Rosenblut. Andreas Groß. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andreas Groß
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753195186
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möchte niemanden beschuldigen, aber es kommt schon eine Person in Frage, aber es ist nur ein Gefühl. Verlangen Sie daher keine Erklärung von mir.“

      „Wer ist es?“

      Richter zögert kurz, ehe er sagte: „Ihr Freund. Christoph Kehl.“

      Wolf verschränkte die Arme vor der Brust. „Warum sollte ausgerechnet ihr Freund sie bedrohen. Hat sie ihn verlassen?“

      „Nein, das nicht“, erwiderte Richter. „Im Grunde sehen sie sich sogar sehr selten. Ich habe den Verdacht, er hätte gerne eine festere Beziehung, was sie wohl bisher immer abgelehnt hat. Und wer soll bei der jungen Generation hinsichtlich ihrer Einstellung zu Heirat und Ehe schon durchblicken. Bisher zeigt sich keines meiner Kinder dazu bereit. Aber ich schweife ab. Dieser Christoph hat in meinen Augen etwas an sich, das ich nicht einschätzen kann. Und glauben Sie mir, ich besitze eine gute Menschenkenntnis. Doch Christoph Kehl ist für mich zu undurchsichtig.“

      Raphael unterdrückte ein Grinsen. Für ihn war das kein Grund, Kehl als Hauptverdächtigen zu betrachten. „Sie haben ihn bestimmt überprüfen lassen.“

      „Das stimmt“, gab Matthias Richter unumwunden zu. „Es gibt aber keine Auffälligkeiten. Er trinkt nicht, er raucht nicht, er geht selten aus. Er ist ... einfach ein unauffälliger Typ. Und genau das macht ihn für mich verdächtig.“

      Raphael schürzte die Lippen. „Schön, lassen wir das mal beiseite. Gibt es noch irgendetwas, was Sie veranlasst, die Bedrohung für Ihre Tochter ernst zu nehmen?“

      Richter tauschte einen kurzen Blick mit Cordes aus, der Wolf keineswegs entging. Der Ministerpräsident klopfte mit der Akte gegen sein linkes Bein.

      „Wir können es nicht beweisen, aber ich bin davon überzeugt, jemand ist in mein Büro zu Hause eingedrungen und hat meinen Computer benutzt. Es fehlt nichts und das Ereignisprotokoll weist keine Unregelmäßigkeit hinsichtlich eines Anmeldeversuchs auf.“ Er hob die rechte Hand. „Bevor Sie dies erneut als Nebensächlichkeit abtun, muss ich Ihnen erklären, dass mein Rechner für meine Familie tabu ist. Niemand darf ihn benutzen und auch das Arbeitszimmer während meiner Abwesenheit nur aus einem wichtigen Grund betreten. Es ist mein Heiligtum, mein Refugium, in das ich mich zurückziehe, wenn ich völlig ungestört sein will.“

      „Was hat dann Ihren Verdacht geweckt, dass jemand Ihr Büro unerlaubt betreten haben könnte?“, fragte Wolf.

      „Ich bin ein Pedant. Ein Ordnungsliebhaber, wenn man es nett formulieren will. Bei mir liegt alles an seinem Platz. Und als ich nach längerer Abwesenheit mein Büro betrat, habe ich sofort gesehen, dass jemand darin war. Ein Stift befand sich nicht mehr an der Stelle, an der ich ihn hingelegt hatte. Selbst meine Putzfrau würde es nicht wagen, die Sachen zu verrücken.“

      Raphael verzog keine Miene. Er hatte schon von den seltsamsten Macken vernommen, die Menschen besaßen. Daher gab es keinen Grund, warum er im Augenblick an den Worten des Ministerpräsidenten zweifeln sollte.

      Er holte tief Luft. „Sie haben mir zwar deutlich erklärt, warum Sie mit mir sprechen wollten, aber bisher ist mir noch nicht ganz klar, was Sie von mir wollen. Erwarten Sie, dass ich die Ermittlungen aufnehme? Ich glaube, dafür gibt es fähigere Kriminalbeamte.“

      Matthias Richter beugte den Oberkörper vor. In seinen Augen lag ein stechender Blick.

      „Hauptkommissar Wolf“, begann er. „Ich erwarte nicht, dass Sie in dieser Angelegenheit nur ermitteln. Jedenfalls nicht in erster Linie. Nein, ich erwarte, dass Sie meine Tochter beschützen.“

      3

      Verblüfft schaute Raphael den Ministerpräsidenten an. „Ich bin eher als ... Ermittler geeignet und denke, dass Sie für diese Aufgabe bessere ...“

      Matthias Richter unterbrach Wolf mit einer heftigen Handbewegung. „Papperlapapp. Ich habe mich über Sie informiert, Hauptkommissar Wolf. Ihre Akte ist, muss ich gestehen, sehr ... wie soll ich sagen? ... sehr aufschlussreich.“

      Raphaels Augen verengten sich. Er war keineswegs erfreut, dass Richter sich Einblick in seine Akte genommen hatte. Es gab Ereignisse in seinem beruflichen Leben, die nicht ohne Grund als streng vertraulich eingestuft waren.

