56 Ein Eingang, der kein Eingang ist und zwei Helfer nicht helfen wollen
58 In der Halle des Bergkönigs
62 Seriosas gefährliches Spiel
68 Im Palast – Myrianas Geständnis
69 Eine nächtliche Untersuchung
75 Ein Drachenkampf und die ‚Schlacht der vier Heere‘
76 Das Medaillon der Königin (Nachtrag)
1 Geigenzauber und drei zickige Elfen
Es war ein öder, trüber Tag. Ein Nachmittag zum Vergessen.
Der Himmel war mit dicken, dunklen Wolken verhangen, es regnete Bindfäden.
Sinja schaute müde ihre Geige an und hatte keine, aber wirklich überhaupt keine Lust, auf ihrem Instrument zu üben. Den ganzen Tag bis eben hatte sie, vom frühen Morgen an in ihrer langweiligen Schule in der Titusstrasse verbracht, erst im Unterricht, dann beim Mittagessen und in der Hausaufgabenbetreuung. Danach war dann noch etwas Zeit geblieben zum Relaxen und für ihre Lieblingsbeschäftigung, Bücher lesen. Es gab eine Schulbibliothek und das war an diesem Ort der einzige Lichtblick. Sinja hatte den Ehrgeiz, alle Bücher, die dort standen gelesen zu haben, bevor sie am Ende des Schuljahres die Schule wechseln musste.
Der Unterricht an der Titusschule war eigentlich okay und machte Spaß, außer Mathe und Sport.
Zahlen und Rechnen waren einfach nicht ihr Ding.
Trotzdem bekam sie es hin, bei den Klassenarbeiten gute Noten zu schreiben.
Sport dagegen war ihr absolutes Hassfach.
Das gab blaue Flecken, weil man ständig von Bällen getroffen wurde und da die Jungs beschlossen hatten, darauf keine Rücksicht zu nehmen, hatte Sinja bald keine Lust mehr auf diese Spiele.
Sie hatte einige Regeländerungen vorgeschlagen, die aber leider alle abgelehnt wurden.
„Brennball ist Brennball!“, hieß es. „Da gibt's keine Extraregeln für Mädchen!“
Also ließ sie sich am Anfang des Spiels abwerfen und verbrachte so den größten Teil des Sportunterrichtes auf der Bank. Beim letzten Mal hatte sie deswegen als einzige in der Klasse eine drei in Sport. Peinlich!
Ansonsten war sie aber eine sehr gute Schülerin und hatte ein Superzeugnis.
Von den zwölf Mädchen in der Klasse war sie mit fünfen gut befreundet.
Mit Pauline, einer von den fünfen hätte sie am liebsten Tag und Nacht verbracht. Weil die beiden sich so ähnlich sahen, hatte man sie des Öfteren für Zwillinge gehalten und sie hatten damit ihre Späße getrieben. So war die Schule erträglich.
Es war aber eben auch verdammt anstrengend und das wollten ihre Eltern manchmal nicht sehen. Nach der Ganztagsbetreuung war sie oft einfach k.o. und hatte keine Nerven mehr, sich noch mit Achtel-, Viertel- und Halben Noten, mit Pausen und Taktstrichen zu befassen, mit der richtigen Hand- und Bogenhaltung, Auf- und Abstrich und was man sonst noch alles lernen musste, wenn man Geige spielen wollte.
„Nein, ich habe heute keiiiiiine Lust!“, grummelte sie vor sich hin und stampfte zornig mit dem Fuß auf.
„Das hab‘ ich gehört, auch wenn du es in dich hineinbrummst“, kam es streng aus der Küche zurück, „ich hab' immer noch gute Ohren!“
„Jaaaaa, Mama! Ist ja gut!“, sagte Sinja genervt, mehr zu sich selbst als zu ihrer Mutter und rollte die Augen.
Hätte sie nur einige wenige Minuten weit in die Zukunft blicken können, so hätte sie gesehen, dass dieser trübe Tag einen komplett anderen Verlauf nehmen sollte, als all die anderen Tage ihres bislang neunjährigen Lebens. Vielleicht hätte sie sehen können, dass sich heute dieses, ihr Leben auf geheimnisvolle Weise für immer verändern würde. Sicher hätte sie über diesen Tag ganz anders gedacht. Aber so….
Um nicht schon wieder Stress zu bekommen, war jetzt Üben angesagt.
Sie nahm also missmutig das Stück Holz mit den vier Saiten darauf und den Bogen zur Hand, spannte die Schulterstütze ein und strich lustlos über die unterste Saite, um sie zu stimmen.
Es quietschte, brummte, jammerte und kratzte, als hätte ihr Vater den Werkzeugkasten aufgemacht und begonnen, ein Metallteil zu feilen.
Sinja erschrak fürchterlich über das Geräusch, das sie da gerade produziert hatte.
„Oh je!“, dachte sie, „meine arme Geige!“
Ich wusste doch, dass das heute nichts wird. Ich bin viel zu müde!“
Je mehr sie sich in diesen Gedanken hineinsteigerte, desto übellauniger wurde sie.
„Ach, wär´ das schön, jetzt auf dem Sofa zu liegen und noch ein wenig in meinem Buch zu lesen“, dachte sie, „ich will unbedingt wissen, wie die Geschichte weitergeht.“
Kaum war ihr diese Idee