Heer, vergib mir, denn ich habe gekündigt!. Maximilian Jungwirth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Maximilian Jungwirth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754930328
Скачать книгу

      Das Ende des Krieges in Afghanistan kann Frieden bringen, doch dieser Frieden bringt auch das Ende der Freiheit für die afghanische Bevölkerung. Für Afghanistan selbst, vor allen Dingen aber für die Menschen vor Ort, wünscht man sich die 60er Jahre zurück, in denen Afghanistan ein Land ohne Krieg war. Ein Land, in dem es einst farbig war, in denen die Geschäfte florierten, die Frauen in westlicher Mode gekleidet waren und alle ein Leben in Freiheit genießen konnten. So wie wir es hier in Europa für zu selbstverständlich halten.

      Ende im Gelände

      Mai 2016

      Eigentlich ist meine momentane Situation ganz einfach zu erklären. Ich befinde mich genau an dem Punkt, den ich mir vorgenommen hatte zu erreichen. Na ja, noch habe ich das eigentliche Ziel nicht erreicht. Aber zumindest ist der Weg, den ich im September weitergehen werde, bereits von den gröbsten Steinen befreit.

      Es wird ein Lebensabschnitt beginnen, der nach Abschluss und Vollendung aller Prüfungen eine endgültige, auf die Zukunft gesehene finanzielle Unabhängigkeit und Selbstständigkeit sicherstellt. Somit das Erwachsenwerden abschließt, gleichzeitig aber das Erwachsensein beginnen lässt.

      Wie eine Frucht, die langsam und gemächlich gedeiht, heranwächst, reif wird, erwachsen wird und dann gepflückt werden kann – die Ernte also verbinde ich mit dem Erwachsensein. Gleiches gilt auch für Pickel, die sind jedoch lästig. Früchte schmecken, mir zumindest.

      Anfangs ist die Rede von einem steinigen Weg und von etwas, das auf mich zukommt. Vielleicht sogar etwas Schlimmes, Unabwendbares? Eine Operation? Eine Anstellung bei McDödel im Verkauf am Drive-in-Schalter? Oder gar die eigene Hochzeit? Nein.

      Was ich damit genau meine, ist die im September beginnende Weiterbildung zum Techniker. Die momentane Lage des Arbeitsmarktes und der sich daraus ergebende Plan, zumindest nach meiner Beobachtung des Geschehens, ist ziemlich simpel.

      Aufgrund der mangelnden Zahl an Ingenieuren in diesem Land, von dem Fachkräftemangel ganz zu schweigen, ist es mein Ziel, sofern ich die Weiterbildung zum staatlich geprüften Techniker der Fachrichtung Maschinenbau mit erfolgreichem Abschluss wieder verlasse, diese Lücke zu schließen und einen winzigen Beitrag zu leisten. Einen Beitrag zur Innovation auf mittlerer Führungsebene, vielleicht als Kommunikator zwischen Facharbeiter und Ingenieur? Im technischen Vertrieb oder aber in anderen Bereichen.

      So sieht es zumindest die Theorie. Also meine Theorie. Träumen wird man wohl dürfen.

      Nun, was hat mich auf diese Idee gebracht? Auf diese Theorie? Diesen Plan? Den Weg genau so zu gehen und mich nicht vielleicht doch für etwas anderes zu entscheiden?

      Die Antwort auf diese Frage finde ich in meinen Erinnerungen naher Vergangenheit. Bevor ich jedoch damit beginne, meine Geschichte zu erzählen, nochmal zurück zu meiner Frage. Warum weiterbilden? Warum den Gedanken haben, ich möchte etwas Bestimmtes können? Und zwar besser können als alle, o. k., alle ist ein bisschen weit hergeholt, sagen wir viele oder manch anderer.

      Warum denken »Ja, eine abgeschlossene Berufsausbildung – schön und gut«. Aber es reicht einfach nicht, zumindest mir nicht.

      Jetzt kann man sagen, gar eine Behauptung aufstellen oder fragen »Ja, warum denn nicht gleich studiert«? Wäre doch der bessere, schnellere, ja, der einfachere Weg gewesen? Dazu jedoch fällt mir nur ein einfaches »Nein« ein!

      Denn das ist doch der steinige Weg, von dem ich rede, mein Weg, der zweite Bildungsweg mit allen Ecken und Kanten, Herausforderungen und Erlebnissen, wie ich sie in den nachfolgenden Abschnitten erzählen werde.

      Wie die gedeihende, heranwachsende Frucht oder die lästigen Pickel, die keiner mag, ich zumindest nicht. Früchte hingegen schon.

      Sich auf etwas zu spezialisieren, gut, sehr gut oder gar der Beste in seinem Fach zu sein, etwas können und dieses Können vielleicht einmal selbst weiterzugeben, das ist es, was ich machen will. Außerdem, staatlich geprüfter Maschinenbautechniker hört sich doch besser an als Kfz-Mechatroniker, oder etwa nicht?

