Alles recht kompliziert, wenn man das Prinzip „Satan“ personifizieren will. Daher ist es einfacher, wenn man sich auf einen philosophischen Satanismus beziehen will. Hier geht es nicht um eine externe Entität, um einen eigenständigen Erzengel, der gegen Gott rebelliert. Ganz im Gegenteil, es geht eher darum, dass man sich selbst als Gott bzw. als göttliches Wesen versteht und sich im Endeffekt auch so verhält. Gut, dieses Verhalten ist dann aber auch wieder das größte Problem, denn hier wird – mal wieder – das eigene Ego als Maßstab verwendet. Das Ego ist weit, weit von einer Göttlichkeit entfernt und es ist albern, wenn der Satanismus als Deckmantel verwendet wird, um irgendwelche sexuellen Vorlieben auszuleben. Wenn man irgendwelche sexuellen Vorlieben hat, soll man dazu stehen und diese auch im Rahmen der aktuellen Gesetzeslage leben. Es ist vollkommener Blödsinn, sich hier eine Scheinidentität durch den Satanismus aufzubauen. Wenn man dies soweit verstanden und auch akzeptiert hat, kann diese Art des Satanismus dadurch gelebt werden, dass man sich selbst von gängigen Dogmen befreit.
Dies wird auch gern mittels Ritualen praktiziert, wobei in diesem Kontext das Ritual als „Schauspiel“ oder als „Dramaturgie“ verstanden wird, und nicht als religiöse oder energetische Arbeit, in welche spezielle Entitäten und Wesen angerufen und herbei gebeten werden. Auf eine solche Erklärung legt auch die First Church of Satan viel wert, da sie ihre Rituale als „Psychodramen“ betitelt, wodurch die einzelnen Mitglieder eine positive Selbstbeeinflussung bzw. Selbstprogrammierung ausführen können, wodurch auch wieder ein Stück der Selbsterkenntnis vollzogen wird. Es werden also psychologische Komponenten verwendet, die wieder nach dem „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ funktionieren sollen. Nun, dies mag auf dem Papier und auch im Grundgedanken korrekt sein. Wenn man sich dann aber Teile dieser Rituale anschaut und diese auch analysiert – dies wird im Laufe des Kapitels mit der „Schwarzen Messe“ gemacht – erkennt man viele Denkfehler, Widersprüche und Fauxpas. Dies alles ist nicht schlimm, soll aber zeigen, dass man seine Selbstvergöttlichung auch ernst nehmen sollte, sodass man die vollzogenen Rituale auch in diese Bahnen lenkt. Wenn es darum geht, sich selbst zu vergöttlichen, muss man sich im Vorfeld auch wieder selbst erkannt haben, und verstehen, dass auch der Mensch seine animalischen Seiten und Triebe hat. Im philosophischen Satanismus wird versucht, dass man diese Anteile annehmen und auch leben kann. Gut so! Doch man muss sie auch beherrschen lernen, denn wenn man Sklave seiner Triebe oder seiner „animalischen Natur“ ist, ist man weit weg von einem göttlichen Zustand der Kontrolle, des Wissens, der Weisheit und der Macht.
Nun, es gibt aber auch satanische Ideen, die grundsätzlich von „Wissen und Weisheit“ entfernt sind. In den Sektenberatungen wird dies ganz gerne als „okkulter Neosatanismus“ oder auch als „historischer Satanismus“ beschrieben. In Wahrheit ist es eher ein „Satanismus der Unwissenheit“ oder auch „pubertärer Satanismus“, da dieser gerne von Jugendlichen ausgeführt wird, um sich selbst abzugrenzen und gleichzeitig aber auch über andere Menschen zu erheben. Hierbei wird immer versucht, den Teufel als reale Gestalt zu sehen, der mit Hörnern und Ziegenfuß auf einem Berg aus Schädeln sitzt. Gut, die Thematik mit Hörnern und Hufen finde man beim griechischen Hirtengott Pan, der in diesem Fall leider als eines der Vorbilder des absurden und immens christlich geprägten Satanismus verwendet wird. Pan ist ein Gott der Lebensfreude, der Lust und der Ausschweifungen, was in einem christlichen Kontext wahrlich teuflisch ist. Ferner wird auch der „gehörnte Gott“ – Cernunnos oder auch Herne – als Satan missbraucht, da die Heiden (aus christlicher Sicht) bzw. die Menschen der Naturreligion und des Keltentums mit diesem männlichen Prinzip der Natur gearbeitet haben.
