Monika Rothacher-Handschin
Der Kopf ist das Rätsel um glücklich zu sein
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Ich möchte ein Tagebuch schreiben über meine Zeit in der Klinik und der Tagesklinik. Ich kann aber nicht mehr über alles im Detail berichten. Das hätte ich gleich von Anfang an machen müssen und nicht erst vier Jahre später. Aber in dieser Zeit hatte ich weder den Kopf noch den Nerv dazu. Es war eine sehr schwere Zeit für mich. Ich möchte euch erzählen, was in einem Menschen vorgeht, wenn der Körper nicht mehr so funktioniert, wie man es gerne möchte. Und vielleicht findet sich jemand unter euch, die oder der das Gleiche durchgemacht hat oder sich noch in der Situation befindet.
Ich beginne mit meiner Geschichte.
Vorgeschichte
2013 hat alles angefangen. Ich arbeitete bei Coop den ganzen Tag und es ging mir sehr gut dabei. An einem Abend, als ich etwas bezahlen wollte an der Kasse, fühlte es sich an, als würde sich mein Hinterkopf nach oben zusammenziehen. Mir wurde es ganz komisch. Ich schaute die Kassiererin an und sagte zu ihr: «Du, ich glaube, ich muss sterben.» Sie schaute mich mit grossen Augen an und sagte: «Sicher nicht, was ist los?» Ich antwortete: «Mein Körper stellt sich ab.» Sie hat mich festgehalten und schon lag ich am Boden. Ich war aber nicht bewusstlos. Sie holten den Stellvertreter, der mich ins Büro führte. Von da an hatte ich immer so komische Wellen oder Schübe, wie ich sie nenne. Mein Mann holte mich ab und ich erzählte es ihm. Kaum waren wir in die Garage gefahren, kam wieder so ein Schub. Ich musste warten bis ich aussteigen konnte. Am nächsten Tag ging ich wieder arbeiten. Es ging keine halbe Stunde, da fing es wieder an. Ich rief meinen Vater an, der mich zum Arzt brachte. Dort meinte man, ich hätte wahrscheinlich Gleichgewichtsstörungen. Man hat mir Medikamente gegeben und ich ging nach Hause. Der Arzt schrieb mich für eine Woche krank. Am Wochenende fühlte ich mich wieder gut und ging am Montag arbeiten. Da viele Kolleginnen krank waren, musste ich am Kiosk aushelfen. Das machte ich gar nicht gerne. Als meine Kollegin in die Pause ging und ich allein war, spürte ich, dass mein Körper schwer wie ein Zementsack wurde. Ich konnte kaum mehr stehen. Ich rief meine Kollegin, die gleich meinen Chef holte. Er fragte mich, ob ich mich an die Kasse setzen möchte, aber ich sagte nein, denn ich habe keine Kraft mehr und kann kaum gehen. Also rief ich wieder meinen Vater an und er holte mich ab. Ich habe geweint und wusste nicht, was mit mir los war. Daheim rief ich meinen Arzt an und fragte, was ich machen soll. Er meinte, wenn es bis am nächsten Tag nicht gut geht, soll ich ins Spital. So war es auch. Leider konnte mich mein Vater nicht bringen. Ich konnte nicht aufstehen. Mein Körper machte mit mir, was er wollte. Ich dachte wieder, dass jetzt mein letztes Stündlein geschlagen hat. Ich kam nicht mehr aus dem Bett. Ich konnte nur noch den Kopf etwas bewegen, der Rest ging nicht mehr. Ich rief den Arzt an und er liess einen Krankenwagen kommen. Zu dritt holten sie mich aus dem Bett.
Und wie es halt so ist in einem Notfall, immer wieder kam jemand anderes zu mir der Fragen stellte. Langsam wurde ich ärgerlich. Statt immer mehr Fragen zu stellen, soll mir doch einfach jemand helfen. Ich blieb fast zwei Wochen im Spital. Dort haben sie alles nachgeschaut und geröntgt, Blut genommen usw. Aber sie haben nichts gefunden. Auch körperlich war alles in Ordnung, sagten sie. Ich erzählte dem Arzt noch, dass ich etwas ausprobiert hatte mit Essen und ich innert ein paar Wochen 10 Kilo abgenommen hatte. Ob das vielleicht etwas ausgelöst hätte? Ich habe ja im gleichen Tempo weitergearbeitet und gestresst, dass es dem Körper vielleicht zu viel wurde. Der Arzt meinte, das kann auch möglich sein. Auf jeden Fall wurde ich entlassen so wie ich reingekommen bin, ausser dass ich jetzt etwas laufen konnte, allerdings auch nur mit Hilfe meines Mannes.