      Was mich letzten Endes auf diese Idee gebracht hat, mich also bei der Entscheidung bezüglich der Gestaltung meiner Zukunft bekräftigt hat, war eine Zeit und ein Lebensabschnitt, der nach meiner Ausbildung begann und für den ich mich aus freiem Willen und Wollen entschieden habe. Zugleich aber auch ein Lebensabschnitt, welcher mich auf Proben stellte und in dem es Momente mit Problemen gab, in denen ich für diese oftmals keine Lösungen parat hatte.

      Also eine Zeit, die mir nicht unbedingt leichtfiel, die sogar dafür sorgte, dass in mir ein klitzekleiner Umbruch stattfand, welcher jedoch marginal war, denn um mich erst einmal aus dem Häuschen zu bringen, muss schon gewaltig etwas aus dem Ruder laufen, was womöglich daran liegt, dass ich aufgrund meiner zum Positiven hin getrimmten Persönlichkeit die Dinge auch einfach lockerer betrachten kann, und zwar aus einer Perspektive, welche mir vermittelt, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt.

      Denn, betrachtet man einmal ein bestimmtes Problem, wie groß es auch sein mag, aus einer anderen Perspektive, aus einem anderen Blickwinkel, sagen wir aus dem Weltraum in unserem inneren Auge, und blickt von dort aus bei jedem Problem, das wir haben oder in Zukunft haben werden, zurück auf die Erde, auf unseren Kontinent, auf unser Land, auf unsere Stadt oder unser Dorf, auf unser Haus oder unsere Wohnung, letztendlich also auf unser Problem, welches von dort oben so klitzeklein, so nichtig und unbedeutend erscheint, zu Beginn jedoch so groß, schwerwiegend und unlösbar, dann merken wir, dass unser Problem, verglichen mit jenen, die die wirklichen Probleme haben, denen sozusagen der Arsch brennt, nicht einmal der Rede wert ist.

      Und somit hat eine jede Problemlösung ihren Ursprung im Betrachtungswinkel, in der Perspektive, gar einem anderen Ort. Da ein solcher Perspektivwechsel jedoch oftmals eine Frage der Zeit ist und Zeit in dieser hektischen Welt ein kostbares Gut. Wird es in Zukunft immer schwieriger werden, Probleme, also wichtige Probleme, und damit meine ich nicht den Pickel, der mich zurzeit am Arsch juckt, sondern die wirklich wichtigen unserer Gesellschaft. Also diejenigen Probleme, welche den nachfolgenden Generationen die Möglichkeit auf ein unbesorgtes Leben nehmen, entstanden durch Gier und Macht. All die Zeit also, die man bräuchte, um diese, die wichtigen Probleme zu lösen, schlichtweg nicht mehr da ist, weil sie uns mit rasender Geschwindigkeit uneinholbar davonläuft. Ich diese Zeit jedoch hatte und diese für meine klitzekleine, nichtige Problemwelt nutzte, um meine Perspektive zu wechseln und mein Bundeswehrproblem zu lösen. Dadurch gelang es mir, dem selbsteingebrockten Schlamassel zu entrinnen.

      Die Art und Weise beziehungsweise die Wahl des Rettungsringes war in keiner Hinsicht ein Vorwand oder gar eine Täuschung, was mir jedoch erst während dem In-Gang-Setzen der Bürokratenmaschinerie, also dem Lostreten eines kleinen Steines, der sich nach und nach zu einem großen Felsbrocken entwickelte, bewusst wurde. Denn dieser losgetretene kleine Stein, ausgelöst durch die tägliche Langeweile, das ständige Fragen nach einer Beschäftigung, die Frustration, welche in mir die ständige Frage nach dem Sinn aufflackern ließ, die Frage danach, warum ich mich für diese Erfahrung, dieses Erfahren der Erfahrung entschieden habe.

      All die gerauchten Zigaretten, der dazu in Massen getrunkene verkorkste Kaffee, der aus versifftem Rostwasser bestand, das aus bröckeligen Leitungen kam und genauso versifft und zerbröckelt war wie das System, in dem ich mich befand. All diese Dinge haben dazu geführt, dass ich mich zum heutigen Zeitpunkt wieder in ausgedienter Freiheit ohne Verpflichtungen gegenüber diesem System befinde.

      Dennoch blicke ich mit Freude auf manche Erinnerungen zurück, die bei mir oftmals ein Grinsen verursachen, denn diese Erinnerungen wurden mit anfänglich unbekannten Menschen erlebt, welche sich zuletzt zu Freunden entwickelten und mit denen ich auch heute noch in Kontakt stehe.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив