Verwehte Spuren. Franz Treller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Franz Treller
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754179130
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tiefschwarzem Haar eingerahmtem braunen Gesicht zwei funkelnde Augen blitzten. Aermlich und schmutzig war die Kleidung des Indianers. Ein altes, vom Wetter arg mitgenommenes Jagdhemd aus Baumwollenstoff deckte seine Gestalt bis zu den Knieen. Die Beine steckten in hirschledernen Gamaschen und seine Fußbekleidung war aus gleichem Stoff gefertigt. Das Gesicht trug den ernsten, fast melancholischen Ausdruck, der den Leuten roter Farbe so eigentümlich ist.

      Ein anmutiges Bild bot der rote Mann nicht.

      »John hat keine Lust zu reden,« fuhr Grover unbeirrt fort, denn er kannte die Art der roten Leute, »will er ein Glas Rum trinken.«

      »Er will nicht trinken,« entgegnete der Indianer ruhig.

      Darüber erstaunte Grover und sah den Indianer fragend an.

      »Willst du zur Jagd gehen?«

      »Vielleicht. Die weißen Leute sollten nach ihren Pferden sehen.«

      »Wie?« fuhr Grover empor, »weißt du etwas, John?«

      Der Indianer deutete ruhig auf den Boden und sagte: »Gestern waren die drei größten Pferdediebe Michigans hier.«

      »Bei Jove!« fuhr Grover empor, »du hast recht, hast du sie erkannt?«

      »Gestern war mein Auge trübe, aber heute ist es klar, ich sah ihre Spuren auf dem Boden. Wirst bald von ihnen hören.«

      »Es ist gut, daß das Land bereits ziemlich von der Anwesenheit der Schurken unterrichtet ist.«

      »Werden bald hören,« wiederholte der Indianer, »Tyron war darunter und die rote Hand.«

      »Die Schärfe der Sinne dieser Leute ist wunderbar, Sir,« sagte Grover zu dem Grafen, »sie lesen da, wo unser Auge nichts erblickt, die Zeichen des Bodens wie in einem offenen Buche. Du kennst die Schurken also, John?«

      »Ich kenne sie, sah oftmals ihre Spur in den Wäldern.«

      »Ist der, welchen du die >rote Hand< nennst, ein großer, breitschultriger Mann mit rauher Stimme?«

      In dem Auge des Indianers blitzte ewas Unheimliches auf, als er sagte: »Das ist die >rote Hand<.«

      »Weißt du, wie ihn die Weißen nennen?«

      »Sie nennen ihn bald Brooker, bald Morris.«

      »Der? der war's, den man in ganz Michigan schon seit drei Jahren sucht, der Mörder vom Kalamazoo, der war's? Dann, barmherziger Gott, schütze einsam liegende Farmen. Der Kerl,« wandte er sich an den Grafen, »hat vor drei Jahren in einem einsamen Farmhause, während die Männer auswärts waren, Weib und Kinder erschlagen, um unerkannt zu rauben, dennoch wurde seine Person mit Sicherheit festgestellt. Seitdem hat ihm ganz Michigan Rache geschworen, aber obgleich hie und da gesehen, ist er bis jetzt allen Verfolgungen entgangen. Den gebe Gott jetzt in die Hand des Richters. Mich schaudert, wenn ich daran denke, daß der Mörder hier erschienen sein könnte, während ich fern weilte. Hoffentlich sind unsre Boys schon auf der Fährte der Gesellen.«

      Der Indianer schüttelte langsam seine Pfeife aus, steckte sie in den Gürtel und erhob sich. Erst jetzt vermochte man die schlanke und doch muskulöse Gestalt des Mannes, der zwischen dreißig und vierzig Jahren zählen mochte, ganz zu würdigen. Er sagte: »Komm!« und schritt auf eines der Fenster zu, die andern folgten ihm. Hier wies der Indianer mit dem Finger auf die Erde. Grover beugte sich nieder und untersuchte den Boden mit Kennerblick, richtete aber dann sein Auge wieder fragend auf John. »Iltis,« sagte der lakonisch.

      »Iltis? der kleine Fred?«

      »So nennst du ihn!«

      »Segne meine Seele, war dieser Hauptgauner, dieser Pferdedieb und Hehler am Wege?«

      »Stand gestern abend hier am Fenster.«

      »Was wollte er denn?«

      »Zählte die Männer, die bei uns waren.«

      »Hatte er es auf meine Pferde abgesehen?«

      »Deine nicht. Denke, Jones hat zwanzig im Pferch im Walde.«

      »Nun, dann ist es ein Glück, daß der gestern abend den Tyron erkannt hat, er wird Fürsorge treffen, daß ihm kein Pferdeschwanz abhanden kommt. In dieser Nacht werden sie doch schwerlich bereits ihre Räuberhände ausgestreckt haben.«

