PRINZ HEINRICH. Wo sollen wir morgen einen Beutel erschnappen, Hans?
FALSTAFF. Wo du willst, Junge, ich bin dabei; wo ich's nicht tue, so nennt mich einen Schuft und foppt mich nach Herzenslust!
PRINZ HEINRICH. Ich werde eine schöne Bekehrung an dir gewahr; vom Beten fällst du aufs Beutelschneiden.
FALSTAFF. Je, Heinz! 's ist mein Beruf, Heinz; 's ist einem Menschen nicht zu verargen, daß er in seinem Berufe arbeitet.
Poins tritt auf.
Poins! – Nun werden wir hören, ob Gadshill was ausgespürt hat. Oh, wenn die Menschen durch Verdienst selig würden, welcher Winkel in der Hölle wäre heiß genug für ihn? Dies ist der überschwenglichste Spitzbube, der je einem ehrlichen Manne »Halt!« zurief.
PRINZ HEINRICH. Guten Morgen, Eduard.
POINS. Guten Morgen, lieber Heinz. – Was sagt Monsieur Gewissensbiß? Was sagt Sir John Zuckersekt? Sag, Hans, wie verträgt sich der Teufel und du um deine Seele, die du ihm am letzten Karfreitage um ein Glas Madera und eine Kapaunenkeule verkauft hast?
PRINZ HEINRICH. Sir John hält sein Wort, der Teufel soll seines Handels froh werden; er hat noch nie ein Sprichwort gebrochen; er gibt dem Teufel, was des Teufels ist.
POINS. Also bist du verdammt, weil du dem Teufel dein Wort hältst.
PRINZ HEINRICH. Sonst würde er verdammt, weil er den Teufel hinters Licht geführt hätte.
POINS. Aber, Jungen! Jungen! morgen früh um vier Uhr nach Gadshill. Es gehen Pilgrime nach Canterbury mit reichen Gaben, es reiten Kaufleute nach London mit gespickten Beuteln; ich habe Masken für euch alle, ihr habt selbst Pferde; Gadshill liegt heute nacht zu Rochester, ich habe auf morgen abend in Eastcheap Essen bestellt, wir können es so sicher tun wie schlafen. Wollt ihr mitgehn, so will ich eure Geldbeutel voll Kronen stopfen; wollt ihr nicht, so bleibt zu Haus und laßt euch hängen!
FALSTAFF. Hör' an, Eduard: wenn ich zu Hause bleibe und nicht mitgehe, so lass' ich euch hängen, weil ihr mitgeht.
POINS. So, Maulaffe!
FALSTAFF. Willst du dabei sein, Heinz?
PRINZ HEINRICH. Wer? ich ein Räuber? ich ein Dieb? Ich nicht, meiner Treu!
FALSTAFF. Es ist keine Redlichkeit in dir, keine Mannhaftigkeit, keine echte Brüderschaft; du stammst auch nicht aus königlichem Blut, wenn du nicht das Herz hast, nach ein paar Kronen zuzugreifen.
PRINZ HEINRICH. Nun gut, einmal in meinem Leben will ich einen tollen Streich machen.
FALSTAFF. Nun, das ist brav!
PRINZ HEINRICH. Ei, es mag daraus werden, was will, ich bleibe zu Haus.
FALSTAFF. Bei Gott, so werde ich ein Hochverräter, wenn du König bist.
PRINZ HEINRICH. Meinetwegen.
POINS. Sir John, ich bitte dich, laß den Prinzen und mich allein, ich will ihm solche Gründe für dies Unternehmen vorlegen, daß er mitgehen soll.
FALSTAFF. Gut, mögest du den Geist der Überredung und er die Ohren der Lehrbegierde haben, damit das, was du sagst, fruchten und das, was er hört, Glauben finden möge, auf daß der wahrhafte Prinz, der Erlustigung wegen, ein falscher Dieb werde; denn die armseligen Mißbräuche der Zeit haben Aufmunterung nötig. Lebt wohl, ihr findet mich in Eastcheap.