      „Keine Angst“, erklärte Richter beruhigend. „Es geht mir nicht darum, jedes Detail Ihrer Vergangenheit zu erfahren. Jedenfalls finde ich es bemerkenswert, dass es in Ihrer offiziellen Akte einige Lücken gibt. Trotzdem konnte ich genügend Informationen einholen, die mich zu der Überzeugung gebracht haben, dass Sie der richtige Mann sind.“ Richter fuhr sich durch sein silbernes Haar und strich sich eine Strähne zurück, die ihm in die Stirn gefallen war. „Immerhin waren Sie einige Jahre beim Bundeskriminalamt. Ich denke, ich muss nicht extra erwähnen, dass ich weiß, bei welcher Abteilung Sie dort tätig waren ...“

      Wolf schüttelte den Kopf. Er wusste genau, worauf Matthias Richter anspielte. Schließlich war es kein Problem für ihn, entsprechende Erkundigungen bei den oberen Beamten dieser Behörde einzuholen. Schweigend blickte er ihn daher unvermindert an, während sich der Ministerpräsident erneut durch das Haar strich.

      „Zwar konnte ich nicht in Erfahrung bringen, warum Sie dort ausgeschieden und nach Kassel gegangen sind, aber Ihr damaliger Vorgesetzter, mit dem ich gesprochen habe, hat nichts Negatives über Sie und Ihre Arbeit geäußert. Er hat sogar gesagt, dass er sehr bedauert hat, dass Sie damals beim BKA ausgeschieden sind. Gleichzeitig hat er mir, was mich irritierte, jedoch zu verstehen gegeben, dass er Ihr Ausscheiden verstehen konnte. Er hätte an Ihrer Stelle nicht anders gehandelt.“

      Richter winkte abfällig mit der Hand. „Im Grunde kann mir dies auch egal sein, dennoch bin ich ein sehr neugieriger Mensch. Aber außer Gerüchte und ungenauen Äußerungen konnte ich nicht viel in Erfahrung bringen. Offenbar scheint bei einem Einsatz einiges schiefgelaufen zu sein, an dem man Ihnen die Schuld gegeben hat. Angeblich sollen Sie, und ich betone dies ausdrücklich, da es keine Bestätigung für diese Annahme gibt, jeden der Attentäter und ihren Auftraggeber eliminiert haben.“

      Raphael öffnete den Mund, aber ehe er eine Erwiderung hervorbringen konnte, hob Richter den linken Arm.

      „Sie brauchen dieses Gerücht weder zu leugnen noch zu bestätigen. Ich bin in erster Linie an einem Mann interessiert, der bereit ist, bis zum Äußersten zu gehen. Es handelt sich hier um meine Tochter und für sie würde ich alles tun.“

      In Richters Augen spiegelte sich sein eiserner Wille wider.

      Raphael war sich sicher, dass der Ministerpräsident eine Ablehnung niemals akzeptieren würde. Unwillig runzelte er die Stirn. Es ärgerte ihn schon ein wenig, dass er quasi als Babysitter benutzt werden sollte.

      „Verraten Sie mir wenigstens, warum Sie nicht einen Ihrer Personenschützer für diese Aufgabe nehmen? Immerhin sind sie eher mit Ihrer Tochter vertraut und dürften daher auch ihr Vertrauen genießen. Ich hätte dann mehr Spielraum, um dem Täter auf die Spur zu kommen.“

      Richter stieß einen tiefen Seufzer aus. „Wenn es so einfach wäre, hätte ich dies bereits veranlasst. Aber genau darin liegt ein weiteres Problem. Anja lehnt jede Art von Personenschutz ab. Sie glauben gar nicht, was für eine Diskussion ich mit ihr geführt habe. Außerdem ist sie fest davon überzeugt, dass ihr keine echte Gefahr droht. Ferner besitzt sie eine tief verwurzelte Abneigung gegenüber Polizisten. Als Ministerpräsident kann ich das vielleicht noch nachvollziehen, aber in diesem Fall bin ich in erster Linie ein sehr besorgter Vater. Verstehen Sie das?“

      Raphael nickte. „Sehr gut, auch wenn ich keine eigenen Kinder habe. Wenn sie jedoch jeden professionellen persönlichen Schutz ablehnt, wie soll ausgerechnet ich Ihnen helfen können? Schließlich bin ich ein Beamter der Kriminalpolizei.“

      Auf Richters Gesicht zeigte sich ein bitteres Lächeln. „Das ist richtig, aber erstens kennt Anja Sie nicht und zweitens müssen Sie sich ihr gegenüber nicht als Polizist zu erkennen geben. Ich habe mir überlegt, dass Sie sich ihr als Reporter nähern und dadurch ihre Bekanntschaft schließen könnten.“

      „Gewöhnlich sind Reporter und Journalisten bei den Angehörigen von Prominenten noch unbeliebter“,