Kind des Lichtes. Kerstin Wandtke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kerstin Wandtke
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742779953
Скачать книгу
von dem Wissen, das endlich das warten beendet wäre, und der Zug zu einer besseren Welt begonnen hatte.

      Sie lief schnell zum Feuer zurück und dachte über die Worte des alten Drachen nach. Sie sollte sie führen, ihr würden sie alle folgen? Wer würde ihr folgen? Und warum? Das alles war totaler Unsinn. Mutter und ihre Familie, gut, aber die Drachen? Oder andere? Unmöglich.

      Ich bin zu klein, zu jung und ich kenne die Welt da draußen überhaupt nicht. Ich sah nie etwas anderes als die dunklen Wälder des Nordens, und ausgerechnet ich soll sie führen? Sie verwarf diesen Gedanken, beschloss aber dennoch in der kommenden Nacht mit Mutter darüber zu reden.

      „Sieh, was ich erlegen konnte.“

      Raven warf einen großen, schwarzen Keiler in die Höhle und betrat diese dann Blut überströmt.

      Sie stürzte hastig zu ihm und untersuchte ihn schnell.

      „Nein,“ beruhigte er sie, obwohl ihre Sorge ihm gefiel, „das Blut ist von ihm, ich bin nicht verletzt.“ Und dann, plötzlich, brach alles über sie herein. Die Worte ihrer Mutter, die des Drachens, Ravens aussehen und ihr erschrecken darum, das alles wurde ihr jetzt zuviel, und sie klammerte sich einfach weinend an ihn. Behutsam und überrascht hob er sie hoch und trug sie zu ihren Fellen, legte sie dort sanft nieder und deckte sie zart zu.

      „Ich werde mich kurz mit etwas Schnee reinigen, dann komme ich zu dir, der Eber kann warten.“ Damit verließ er sie und sie kroch tiefer in die warmen Felle, als könne sie so ihren Gedanken entkommen. Es dauerte nur eine weile bis sie hörte, dass er zurückkam und sich zu ihr legte. Er nahm sie in seinen Arm und sie legte ihren Kopf auf seine Brust, dankbar für seine wärme.

      „Was ist nur mit dir, kleine Fee,“ sagte er zart, „manchmal bist du so heiter und ausgelassen wie ein junges Fohlen. Doch dann habe ich wieder das Gefühl, alle Last der Welt läge auf deinen Schultern.“ Er seufzte tief, „wenn ich nur wüsste, was dich quält und wie ich dir helfen könnte.“ Mit einem Ruck hob sie den Kopf und sah ihn ernst an.

      „Das heißt, ich kann dir helfen?“ Er sah sie verblüfft an, „wie, kannst du mir zeigen wie?“

      Sie erhob sich und dachte lange nach. Wie sollte sie ihm nur begreiflich machen, dass er sie nicht zurücklassen durfte. Sie überlegte lange, doch dann, nach einer Weile, schüttelte sie nur resigniert den Kopf. Ihr fiel einfach nichts ein und leise begann sie zu weinen. Raven setzte sich jetzt behutsam auf, zog sie an sich und hielt sie danach einfach nur fest im Arm.

      „Es ist gut, hörst du, alles wird gut. Sieh mich an,“ er hob ihren Kopf und wischte ihr eine Träne aus dem Gesicht, „wir werden einen Weg finden, um miteinander zu reden, ja?“

      Sie nickt langsam, glaubte ihm aber nicht. Dennoch streichelte sie ihm zärtlich und voller Dankbarkeit über sein schönes Gesicht und bemerkte wieder dieses angenehme Gefühl, das sie eigentlich immer in seiner Nähe hatte. Doch sie wollte die Höhle jetzt so schnell wie möglich verlassen, des alten Drachen und seiner verwirrenden Geschichten wegen. So erhob sie sich jetzt rasch und begann eilig große Stücke Fleisch aus dem Eber zu trennen. Raven sah ihr einen Moment überrascht zu bis er begriff und nun seinerseits zu Packen begann. Als sie später wieder in der Luft waren, schmiegte sie ihr kleines Gesicht an seine warme Brust und je mehr Raum er zwischen ihnen und der Höhle des Drachen brachte, desto wohler begann sie sich zu fühlen.

      Glücklich betrachtete sie den blauen Himmel. Atmete die kalte Luft, fühlte seinen kraftvollen Körper sich bewegen, streckte wieder ihre Hände aus, die er sofort ergriff und flog wieder mit ihm durch den stillen Winter einer ungewissen Zeit entgegen.

      Die Burg

      Mehrere Tage waren sie so schon unterwegs, als Raven am Nachmittag dieses Tags in der Ferne auf einem Berg eine alte, von Bränden geschwärzte Burgruine trohnen sah. Er zeigte sie ihr begeistert, doch Alina spürte sofort Unbehagen in sich aufsteigen.

      „Nun, was meinst du,“ rief er über den Wind, „es ist trocken und wir haben für diese Nacht ein Dach über dem Kopf.“ Sie war etwas unsicher angesichts des dunklen Gemäuers, nicke dann aber doch zögernd, obwohl etwas Bedrohliches von diesem Ort ausging.

