lieber Mann, der Mörser, wo ist denn der?« »Mit Verlaub,
Herr, den Mörser fand ich nicht, so viel ich auch
gesucht habe.« »Ei Mann!« sprach der König; »wo
der Stößer ist, da muß doch auch der Mörser sein; du
möchtest ihn wohl gern für dich behalten?« »Gewiß
und wahrhaftig, Herr König, den Mörser habe ich
nicht.« »Ja, warte nur, Bösewicht!« fuhr der König
voll Zorns heraus; »ich will dich setzen lassen bei
Wasser und Brot, und nicht eher sollst du loskommen,
bis du mir kund tust, wo du den Mörser ließest,
der zu dem goldenen Stößer gehört.«
Da ließ der König den armen Mann ins Gefängnis
werfen; der fing an zu klagen und rief in einem fort:
»Hätt' ich doch meiner Tochter geglaubt!« Als das
dem König hinterbracht wurde, ließ er ihn vor sich
fordern und fragte ihn, warum er denn immer riefe:
»Hätte ich doch meiner Tochter geglaubt!« Da erzählte
er dem Könige, wie ihm seine Tochter vorhergesagt
hätte, daß es alles so kommen würde. Sprach darauf
der König: »Wenn Eure Tochter wirklich so klug ist,
wie Ihr sagt, so möchte ich sie wohl sehen und auf die
Probe stellen.« Und sogleich sandte er seine Diener
aus und ließ sie rufen.
Als Isabelle nun vor den König kam, redete er sie
an und sprach: »Ich habe viel von deiner Klugheit
reden hören, darum will ich dir jetzt eine Aufgabe
stellen, du sollst zu mir auf mein Schloß kommen;
nicht nackt und nicht bekleidet, nicht gegangen und
nicht geritten, nicht zu Pferde und nicht zu Wagen,
nicht bei Tage und nicht bei Nacht; wenn du das
kannst, so will ich dich zur Frau nehmen und sollst
die Königin sein.« Da hat das Mädchen gesagt: ja,
das wollte sie wohl können und ist fortgegangen.
Den nächsten Mittwoch nahm sie ein Fischnetz, da
kroch sie splitternackt hinein, band es einem Esel an
den Sattel, doch so, daß sie eben mit den großen
Zehen den Boden streifte und ließ sich hintragen zu
des Königs Schlosse; so kam sie denn an: nicht nackt
und nicht bekleidet, nicht gegangen und nicht geritten,
nicht zu Pferde und nicht zu Wagen, nicht bei Tage
und nicht bei Nacht, denn es war an einem Mittwoch1
morgen. Als das der König sah, verwunderte er sich
zum höchsten über ihre Klugheit und sprach: »Ich
will dich nun zu meiner Frau annehmen; nur eins muß
ich mir zuvor noch ausbedingen, daß du mit allem zufrieden
bist, was ich thue, es mag sein, was es will;
solltest du aber jemals dawider sein, so werde ich
dich aus meinem Hause verstoßen.« Das mußte sie
dem Könige versprechen; der nahm sie dann zur Frau.
Eine Zeit darnach kriegte die Königin ein kleines
Kind, das war ein Mädchen. Da sprach der König:
»Ich will das Kind von der Welt schaffen lassen; wir
haben doch nur Last davon.« Da bebte der Königin
das Herz in der Brust vor Schrecken, aber doch blieb
sie ihrem Versprechen getreu und antwortete: »Wenn
Ihr es wollt, Herr, so bin ich zufrieden.« So ließ denn
der König das Kind von seinen Dienern hinwegtragen.
Es verging eine Zeit, da kriegte die Königin ein
zweites Kind, das war ein Knabe; und wieder sprach
der König: »Ich will das Kind von der Welt schaffen
wir haben doch nur Last davon.« »Wenn es Euer
Wille ist, Herr, so bin ich zufrieden«, sagte Isabelle,
ob es ihr gleich an die Seele ging, daß sie sich von
ihrem lieben, unschuldigen Kinde scheiden sollte. So
ließ es denn der König durch seine Diener hinwegtragen.
Die Zeit verging, aber die Königin kriegte nun
keine Kinder mehr; sie verschloß ihre Traurigkeit in
der Brust, ohne jemals gegen den König zu murren.
Nun trug es sich einstmals zu, daß ein Bauer mit
Mähre über Feld zog, und als er zu eines andern Bauern
Hofe kam, wo er Geschäfte hatte, band er derweilen
sein Pferd an einen Wagen, der mit Heu beladen
war. Da traf es sich, daß die Mähre ein Füllen warf;
das freute den Mann sehr; als er aber das Füllen mit
sich hinweg führen wollte, trat der, welchem das
Fuder Heu gehörte, hinzu und sagte: das ginge nur
nicht so; das Füllen käme von Rechts wegen ihm zu,
weil die Mähre an seinem Fuder Heu gestanden hätte,
als sie das Füllen zur Welt brachte. Weil sie nun darüber
in heftigen Streit geriethen, so gingen sie zuletzt
mit ihrer Klage vor den König; der that den Ausspruch:
daß der das Füllen haben sollte, an dessen
Wagen die Mähre gestanden hätte. Der Bauer, dem
das Füllen zugesprochen war, ging mit lachendem
Munde fort, der andere aber war ganz traurig über des
Königs ungerechte Entscheidung. Da ward ihm gesagt,
er solle zur Königin gehen, die wäre sehr klug
und herzlich gut und könne ihm vielleicht einen nützlichen
Rath geben. Ging da der arme Bauer zu der
Königin und stellte ihr seine Sache vor. Da sprach
sie: »Kaufe dir ein Fischnetz, und Morgen früh, wenn
der König mit seinen Leuten durch die Stadt gehet,
ziehe das Netz über die Pflastersteine, als wolltest du
Fische fangen.« Wenn dich dann der König fragt, so
antworte ihm: »ebensogut, wie ein Fuder Heu ein Füllen
werfen kann, ebensowohl kann ich auf dem Pflaster
hier auch Fische fangen.« Der Bauer that, wie
ihm die Königin gesagt hatte; und als er nun am andern
Morgen sein Netz durch die Straßen zog, kam
der König mit seinen Hofleuten auch bald des Wegs
gegangen und fragte verwundert: was er denn da
thäte. »Ich fische,« sagte der Bauer. »Aber, guter
Freund,« sprach der König, »wie magst du in den