Er ist der „gehörnte Gott“ oder auch der „Hirsch mit den sieben Geweihen“, der auch für Fruchtbarkeit, Sex, aber auch Königswürde und die Sonne steht. Dass hier leider ein irrwitziger und überflüssiger Satanismus gebastelt wurde, in dem Menschen- und Tieropfer vollzogen werden, ist genauso traurig, wie die Tatsache, dass es auch andere religiöse Extremisten gibt. Dumme Menschen bleiben einfach dumme Menschen, egal, ob sie nun unter dem Deckmantel des Christentums, des Judentums, des Islam, des Hinduismus, des Buddhismus oder des Satanismus agieren. Wenn man jedoch diese Dummheit noch mit einem pubertierenden und auch depressiven Geist mischt, kann es leicht sein, dass man eben einen angeblichen Kult beobachten kann, der dem Bild der Medien des „bösen Satanismus“ entspricht. Dieser „Teen-Satanismus“ oder auch „okkulter Neosatanismus“ basiert auf Schockelementen, auf Rebellion gegen die Bevormundungen der Eltern und der Schule, auf möglichen Minderwertigkeitskomplexen und den Willen Macht über irgendetwas auszuüben. Manchmal sind es auch Jugendliche, die einfach neugierig sind und Horrorfilme „nachspielen“ wollen, sodass hier obskure und eher niedliche Rituale entstehen, wo der Fürst der Finsternis angerufen wird. Traurig und ärgerlich ist es, wenn in diesen Ritualen Tiere oder Menschen leiden müssen, ein Umstand, der zwar gern immer auf den Satanismus gemünzt wird, jedoch nichts mit Satanismus zu tun hat. Hier haben die monotheistischen Religionen mit ihren Missbrauchsskandalen, ihren besonderen Schlachtungen (koscher / halal etc.) von Opfertieren, viel mehr mit dem „medialen Bild“ des Satanismus zu tun, als eine ein Mensch, der sich selbst über den Widersacher, den Rebellen definieren will. Im „Teen-Satanismus“ bzw. im „okkulter Neosatanismus“ kommt es jedoch auch immer wieder vor, dass christliche Weltanschauungen, Rituale und Materialien gezielt pervertiert werden. Doch auch dies hat nichts mit Satanismus zu tun. Es ist eine Diffamierung und Anprangerung des Christentums, sodass der blanke Hass und die unbändige Wut auf diese Religion irgendwie kanalisiert werden sollen. Wie und warum dieser Hass und diese Wut existieren, ist immer individuell zu beantworten. Liegt es an einer Erziehung, an einer Einengung durch das Elternhaus bzw. durch die Familie oder die Gesellschaft. Sind es negative Erfahrungen, die man mit dieser Religion gemacht hat – hier wären z. B. auch Fälle von sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen möglich, die immer wieder in kirchlichen Reihen vorkommen – oder geht es einfach nur um ein Feindbild, damit sich der Selbsthass auf andere richtet? Gründe gibt es hier unendlich viele, die aber alle im psychologischen Bereich zu finden sind.
Wenn man hingegen diese Form des Satanismus aus purer Neugier betreibt, ähnlich wie Gläserrücken oder in der Nacht auf Friedhöfen Umherlaufen, ist es nichts anderes als „Spiel und Spannung“, ein Interesse am Unbekannten – solange keine Tiere oder Menschen zu Schaden kommen. In sehr vielen Fällen wird aber diese Form des Satanismus verwendet, um seine sexuellen Eigenarten auszuleben, egal, ob es nun eine Form der Pädophilie, der Sodomie, des Sadismus oder des Masochismus ist. In diesem Fall wird auch gerne eine „satanische Weltsicht“ vorgeschoben, die besagen soll, dass sich jeder selbst der Nächste ist. Nun, statt „satanische Weltsicht“ könnte man auch „Kapitalismus“ oder „aktuelle Gesellschaft“ schreiben, wobei es im Satanismus nicht darum geht, dass man keine Rücksicht auf andere nimmt bzw. die klassische „Nächstenliebe“ fortlässt, nein, es geht darum, dass man sich nicht kontrollieren, überprüfen, begutachten, mustern und bestimmen lässt, dass man sich selbst erkannt hat und sich somit alleine Herr / Herrin nennen kann. Es geht darum, dass man sich nicht indoktrinieren lässt, da man seine eigene Wahrheit bzw. seinen eigenen Weg erkannt hat und diesen auch geht.
Wenn man seinen wahren Willen leben würde – voll und ganz – würde die Frage über einen Egoismus oder einem menschlichen Verhalten sowieso nicht mehr existieren, da man seinem Weg folgt, ohne dass es irgendwelche Barrieren gibt. Dies kann man aber nur verstehen und begreifen, wenn man seinen magischen Willen und seinen wahren Willen leben kann. Genau deswegen ist der Satanismus, wie jedes andere magische System, welches die Selbsterkenntnis und die Selbstevolution zu einem Kernthema erhoben hat, ein Werkzeug der Selbstverwirklichung, wobei hier das Selbst als ein energetisches Sammelsurium von verschiedenen energetischen Anteilen zu verstehen ist. Ob nun Hermetiker, Satanist, Schamane, Pagane, Hexe, Okkultist oder Mystiker – sie alle haben einen gemeinsamen Nenner, der Selbsterkenntnis und Selbstkontrolle lautet. Wenn man in der magischen Evolution weiter kommen will, muss man die Ketten und Fesseln der Gesellschaft, des Konsumterrors und der medialen Manipulation abwerfen. Dies kann nur funktionieren, wenn man weiß, wer und was man ist. Welches die jeweiligen Lebensaufgaben sind, welches die Existenzaufgabe ist und ob man seinen wahren Willen