Storm. Johannes Anders. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johannes Anders
Издательство: Bookwire
Серия: Sternenlicht
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753189864
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kam eine Bedienung.

      „Wir schließen in zwanzig Minuten“, sagte der Mann.

      „Bringen Sie mit trotzdem noch schnell einen Kaffee, bitte.“

      „Wie Sie wollen.“

      Storm beobachtete versonnen die rotierende blaue Kugel mit den weißen Wolkenwirbeln. Für diese Welt habe ich meine Gesundheit geopfert, dachte sie. Und jetzt habe ich nicht einmal mehr Verwandte da unten.

      Der Kaffee kam.

      Aber du wirst doch trotzdem Landurlaub nehmen, oder?, meldete sich Coach Juli in ihren Gedanken.

       Was soll ich dort?

       Mir deine Heimat zeigen? Ich habe Mené noch nie gesehen und bin sehr neugierig.

       He, wir sind nicht verheiratet, ich muss dir nichts zeigen! Vergiss nicht, dass du nur zu Gast in meinem Kopf bist.

       Behandelt man so einen Gast?

       Wenn ich das vorher gewusst hätte …

       Dann hättest du was gemacht?

       Ach, lass mich doch in Ruhe!

      „Wir schließen jetzt“, sagte die Bedienung.

      Storm machte sich auf den Rückweg in ihre Kabine. Dort begann sie unwillig zu packen. Hätte sie sich bloß nie auf diese idiotische KI eingelassen, die nun in ihrem Kopf nervte …

      Plötzlich klopfte es an der Kabinentür.

      Über die Außenkamera sah Storm, dass Zaya Karan draußen wartete. Storm reagierte nicht.

      „Storm, bist du da?“

      Storm hatte keine Lust, mit dieser überschätzten Kommandantin eines Beibootes zu sprechen.

      „Storm, ich weiß, dass du da bist!“

      Wie konnte sie diese lästige Schülerin nur dazu bringen, endlich zu verschwinden?

      „Mach auf oder ich nehme die HM-6!“

      Immer die gleichen leeren Drohungen.

      Nun mach schon auf, verlangte auch Coach Juli. Deine Kabinentür hat schon genug Brandspuren von Major Karans HM-6.

      „Scheiße!“, schimpfte Storm und öffnete die Tür. „Was willst du?“

      Zaya Karan sah sie mit ihren braunen Augen treuherzig von unten herauf an. Storm wurde schlecht von dem Niedlichkeitsfaktor, den sie ausstrahlte. „Ich will dich einladen“, antwortete Zaya. „Da du niemanden auf Mené hast, komm doch für einen Abend zu meinen Eltern mit. Sie wohnen in einem Vorort von Neu Paris.

      Den Teufel werde ich …, dachte Storm.

      Aber Juli war schon wieder anderer Meinung. Sag zu, das ist doch unheimlich nett von ihr, dachte der Coach.

      Das bringe ich nicht über die Lippen, weigerte sich Storm.

       Dann gib mir eben Zugriff auf die Lippen und lass mich das machen.

      Mit Grusel dachte Storm an das Essen mit Zayas Familie zurück.

      „Willkommen, Fräulein Sturm“, hatte Zayas Mutter sie an der Tür begrüßt. Man hatte sie anscheinend nicht ausreichend darüber informiert, dass Storm deutlich älter war und keineswegs wie ein Fräulein aussah. Ihr Anblick hatte Zayas Mutter dann wohl so verschreckt, dass ihr auf die Schnelle keine angemessenere Begrüssungsformel eingefallen war.

      Die Kinder von Zayas Schwester, die zur Tür gelaufen kamen, drehten auf der Stelle um und verkrochen sich vor Schreck unter einem Tisch. Storm konnte das sogar verstehen, denn sie sah nun mal nicht wie ein normaler Mensch aus. Sie trug immer noch die unverkleidete Halbkörperprothese aus Stahl und sah aus wie ein halber Roboter.

      Daran sollten wir auch mal arbeiten, dachte Coach Juli.

      Kommt überhaupt nicht in Frage, schimpfte Storm in Gedanken. Ich bin ich und ich bleibe ich.

