Karo ? nein danke. Heidi Hollmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heidi Hollmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847632238
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wollte.

      Mit Riesenschritten steuerten die beiden auf ihren vierzigsten Hochzeitstag zu.

      Adam war pensioniert. Emilie hatte in den vielen Jahren davor nichts anderes getan, als ihrer Familie ausnahmslos die Wünsche von den Lippen abzulesen.

      Jetzt wollte sie endlich etwas für sich tun und nahm ihr Hobby wieder dankbar auf. Sie schrieb früher schon gern und gut, wie man ihr bestätigte. Als sie in der Altenakademie das Angebot bekam, hier und dort bei einer Lesung ihre Geschichten vorzutragen, hatte sie erfreut zugesagt.

      Es gab Ernstes und Lustiges, was in der AAK geschrieben wurde. Nach einer Themenvorgabe der Dozentin wurden Kurzgeschichten abgefasst. Jeder schrieb nach seinem Gusto. Es war erstaunlich wie vielschichtig ein Thema verarbeitet wurde. Es war immer recht interessant.

      „Viele Köpfe, viele Sinne“, hatte Annegrets Schwiegermutter zu ihren Lebzeiten gemeint. Wie recht sie hatte. Jeder hatte einen anderen Blickwinkel, was reizvoll war und sich in den Geschichten niederschlug.

      Jetzt war sie jedenfalls freigesetzt. Die Kinder waren längst aus dem Haus und Adam war endlich selbstständig geworden, nachdem er nicht mehr angestellt war.

      Dennoch, er hätte sie gern unter seiner Fuchtel gehabt.

      „Musst du denn dauernd auf allen möglichen Hochzeiten tanzen?“, fragte er spöttisch.

      „Ich will dir mal was sagen“, trotzte sie. „Ich habe die Stellung hier gehalten, als die Kinder klein waren, jeden Sonntag z. B. und was hast du gehalten in der Zeit? Die Bälle deiner Gegner im Handballverein!“

      „Das ist mindestens dreißig Jahre her“, schnaubte Adam, dem es zu viel wurde.

      „Vergiss es doch endlich einmal.“

      „Ich soll das vergessen? Dazu funktioniert mein Langzeitgedächtnis zu gut. Nur der Alzheimer könnte mich vergessen lassen. Wenn ich Willi Schneiders Lied höre:

      Ich möchte noch mal zwanzig sein, fließt mir der Kaffee wieder aus dem Mund. Als ich zwanzig war, habe ich nur Windeln gewaschen und mich von dir und deinen Kindern vereinnahmen lassen!“ „Von unseren Kindern“, korrigierte Adam.

      „Es gibt nichts Schöneres für mich, als über meine Zeit frei verfügen zu können. Nun lass mir mal diese Freude, Adam.“

      Adam wirkte bekümmert. Tat ihr fast leid.

      „Musst du denn wirklich schon wieder gehen?“, fragte er.

      „Solange ich noch nicht im Rollstuhl sitze, habe ich das vor“, gab sie schnippisch zur Antwort.

      „Nur nicht weich werden und lass dich nicht wieder einzwängen“, machte sie sich Mut. Adam besah sie von oben bis unten, mit einem Gesichtsausdruck, der sie schon seit längerem in Harnisch brachte.

      Manchmal sprach er es auch aus. „Du bist so fett geworden, dass man dich in Kürze rollen kann.“ Das hätte er nicht sagen sollen. Annegret bekam Oberwasser. Ihr schlechtes Gewissen war wie weggeblasen.

      „Wo lesen Gnädige denn dieses Mal?“, fragte Adam spöttisch.

      Annegret hatte eine tiefe Stimme. Sie beugte sich vor, trat ganz nah an ihn heran und sang:

      „Frag nicht, wohin ich gehe, frag nicht wohin!“

      Sie ergriff ihren Schirm, warf dem Gekränkten eine Kusshand zu und verschwand.

      Freitag, der 13.

      „Deinen Aberglauben gewöhnst du dir schnellstens ab“, nehme ich mir vor. Nicht so sehr aus Religiösen-, sondern aus Vernunftsgründen.

      Wenn ich das schon höre: „Verstreu um Himmelswillen kein Salz, das gibt garantiert Streit!“ Oder: „Händebesehen gibt Ärger.“ „Alles Quatsch“, behaupte ich, weil ich es besser weiß.

