„Also Beder, ich glaub, des war etz sowieso scho kurz vor Schluss. Den Film konnsd ja morgn früh aa in aller Ruhe widder zsammbabbn. Etz hommer ja alle scho gseeng, wie schäi dass in Ägibbdn is.“
Und mit schwärmerischem Blick fügte sie hinzu.
“Also, ich fahrerd scho aa ganz gern widder amal hie. Obwohl, obs nu so gemüdlich zugäihd wie damals, des glaab i nedd so rechd“.
Marga hatte sich mit ihrem Peter im Vorfeld natürlich über die Vorgehensweise abgesprochen. Die Filmvorführung war nur als Einstieg gedacht, danach sollten ausgiebige Schilderungen der damals erlebten Abenteuer und der Schönheiten des Landes folgen. Peter war ein anerkannt guter Unterhalter und Geschichtenerzähler und die Kleinleins versprachen sich vom Einsatz seines Talents eine zustimmungsfördernde Wirkung. Begleitet von einem erlesenen Essen und reichlich Getränken sollte dies dafür sorgen, dass die Freunde sich zu einer, diesmal gemeinsamen, Neuauflage der Reise in den Orient bewegen lassen würden.
„Glar, es muss ja nedd immer Mallorga sei“, meinte Simon Bräunlein endlich, aber noch ohne echte Überzeugung. Bei seiner Gattin war die Saat aber schon besser aufgegangen.
„Aweng was exodisches däd scho amal nedd schadn, odder? Nadürlich geh ich nedd auf die ganzn Besichdigunger mit, in dee stinkerdn Gräber und so. Iech leech mi hald derweil a wenig an Strand und lass mi von der ägybdischn Sunner braun brenner odder ich fahr mit an Boot a bissla naus auf die Korallnbänk“.
Peter hätte sich fast an seinem frisch eingeschenkten Weizen verschluckt.
„Genau, Gisela, dess machsd! Der Strand von Luxor is nämlich weldberühmd. Zwischn Hodell und Meer sinns ungefähr goude dreihunderd Kilomeder, allerdings kerzngrad durch die arabische Wüsde. Sand homms dordn genuch. Wennsd so willsd, is dess der breidesde Strand, dennsd jemals gseeng hosd. Aber vom Nilufer aus brauchersd zu Fuß hald a paar Wochn bisd äs erschde Mal die Welln siggsd“, hänselte Peter die Metzgersgattin.
„Abber amal im Ernst“, fügte er hinzu, „dess was du meinsd, dess gibbds nadürlich in Ägybdn scho auch, abber hald in die Badeorde am roodn Meer. Des is abber wo ganz wo anders und mit denne Kuldurdenkmäler, die mir seeng wolln, iss dord nedd gar so weid her. Woss des Badn angehd, da mussi di scho enddäuschn, dou konnsd höchsdns amal in an Hotelpool neischbringer.“
Und er schwenkte sofort um und begann die Schönheiten der geplanten Reise in den höchsten Tönen anzupreisen.
„Die Reise gehd immer am Nil entlang, dess hassd, von Kairo aus müss mer nach Luxor, wo dess Dal der Köniche lichd, den Flieger nehmer, wall die Gegend dazwischn fesd in der Hand von Islamisdn iss und die im Momend nedd so gut auf Durisdn zu sprechen sinn. Danach gäihds dann von Luxor aus immer weider nach Südn und immer am Fluss endlang bis nach Assuan.“
Im Prinzip hatte es vor Beginn der Beratungen bereits drei zu drei gestanden, denn die beiden Kleinleins waren sich einig, wohin die gemeinsame Reise dieses Frühjahr gehen sollte und Iwan hatte schon vor längerer Zeit signalisiert, dass er Lust hätte, wieder einmal auf große Fahrt zu gehen. Ägypten käme ihm da gerade recht. Nur einer von den verbleibenden Kandidaten musste sich also auf ihre Seite schlagen um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Lange mussten sich dann auch nicht auf den Erfolg warten, denn Lothar Schwarm, der Dorffigaro, war von den bewegten Bildern in Peters Film so begeistert, dass er trotz seiner sonst so vorsichtigen Art alle Vorbehalte vor einem vermeintlichen Abenteuer bei Seite schob und sich auf die Seite der Befürworter schlug.
„Allein scho die Birramidn, des muss mer einfach amal im Lebn gsehn haben. Dess letzde noch exisdierende Weldwunder! Und die wunderbarn Gräber im Daal der Könige! Ich möchd nedd amal sterbn und sagn müssn, dass ich nix von der Weld gseng hobb als wäi Rödnbach. Ich bin derbei!“
Und augenzwinkernd fügte er hinzu.
