber seine Vorhersage machte auf die Johansen keinen sichtbaren Eindruck: «Bis dahin hast uns schon sicher abgesetzt, was, Richard?» Sie heftete einen bohrenden Blick aus hellen Augen untergroßen dreieckigen Lidern auf den Mann. Der sah ihr unsicher ins Gesicht, nickte aber einmal andeutungsweise. Kurze weiße, wie mit dem Stichel gegrabene Furchen durchzogen seine Haut auf Stirn und Wangen. An einem seiner dicken Finger glänzte ein Goldring.

      »Es ist seine erste kleine Seereise«, die Johansen zeigte auf den kleinen Jungen, und er freute sich ja auch darauf, einmal mit seinem Onkel zu fahren.

      Zweifelnd blickte der Onkel den Jungen an. Die Johansen schloß: »Es ist übrigens ganz gleich, ob er sich heute schon über seine Eindrücke vollständig im Klaren ist, Richard.«

      Der Schiffer sagte, »Was hast denn für einen 'Eindruck von deinem, Schwiegersohn?«

      Bereitwillig antwortete die Johansen: »Keinen Guten. Knut Blinz wird den Arm nie wieder richtig gebrauchen können«, und vertraulich, ohne Rücksicht auf den lauschenden Jungen, »mir ist das recht, muß ich sagen. Ich denke so, jetzt werden sie mir Torsten geben' müssen. Deiner Schwester und diesem Mann sind die Kinder ja immer im Wege gewesen. Nun, so haben sie vor sich selbst wenigstens einen Grund, den Jungen abzuschieben. Sie werden sich umstellen müssen, auch mit dem Geld, ich kann das Gejammer schon hören.«

      Richard, die flache Mütze abnehmend, gab zu bedenken: »Vielleicht wollen sie den Jungen aber zu sich nehmen. Wenn du dir da man nichts vormachst, Mutter.«

      »Ich sage dir doch, die sind froh, Torsten los zu sein«, die Johansen mußte mit der Welle Panik fertig werden, die Richards Frage bei ihr ausgelöst hatte.

      »Daran erkenne ich meine Kinder«, sagte sie endlich giftig.

      »Woran erkennst du uns?«

      »Daran, daß ihr euch immer beugt. Deshalb bist du auf diesem Schlepper gelandet, du, der Sohn eines Kapitäns mit sechs Patenten.«

      Nun hatte beides nicht das Mindeste miteinander zu tun, und der Schiffer hätte sich mit einem Lachen darüber hinwegsetzen können, aber wie seiner Mutter fehlte es ihm an Gelassenheit.

      Da sie jedoch einen wunden Punkt berührt hatte, wendete er sich schroff ab.

      »Ich bin seit drei auf den Beinen. Ich muß jetzt essen.«

      »Das ist eine sehr gute Idee«, erwiderte die Johansen und folgte ihrem Sohn. Den Enkel zog sie mit sich.

      Die Kajüte stank nach Dieselöl, Schweiß und stockiger Kleidung. Sie war der einzige Raum an Bord des Arbeitsschiffes, der als Meßraum dienen konnte. Drei ältere Männer bewegten ihre Kinnbacken