Zu Hause alleine war gar nicht schön für mich. Ich konnte nicht alleine nach draussen gehen. Ich musste immer auf meinem Mann warten. Bei mir zitterte alles und ich hatte einen geschwächten Körper. So ging es weiter bis ich endlich wieder zum Hausarzt konnte. Wir besprachen die Situation und er gab mir Medikamente. Ich war noch einige Wochen krankgeschrieben. Danach fing ich wieder langsam zu arbeiten an. Ich wollte es einfach versuchen. Es ging nicht lange und es fing wieder an. Ich blieb wieder zu Hause, versuchte es aber immer und immer wieder. Ich merkte, dass es langsam aufwärts ging. Aber ich rechnete nicht mehr mit meinem Chef, der mich immer kritisiert oder blöde Sprüche gemacht hatte. Als ich noch funktionierte, war ich recht und jetzt, wo es nicht mehr geht, werde ich so geplagt. Es ging so weit, dass das Personalbüro zusammen mit den Versicherungen und dem Chef mich drängten, einen 50% Vertag zu unterschreiben. Ich fragte: «Was passiert, wenn ich das nicht mache?» «Sie bekommen die Kündigung!» Ich wartete noch ein paar Tage. Da es mir weiterhin schlecht ging und der Chef mir immer wieder blöde kam, rief ich beim Personalbüro an. Dort sagte man mir, dass die Personalchefin ausser Haus und erst am nächsten Tag wieder da sei. Ist gut, so rufe ich halt am nächsten Tag an. Ich ging wieder zurück zu meiner Arbeit und schon kam der Chef zu mir. Ich sagte, dass ich angerufen hätte, aber die Personalchefin sei nicht im Hause, erst morgen wieder. Ich war kaum fertig mit Reden, da rannte er ins Büro. Ich lachte und dachte mir, der geht jetzt sicher telefonieren um zu sagen, dass ich mich gemeldet habe. Ich war nicht mal ganz fertig mit Denken, da kam schon das Telefon und die Personalchefin war dran. Von da an wusste ich, dass alle unter einer Decke steckten. Mir ging es eh nicht gut, da ich erfahren hatte, dass mein Papi sehr krank war. Er hatte Schilddrüsenkrebs. Ich war so geschockt als man mir das mitteilte. Ich besuchte ihn im Spital so oft ich konnte. Er hatte mir schon lange gepredigt, ich solle endlich kündigen in diesem Laden. «Die machen dich ja ganz fertig» sagte er. Irgendwie wusste ich, dass er Recht hatte, aber mir hatte es trotzdem immer gefallen, irgendwie, doch irgendwie auch nicht mehr. Ich wusste überhaupt nicht mehr, was ich wollte und was nicht.
Meinem Papi ging es immer schlechter und ich spürte, dass er nicht mehr lange bei uns bleiben wird. Als der Tag kam und mir mein Bruder schrieb, dass es Papi ganz schlecht gehe, wollte ich eigentlich nicht vorbeigehen, erst am nächsten Tag. Aber irgendwie spürte ich eine Unruhe in mir und ich musste doch gehen. Als ich in das Zimmer kam und ich ihn so da liegen sah, brach ich in Tränen aus. Mein Bruder hielt mich fest. Wir waren zu viert dort. Einer meiner Brüder schlug vor, etwas essen zu gehen, aber ich wollte nicht, da ich Angst hatte, mein Papi könnte einschlafen und wir wären nicht da. Mein jüngerer Bruder Daniel sagte, dass sie uns anrufen würden. Also gingen wir schnell etwas essen. Als wir zurückkamen, sagte ich zu Daniel, dass ich hier bei ihm bleiben werde, auch wenn es Morgen wird. In diesem Moment war