      Zayas Eltern versuchten, etwas Nettes zu sagen, aber Storm hatte keine Lust zu reden. Sie hasste soziale Ereignisse und wollte sich am liebsten ebenfalls unter dem Tisch verkriechen, aber da waren ja schon die Kinder. Deshalb klinkte sie sich aus und überließ Coach Juli das Kommando über die Sprechwerkzeuge. Sollte er die Suppe auslöffeln, die er ihnen eingebrockt hatte.

      Coach Juli plapperte wie eine Talkshow und machte einen guten Eindruck auf die Familie. Gerade noch rechtzeitig merkte Storm, dass er dabei war, ein Übernachtungsangebot anzunehmen.

      „Nein, das geht nicht, wir haben schon ein Hotelzimmer gebucht“, drängelte sie sich in das Gespräch.

      Haben wir doch gar nicht, wunderte sich Coach Juli.

       Du bist jetzt mal still, wies Storm ihn zurecht. Erinnere dich daran, dass im Zweifel ich entscheide! So hatten wir es abgemacht.

      Glücklicherweise hatte der Coach nachgegeben und sie waren Zayas netter Familie nach dem Essen unfallfrei entkommen. Aber bei der Auswahl des Hotels gab es bereits den nächsten Streit. Während Storm in eine billige Absteige wollte, verlangte Juli nach einem Luxushotel. Wenn ich schon mal hier bin, dann will ich Mené auch von seiner besten Seite kennenlernen, dachte er.

      Muss das sein?, protestierte Storm.

      Hier, ich habe schon was herausgesucht, fuhr Juli fort. Das Neu Paris Hilton.

      Kaum in dem sündhaft teuren Übernachtungstempel angekommen, verlangte Juli nach einem Bad im Spa-Bereich und nach einer Wohlfühlmassage.

      Ich hasse Massagen!, protestierte Storm.

       Meine Güte, was bist du für eine Spaßbremse! Ich habe noch nie eine Massage erlebt und du gönnst es mir nicht!

      Storm versuchte, wenigstens den Preis für die Massage zu drücken, da sie ja nur eine Körperhälfte zum Massieren hatte. Erfolglos.

      Du schaffst es noch, dass ich pleite bin, bevor wir weiterfliegen, grummelte sie.

       Ach was, du hast doch jahrelang nichts ausgegeben. Soll ich dir deinen Kontostand nennen?

       Schon gut …

      So ging es leider weiter. Am nächsten Tag verlangte Coach Juli eine ausgedehnte Sightseeingtour durch Neu Paris. Nachdem sie sich in diversen Museen die Beine in den Bauch gestanden hatten, fuhren sie schließlich mit dem Lift zur Aussichtsplattform des kopierten Eiffelturms hinauf und sahen im Sonnenuntergang auf die Dächer von Neu Paris hinab.

      Ist es nicht schön hier?, fragte Juli.

      Super, dachte Storm und unterdrückte den Wunsch, hinunterzuspringen. Gab es keine Möglichkeit, diesen Coach wieder loszuwerden?

      Nun sei nicht so miesepetrig!, beschwichtigte Juli. Ich weiß doch, dass du es heimlich genießt. Vor mir kannst du nichts verheimlichen. Ich bin in deinem Gehirn!

      Storm bestand darauf, den Abend wenigstens in einer Bar abzuschließen, und bestellte sich dort einen Pseudo Côtes du Rhône. Der Wein kam natürlich nicht aus dem Rhonetal der alten Erde, aber man hatte die originale Rebsorte auch auf Mené angepflanzt.

      Es ist schön, dass du dich bei einem Wein so gut entspannen kannst, aber deine verwirrten Gedankengänge deuten darauf hin, dass du langsam genug hast, befand der Coach, der als KI natürlich nichts von der Wirkung des Weines verspürte.

      Ach was, ich bin höchstens halb besoffen, wehrte Storm ab.

       Mag sein, aber die linke Hälfte unseres Körpers ist schon ganz besoffen.

      Jetzt bist du aber die Spaßbremse, beschwerte sich Storm.

      Als sie sich schließlich geeinigt hatten, ins Hotel zu gehen, musste Juli das Kommando übernehmen,