„Außerdem hodd des Ganze den gewaldichn Vordeil, dass unser Bäider nedd scho widder irgend a unerwünschde Leich in unsern schäiner Heimadord aufgabln konn. Leichen homms zwar gnouch in Ägybdn, abber dee sinn alle schon zwaa- bis dreidausnd Jahr ald, in Leinenlumbn eigwiggld und zoubabbd und etz liegns im Museum in auf Hochglanz bollierde gläsernere Schaukäsdn.“
Schallendes Gelächter brach allenthalben aus und besiegelte die einstimmige Entscheidung des Freundeskreises. Lothar Schwarm konnte sich gar nicht mehr zurückhalten und hüpfte ausgelassen auf dem Sofa auf und ab, war kaum mehr zu beruhigen. Immer wieder unterbrochen von lauthalsem Prusten brachte er nur mühsam heraus:
„Obwohl, dessmal wärs doch sogar amal sehr angenehm, wenn der Beder su a Leich finderd, a andigge nadürlich. Ich seh scho die Überschrifd in alle Zeidungen auf der ganzn Weld: Röthenbacher Durist entdeckt jahrtausende alte Mumie! Die Chancen, dass mer berühmd wern, dee warn noch nie su grouß. Ägybdn, mir kummer!“
Aufbruch
Von Rödnbach nach Frankfurt/Main
Schon in aller Herrgottsfrühe fanden sich die beiden Ehepaare Kleinlein und Bräunlein, sowie deren Freunde, der Dorffriseur Lothar Schwarm und Michael „Iwan“ Kowalew mit gepackten Koffern auf dem Röthenbacher Bahnhof ein. Es nieselte unangenehm und ein kalter Ostwind machte klar, dass der Winter zwar kalendarisch dem Frühjahr gewichen war, aber auch nicht einmal ansatzweise daran dachte, sich kampflos, das heißt ohne gelegentliche Störmanöver zurückzuziehen. So freuten sich alle auf Ägypten und seine wärmende Sonne.
Die S-Bahn fuhr mit kreischenden Bremsen ein. Die Freunde bestiegen den hintersten Wagen, wo sie es sich in einem überraschenderweise völlig leeren Abteil gemütlich machten. Alle waren in prächtiger Laune und in großer Aufregung. Obwohl alle schon längst die fünfzig, teilweise sogar die sechzig überschritten hatten, benahmen sie sich wie eine Gruppe aufgeregt gackernder Schüler auf Klassenfahrt. Peter, als begeisterter Filmer hatte sowohl seine neue Digitalkamera, als auch den Camcorder eingepackt. Er bat den eben eingestiegenen Zugbegleiter darum, eine Gruppenaufnahme zu machen. Dazu hielt er ihm den Fotoapparat entgegen und gab ihm zudem genaue Anweisungen.
„Sie braung bloß in dess Fensterler hindn schauer. Woss dord seeng, is nachher auf dem Bild drauf. Und abdrücken müssens oben auf dem länglichen Knopf. Ja, genau dou“, ergänzte er, als der Bahnbeamte, der natürlich auch nicht aus dem letzten Jahrhundert stammte, schon längst ein perfektes Foto geschossen hatte.
Die Stimmung war prächtig. Nach einer knappen halben Stunde stiegen die Reisenden in Nürnberg um in den ICE nach Frankfurt am Main, genauer gesagt Frankfurt/Main-Flughafen. Während der folgenden guten zwei Stunden Fahrt tauschten sie Erinnerungen an frühere Erlebnisse und freudige Erwartungen auf die bevorstehenden Abenteuer aus. Iwan trug eine Menge Seemannsgarn aus seiner aktiven Zeit im Dienste der christlichen Seefahrt bei. Die Gruppe konnte auf einen Außenstehenden leicht den Eindruck der berühmten „Unbedarften im Ausland“ aus dem gleichnamigen Roman von Mark Twain machen. Reihum wurde nachgeprüft, ob auch alle benötigten Papiere, Reisegutscheine, Fahrkarten, Ausweise tatsächlich eingepackt waren. Nicht, dass diese Nachkontrollen nicht schon zuhause x-mal durch exerziert worden wären, aber sicher ist eben sicher. Lothar brachte unter schallendem Gelächter und dem Anlass entsprechend, den uralten Sketch von Herbert Hisel, dem Nürnberger Humoristen aus den sechziger Jahren, zu Gehör. Dessen Helden hatten an der Grenze festgestellt, dass sie alles eingepackt hatten, aber leider nur das heimische Küchenbuffet fehlte. Er kam eben zur Pointe der lustigen Geschichte.
„…. wieso nou äs Küchnbüffee, woss soll mer nou mit dem? Ganz einfach, wall dou drauf unsere Bersonaalausweise lieng!“
Schallendes Gelächter auf allen Plätzen. Doch so schlimm würde es bei unseren Röthenbacher Orientreisenden nicht kommen. Alle hatten das Notwendige eingepackt. Es war immer noch früh am Morgen, als der Zug in den Frankfurter Airport-Bahnhof einrollte. Bis zum Einchecken war noch eine gute halbe Stunde Zeit, die sie in der riesigen Abflughalle damit verbrachten, ihr mitgebrachtes zweites Frühstück, Leberkäsweckla aus dem Hause Bräunlein zu verzehren und dabei die anderen Reisenden zu beobachten.
„Hosd