      »Iltis sehr klug. Wußte, daß Farmer viel in Brook zu Versammlung.«

      »Alle Wetter, daß mir das alles erst jetzt erfahren! Hat sich mit einemmal die ganze Mord und Gaunerbande hier versammelt? Das ist ja eine Gefahr für das Land weit und breit. Was beginnen wir, John?«

      »Denken, ihm schießen tot wie Battle.«

      »Sollte mir auf den Schuß Pulver nicht ankommen,« brummte Grover, »nur erst haben. Daß die Halunken sich hierher trauen, wo erst kürzlich das blutige Exempel an ihrem Spießgesellen Battle vollstreckt worden ist? Muß ihnen anderswo zu heiß geworden sein. Hätte große Lust, zu Jones zu reiten und Nachfrage zu halten, wie es dort steht.«

      Graf Edgar hatte mit Aufmerksamkeit der Unterhaltung der beiden gelauscht und wandte sich nun an Grover mit der Frage: »Ihr habt hier viel unter Pferdediebstahl zu leiden?«

      »Es war eine Zeit lang eine Landplage hier in den westlichen Counties, haben uns vor ein paar Jahren endlich Ruhe geschafft. Wurde die Zeit über nichts von Pferdediebstählen gehört, war den Burschen der Boden zu heiß geworden. Wundre mich, daß sie sich hierher wagen; müssen das Land aufbieten, sind gefährliche Leute. Und hat der Indianer sich nicht geirrt, war der Kerl, mit dem Ihr gestern abend anbandet, wirklich der Morris, der blutige Mörder, dann macht sich auch alles, was eine Büchse führen kann, auf, um den Schurken zu verfolgen, sobald es nur im Lande bekannt ist. Schlimme Nachbarschaft, vor Hunger wahnsinnige Wölfe sind mir lieber.« Mit sorgenvoll gefalteter Stirn ging er ins Haus hinein. Der Graf winkte Heinrich heran und teilte ihm mit, daß der Indianer hier auf dem Erdreich unter dem Fenster Fußspuren entdeckt und sogar die Persönlichkeit des Lauschers festgestellt habe. Er forderte ihn auf, mit ihm gemeinschaftlich den Boden zu untersuchen. Beide beugten sich nieder und durchforschten denselben mit geschärften Blicken. Nach einer Weile richtete sich der Graf auf und sagte: »Ich kann nichts bemerken, du, Heinrich?«

      »Nein, Herr Graf, ich würde hier nimmer eine Menschenspur entdecken. Wenn der rote Mann hier etwas sieht, dann muß er andre Augen haben als ich.«

      Der Indianer stand dabei und verfolgte das Tun der beiden mit ruhiger Aufmerksamkeit. Zu ihm wandte sich jetzt Graf Edgar mit den Worten: »Will der rote Mann uns sagen, wie er hier menschliche Fußspuren zu entdecken vermag? Wir erblicken nichts.«

      John oder Athoree, wie sein indianischer Name lautete, trat näher und sagte mit höflicher Gebärde: »Der Fremde möge seine Augen auftun.« Er wies auf das kurze Gras, welches unter den Fenstern wucherte, und sagte: »Ihm steht gerade, hoch. Hier,« und er zeigte auf eine andre Stelle, »er nicht gerade beugt sich.« Und in der Tat bemerkten die beiden jetzt, daß, was ihnen gar nicht aufgefallen war, an einigen Stellen das Gras weniger aufrecht stand. »Iltis hier Gras niedertreten, Gras sich wieder aufrichten, hier entzweitreten,« und er zeigte ihnen einige geknickte Grashalme. Heinrich, hierauf aufmerksam gemacht, sagte staunend: »Das sind Jägeraugen, Herr Graf, das hätte ich niemals geglaubt, wenn ich es nicht selbst gesehen. Wahrhaftig, ja, jetzt, wo ich aufmerksam gemacht bin, glaube ich, daß ein Mensch hier gestanden haben kann.«

      Der Graf verwunderte sich nicht weniger über diese Probe indianischer Spürkraft, von der er bis jetzt nur gelesen hatte.

      »Wenn ich nicht irre, weiß der rote Mann auch, wer hier gestanden hat, wie hat er das herausgefunden?«

      Der Indianer bückte sich und bog das Gras an den gestern abend niedergetretenen Stellen auseinander.

      »Will der Fremde hierher blicken?« Die Augen des Grafen und Heinrichs folgten dem hinweisenden Finger Johns. »Hier, Eindruck eines Stiefels;« und in der Tat bemerkten sie in dem weichen Erdreich einen Eindruck, ohne indessen unterscheiden zu können, wovon er herrührte. »Absatz« sagt der Indianer »schief dicke Nägel. Sah Iltis im Walde gestern,