      „Gut, es wird dir bestimmt gefallen.“ Das sah sie anders, aber ein wenig neugierig wurde sie dann doch, und sei es nur ihm zur Freude. Raven landete kurze Zeit später geschickt auf dem kleinen Burghof, band sie danach rasch los und bedeutete ihr wortlos hier auf ihn zu warten. Sie vermutete, dass er mit unfreundlichen Bewohnern rechnete und war froh, als er erst sehr viel später wieder auf dem kleinen Burghof erschien.

      „Es ist alles in Ordnung. Sie ist schon vor vielen Jahren verlassen worden,“ er schwang eine brennende Fackel, „komm, ich habe unten eine große Halle gefunden. Der Kamin ist frei und alte Möbel zum verbrennen sah ich auch.“ Er war aufgeregt wie ein kleines Kind, wollte ihr unbedingt etwas aus seinem Leben zeigen, nahm ihre Hand und zog sie ins düstere Innere der alten Burg. Voller Unbehagen lief sie hinter ihm her, doch verblüfft blieb sie im Vorraum der Burg stehen und sah sich mit großen wachen Augen erstaunt um. Die Steine unter ihren Füßen waren flach und glatt und sie glänzten nur schwach im Schein Ravens Fackel. Die Wände des Raumes, und, wie sie später feststellen sollte, auch aller übrigen, waren mit einem dunklen Holz verkleidet. Hinten, am Ende des Raumes schwang sich auf jeder Seite eine riesige Treppe nach oben und sie fühlte sich unangenehm an die Höhle des alten Drachens erinnert. Sie wich ängstlich zurück, doch Raven war schon an ihrer Seite.

      „Komm, hier gibt es nichts, wovor du dich fürchten musst,“ sagte er vergnügt, „außerdem bin ich bei dir und du vertraust mir doch, oder?“ Er sah ihr dabei fest in die Augen. Sie nickte, ergriff dennoch seine große Hand und ließ sich von ihm tiefer in dieses dunkle Gemäuer führen. Die Halle, die Raven meinte, lag links neben dem Raum mit den Treppen und beeindruckte sie noch mehr. Ihr Boden bestand aus abwechselnd schwarzen und weißen Steinen, die absolut regelmäßig angeordnet waren. Die Wände waren auch aus Holz, doch dieses schimmerte, trotz seines Alters, immer noch in einem tiefen Rotbraun und war zudem noch reich mit kunstvollen Schnitzereien bedeckt. Doch der Kamin war das Schönste, was sie bis dahin gesehen hatte und sie erinnerte sich später immer gern an seinen Anblick zurück. Er bestand aus einem leicht rosafarbenen Stein und wurde von zwei dicken Säulen eingefasst, über diesen lag eine starke Platte, doch das schönste an ihm waren die zwei Figuren, die auf jeder der Säulen hockten. Sie waren wie Raven, nur unbekleidet und zeigten dadurch ihre ganze Kraft, ihre ganze Macht und Männlichkeit. Die großen Schwingen wie zum Abflug erhoben, hockten sie dort zum Sprung bereit, und starrten wie stolz und erhaben auf Alina herunter. Raven trat hinter sie und folgte ihrem Blick.

      „Sie sind wunderschön,“ flüsterte er leise, „nicht wahr?“ Sie nickte, deutete dann auf eine der Figuren, danach auf ihn und sah ihn dabei fragend an.

      „Stimmt, sie stellen Männer meines Volkes dar,“ erklärte Raven ihr jetzt ruhig.

      „Diese Burg gehörte wohl einem der Großfürsten, aber das muss jetzt schon lange her sein,“ er legte einen Arm um ihre Schultern, „wahrscheinlich wurden sie von Menschen getötet oder sie konnten noch rechtzeitig fliehen.“ Sie sah ihn jetzt traurig an.

      „Kleine Fee, nicht traurig sein,“ er zog sie an sich,“ mein Volk lebt, und wird es auch in Zukunft. Es gab, solange ich mich zurückerinnern kann, immer Kriege zwischen den Menschen und uns, für sie sind wir Monster und manchmal stimmte es sogar.“ Sie sah entschlossen zu ihm auf und schüttelte ernst ihren Kopf. Raven musste nun doch etwas grinsen.

      „Oh, doch,“ sagte er nun, „in jedem Volk gibt es gut und böse. Ich hoffe das du keinem Wolf meines Volkes begegnest, denn manche von uns nehmen sich etwas, ohne vorher um Erlaubnis zu fragen.“ Er sah zärtlich zu ihr herunter.

      „Aber nicht, wenn ich es vorher nicht verhindern kann.“ Er lachte, küsste einmal ihren Scheitel und verließ dann die Halle um ihre Sachen zu holen. Sie blieb beim Kamin, sah wieder zu den prachtvollen Männern empor und konnte ihm kaum glauben, das einige seines Schlages auch böse sein konnten. Als Raven zurück kehrte half sie ihm mit