      Als wenn ich erst Salz verstreuen und anderer Leute Hände begaffen müsste, um mit meinem Mann z.B. Ärger zu kriegen. Solcherlei Hilfsmittel hatten er und ich bisher jedenfalls nicht nötig! Mich ärgert auch der Rat:

      „Wenn Du einer schwarzen Katze begegnest, schließe augenblicklich die Augen!“

      Ich Dummchen begegnete einem solchen Tier gleich am nächsten Tag als ich die Straße überqueren wollte. Ich schloss augenblicklich. Nach dem Öffnen, stellte ich zu meiner Erleichterung fest: „Halleluja, die Schwarze ist verschwunden.“

      Statt ihrer sah ich allerdings eine Krankenschwester neben meinem Bett stehen.

      „Gott sei Dank sind wir erwacht, wir hatten einen Unfall, erklärte sie mir und fühlte nach meinem Puls. „Ach“, sagte ich, „Sie auch?“ Sie überhört meine Ironie und fragt gewohnheitsmäßig: „Wie geht es uns?“

      Ich beugte mich vor, spürte einen stechenden Schmerz in der Rippengegend und antwortete:

       „Mir geht es den Umständen entsprechend gut, wie es Ihnen geht, weiß ich allerdings nicht!“

      Mit hoch erhobenem Kopf verließ sie total beleidigt das Zimmer.

      Erschöpft lehnte ich mich zurück, nahm mir vor, niemals mehr abergläubischen Menschen Glauben zu schenken und schon gar nicht die Augen wegen einer schwarzen Katze zu schließen.

      „Auch von diesem Blödsinn der sich um den Freitag den 13. rankt, lässt du dich nicht mehr beeinflussen“, sagte ich mir und wollte die Behauptung so schnell wie möglich auf die Probe stellen.

      Wieder zu Hause wartete ich voller Ungeduld auf einen Freitag, der endlich auf den 13. fiel. Ich betrat in Hochstimmung die Straße, lief bei Rot wieselflink hin und her, her und hin. Wie zu erwarten, es passierte nichts. Die Autos bremsen genau so scharf wie an den übrigen Tagen. Ich versuchte es noch einige Male. Außer Bremsenkreischen und dem Geschimpfe meiner motorisierten Mitmenschen erreichte ich nichts, rein gar nichts! Ich wurde das Spielchen schnell leid, weil -- Erfolglosigkeit macht müde.

      Enttäuscht wandte ich mich dem Heimweg zu. Unterwegs überlegte ich, was mir vielleicht doch noch widerfahren könnte. Mich durchzuckte eine riesige Vorfreude.

      „Ja, das ist es!“, jubelte ich.

      Angekommen, warf ich gleich meinen Mantel über den Stuhl und steckte meine Hand in unser seit Jahren defektes Aquarium. Kein bombastischer Stromstoß, noch nicht einmal das kleinste Kribbeln in den Fingern ließ mich hoffen.

      „Alles Quatsch“, dachte ich erneut und fühlte mich außerordentlich enttäuscht. In solchen Situationen entfliehe ich gerne der Realität und suchte mein Bett auf. Es war Vollmond und ich wälzte mich von einer Seite auf die andere. Ein paar Minuten vor 24.OO Uhr warf ich einen Blick auf meine Uhr. Mein Mann schnarchte in allen Stimmlagen. Zusätzlich plagte mich ein Durstgefühl. Ich stand auf. Rücksichtsvoll wie ich bin, mache ich trotz meiner Nachtblindheit niemals das Licht an. Mein notorischer Schnarcher sollte ungestört seine Sägerei fortsetzen können.

      An „normalen“ Tagen, besser gesagt Nächten, streckte ich meine Hände wie Fühler aus, damit ich nirgendwo anstieß. An diesem 13. konnte ich getrost darauf verzichten.

      „Es passierte ja leider sowieso nichts!“ Ein tiefer Seufzer der Enttäuschung stieg in mir hoch.

      In dem Moment fast gleichzeitig mit dem Schlag der Standuhr gab es einen Knall. Plötzlich sah ich Nachtblinde doch etwas, nämlich Blitze und Sterne.

      „Diese verdammte Tür!“

      Als die Uhr endlich schwieg, nahm ich im Badezimmerspiegel über meiner Nasenwurzel eine Beule wahr. Sie wuchs und wuchs und wuchs. Mir war der Durst vergangen.

      „Sollte es mit einem Freitag, dem 13. vielleicht doch eine Bewandtnis haben?“, fragte ich mich und ein Schauer lief mir den Rücken herunter. Auf dem Rückweg zum Schlafzimmer knallte ich noch mal vor eine Tür. Mein Mann schreckte hoch, griff nach dem Lichtschalter, blinzelte in Richtung Wecker.

      „Meine Güte“, sagte er