PRINZ HEINRICH. Leb wohl, du Spätfrühling! du alter Jungfern-Sommer!
Falstaff ab.
POINS. Nun, mein bester Zuckerprinz, reitet morgen mit uns: ich habe einen Spaß vor, den ich nicht allein ausführen kann. Falstaff, Bardolph, Peto und Gadshill sollen diese Leute berauben, denen wir schon aufpassen lassen; Ihr und ich, wir wollen nicht dabei sein; und haben sie nun die Beute, Ihr sollt mir den Kopf von den Schultern schlagen, wenn wir beide sie ihnen nicht abjagen.
PRINZ HEINRICH. Aber wie sollen wir uns beim Aufbruch von ihnen losmachen?
POINS. Wir wollen früher oder später aufbrechen und ihnen einen Platz der Zusammenkunft bestimmen, wo es bei uns steht, nicht einzutreffen; dann werden sie sich ohne uns in das Abenteuer wagen, und sobald sie es vollbracht, machen wir uns an sie.
PRINZ HEINRICH. Ja, doch es ist zu vermuten, daß sie uns an unsern Pferden, an unsern Kleidern und hundert andern Dingen erkennen werden.
POINS. Pah! unsre Pferde sollen sie nicht sehen, die will ich im Walde festbinden; die Masken wollen wir wechseln, wenn wir sie verlassen haben, und hör' du! ich habe Überzüge von Steifleinen bei der Hand, um unsre gewohnte äußre Tracht zu verlarven.
PRINZ HEINRICH. Aber ich fürchte, sie werden uns zu stark sein.
POINS. Ei, zwei von ihnen kenne ich als die ausgemachtesten Memmen, die je Fersengeld bezahlt haben; und was den dritten betrifft, wenn der länger ficht, als ratsam ist, so will ich die Waffen abschwören. Der Hauptspaß dabei werden die unbegreiflichen Lügen sein, die uns dieser feiste Schlingel erzählen wird, wenn wir zum Abendessen zusammenkommen: wie er zum wenigsten mit dreißigen gefochten, was er für Ausfälle, für Stöße, für Lebensgefahren bestanden; und daß er damit zu schanden wird, ist eben der Spaß.
PRINZ HEINRICH. Gut, ich will mit dir gehen: sorge für alles Nötige und triff mich morgen abend in Eastcheap; da will ich zu Nacht essen. Leb wohl!
POINS. Lebt wohl, mein Prinz!
Ab.
PRINZ HEINRICH.
Ich kenn' euch all' und unterstütz' ein Weilchen
Das wilde Wesen eures Müßiggangs.
Doch darin tu' ich es der Sonne nach,
Die niederm, schädlichem Gewölk erlaubt,
Zu dämpfen ihre Schönheit vor der Welt,
Damit, wenn's ihr beliebt, sie selbst zu sein,
Weil sie vermißt ward, man sie mehr bewundre,
Wenn sie durch böse, garst'ge Nebel bricht
Von Dünsten, die sie zu ersticken schienen.
Wenn alle Tag' im Jahr gefeiert würden,
So würde Spiel so lästig sein wie Arbeit:
Doch seltne Feiertage sind erwünscht,
Und nichts erfreut wie unverseh'ne Dinge.
So, wenn ich ab dies lose Wesen werfe
Und Schulden zahle, die ich nie versprach,
Täusch' ich der Welt Erwartung um so mehr,
Um wie viel besser als mein Wort ich bin;
Und wie ein hell Metall auf dunkelm Grund
Wird meine Beßrung, Fehler überglänzend,
Sich schöner zeigen und mehr Augen anziehn,
Als was durch keine Folie wird erhöht.
Ich will mit Kunst die Ausschweifungen lenken.
Die Zeit einbringen, eh' die Leut' es denken.
Ab.
Dritte Szene
Ein andres Zimmer im Palast.
König Heinrich, Northumberland, Worcester, Percy, Sir Walter Blunt und andere.
KÖNIG HEINRICH.
Zu kalt und zu gemäßigt war mein Blut,
Unfähig, bei den Freveln aufzuwallen,
Und