»Wer mich erwählt, der gibt und wagt sein alles dran.«
Du müßtest schöner aussehn, eh' ich's täte.
Was sagt das goldne Kästchen? Ha, laßt sehn!
»Wer mich erwählt, gewinnt, was mancher Mann begehrt.«
Was mancher Mann begehrt? – Dies mancher meint vielleicht
Die Torenmenge, die nach Scheine wählt,
Nur lernend, was ein blödes Auge lehrt;
Die nicht ins Innre dringt und, wie die Schwalbe,
Im Wetter bauet an der Außenwand,
Recht in der Kraft und Bahn des Ungefährs.
Ich wähle nicht, was mancher Mann begehrt,
Weil ich nicht bei gemeinen Geistern hausen,
Noch mich zu rohen Haufen stellen will.
Nun dann zu dir, du silbern Schatzgemach!
Sag mir noch 'mal die Inschrift, die du führst:
»Wer mich erwählt, bekommt so viel, als er verdient.«
Ja, gut gesagt: denn wer darf darauf ausgehn,
Das Glück zu täuschen und geehrt zu sein,
Den das Verdienst nicht stempelt? Maße keiner
Sich einer unverdienten Würde an.
O würden Güter, Rang und Ämter nicht
Verderbter Weis' erlangt, und würde Ehre
Durch das Verdienst des Eigners rein erkauft!
Wie mancher deckte dann sein bloßes Haupt!
Wie mancher, der befiehlt, gehorchte dann!
Wie viel des Pöbels würde ausgesondert
Aus reiner Ehre Saat! und wie viel Ehre
Gelesen aus der Spreu, dem Raub der Zeit,
Um neu zu glänzen! – Wohl, zu meiner Wahl!
»Wer mich erwählt, bekommt so viel, als er verdient.«
Ich halt' es mit Verdienst: gebt mir dazu den Schlüssel,
Und unverzüglich schließt mein Glück hier auf.
PORZIA.
Zu lang' geweilt, für das, was Ihr da findet.
ARRAGON.
Was gibt's hier? Eines Gecken Bild, der blinzt
Und mir 'nen Zettel reicht? Ich will ihn lesen.
O wie so gar nicht gleichst du Porzien!
Wie gar nicht meinem Hoffen und Verdienst!
»Wer mich erwählt, bekommt so viel, als er verdient.«
Verdient' ich nichts als einen Narrenkopf?
Ist das mein Preis? Ist mein Verdienst nicht höher?
PORZIA.
Fehlen und Richten sind getrennte Ämter,
Und die sich widersprechen.
ARRAGON.
Was ist hier?
»Siebenmal im Feu'r geklärt
Ward dies Silber: so bewährt
Ist ein Sinn, den nichts betört.
Mancher achtet Schatten wert,
Dem ist Schattenheil beschert.
Mancher Narr in Silber fährt,
So auch dieser, der Euch lehrt.
Nehmet, wen Ihr wollt, zum Weib,
Immer trägt mich Euer Leib:
Geht und sucht Euch Zeitvertreib!«
Mehr und mehr zum Narr'n mich macht
Jede Stunde, hier verbracht.
Mit einem Narrenkopf zum Frein
Kam ich her, und geh' mit zwei'n.
Herz, leb wohl! Was ich versprach,
Halt' ich, trage still die Schmach.
Arragon mit Gefolge ab.
PORZIA.
So ging dem Licht die Motte nach!
O diese weisen Narren! wenn sie wählen,
Sind sie so klug, durch Witz es zu verfehlen.
NERISSA.
Die alte Sag' ist keine Ketzerei,
Daß Frein und Hängen eine Schickung sei.
PORZIA.
Komm, zieh' den Vorhang zu, Nerissa!
Ein Bedienter kommt.
BEDIENTER.
Wo ist mein Fräulein?
PORZIA.
Hier; was will mein Herr?
BEDIENTER.
An Eurem Tor ist eben abgestiegen
Ein junger Venezianer, welcher kommt,
Die nahe Ankunft seines Herrn zu melden,
Von dem er stattliche Begrüßung bringt;
Das heißt, nebst vielen art'gen Worten, Gaben
Von reichem Wert; ich sahe niemals noch
Solch einen holden Liebesabgesandten.
Nie kam noch im April ein Tag so süß,
Zu zeigen, wie der Sommer köstlich nahe,
Als dieser Bote seinem Herrn voran.
PORZIA.
Nichts mehr, ich bitt' dich; ich besorge fast,
Daß du gleich sagen wirst, er sei dein Vetter:
Du wendest solchen Festtagswitz an ihn.
Komm, komm, Nerissa; denn er soll mich freun,
Cupidos Herold, so geschickt und fein.
NERISSA.
Bassanio, Herr der Herzen! laß es sein!
Alle ab.
Dritter Aufzug
Erste Szene
Venedig. Eine Straße.
Solanio und Salarino treten auf.
SOLANIO. Nun, was gibt es Neues auf dem Rialto?
SALARINO. Ja, noch wird es nicht widersprochen, daß dem Antonio ein Schiff von reicher Ladung in der Meerenge gestrandet ist. Die Goodwins, denke ich, nennen sie die Stelle: eine sehr gefährliche Sandbank, wo die Gerippe von manchem stattlichen Schiff begraben liegen, wenn Gevatterin Fama eine Frau von Wort ist.
SOLANIO. Ich wollte, sie wäre darin so 'ne lügenhafte Gevatterin, als jemals eine Ingwer kaute, oder ihren Nachbarn weis machte, sie weine um den Tod ihres dritten Mannes. Aber es ist wahr – ohne alle Umschweife, und ohne die gerade ebne Bahn des Gespräches zu kreuzen –, daß der gute Antonio, der redliche Antonio – o daß ich eine Benennung wüßte, die gut genug wäre, seinem Namen Gesellschaft zu leisten! –
SALARINO. Wohlan, zum Schluß!
SOLANIO. He, was sagst du? – Ja, das Ende