Mit dem, was ich im allgemeinen über den Unterschied des Wissens von der Freiheit gesagt habe, und zwar zunächst in der Form, dass die Orientalen nur gewusst haben, dass Einer frei, die griechische und römische Welt aber, dass einige frei sind, dass wir aber wissen, alle Menschen an sich, das heißt der Mensch als Mensch sei frei, ist auch zugleich die Einteilung der Weltgeschichte und die Art, in der wir sie abhandeln werden, angegeben. Dies ist jedoch nur im Vorbeigehen vorläufig bemerkt; wir haben vorher noch einige Begriffe zu explizieren.
Es ist also, als die Bestimmung der geistigen Welt, und indem diese die substantielle Welt ist und die physische ihr untergeordnet bleibt, oder im spekulativen Ausdruck, keine Wahrheit gegen die erste hat, – als der Endzweck der Welt, das Bewusstsein des Geistes von seiner Freiheit und eben damit die Wirklichkeit seiner Freiheit überhaupt angegeben worden. Dass aber diese Freiheit, wie sie angegeben wurde, selbst noch unbestimmt und ein unendlich vieldeutiges Wort ist, dass sie, indem sie das Höchste ist, unendlich viele Missverständnisse, Verwirrungen und Irrtümer mit sich führt und alle möglichen Ausschweifungen in sich begreift, dies ist etwas, was man nie besser gewusst und erfahren hat als in jetziger Zeit; aber wir lassen es hier zunächst bei jener allgemeinen Bestimmung bewenden. Ferner wurde auf die Wichtigkeit des unendlichen Unterschieds zwischen dem Prinzip, zwischen dem, was nur erst an sich, und zwischen dem, was wirklich ist, aufmerksam gemacht. Zugleich ist es die Freiheit in ihr selbst, welche die unendliche Notwendigkeit in sich schließt, eben sich zum Bewusstsein, – denn sie ist, ihrem Begriff nach, Wissen von sich, – und damit zur Wirklichkeit zu bringen: Sie ist sich der Zweck, den sie ausführt, und der einzige Zweck des Geistes. Dieser Endzweck ist das, worauf in der Weltgeschichte hingearbeitet worden, dem alle Opfer auf dem weiten Altar der Erde und in dem Verlauf der langen Zeit gebracht worden. Dieser ist es allein, der sich durchführt und vollbringt, das allein Ständige in dem Wechsel aller Begebenheiten und Zustände, so wie das wahrhaft Wirksame in ihnen. Dieser Endzweck ist das, was Gott mit der Welt will, Gott aber ist das Vollkommenste und kann darum nichts als sich selbst, seinen eignen Willen wollen. Was aber die Natur seines Willens, d. h. seine Natur überhaupt ist, dies ist es, was wir, indem wir die religiöse Vorstellung in Gedanken fassen, hier die Idee der Freiheit nennen. Die jetzt aufzuwerfende unmittelbare Frage kann nur die sein: Welche Mittel gebraucht sie zu ihrer Realisation? Dies ist das zweite, was hier zu betrachten ist.
b) Diese Frage nach den Mitteln, wodurch sich die Freiheit zu einer Welt hervorbringt, führt uns in die Erscheinung der Geschichte selbst. Wenn die Freiheit als solche zunächst der innere Begriff ist, so sind die Mittel dagegen ein Äußerliches, das Erscheinende, das in der Geschichte unmittelbar vor die Augen tritt und sich darstellt. Die nächste Ansicht der Geschichte überzeugt uns, dass die Handlungen der Menschen von ihren Bedürfnissen, ihren Leidenschaften, ihren Interessen, ihren Charakteren und Talenten ausgehen, und zwar so, dass es in diesem Schauspiel der Tätigkeit nur die Bedürfnisse, Leidenschaften, Interessen sind, welche als die Triebfedern erscheinen und als das Hauptwirksame vorkommen. Wohl liegen darin auch allgemeine Zwecke, ein Guteswollen, edle Vaterlandsliebe; aber diese Tugenden und dieses Allgemeine stehen in einem unbedeutenden Verhältnisse zur Welt und zu dem, was sie erschafft. Wir können wohl die Vernunftbestimmung in diesen Subjekten selbst und in den Kreisen ihrer Wirksamkeit realisiert sehen, aber sie sind in einem geringen Verhältnis zu der Masse des Menschengeschlechts; ebenso ist der Umfang des Daseins, den ihre Tugenden haben, relativ von geringer Ausdehnung. Die Leidenschaften dagegen, die Zwecke des partikularen Interesses, die Befriedigung der Selbstsucht, sind das Gewaltigste; sie haben ihre Macht darin, dass sie keine der Schranken achten, welche das Recht und die Moralität ihnen setzen wollen, und dass diese Naturgewalten dem Menschen unmittelbar näher liegen als die künstliche und langwierige Zucht zur Ordnung und Mäßigung, zum Rechte und zur Moralität. Wenn wir dieses Schauspiel der Leidenschaften betrachten und die Folgen ihrer Gewalttätigkeit, des Unverstandes erblicken, der sich nicht nur zu ihnen, sondern selbst auch und sogar vornehmlich zu dem, was gute Absichten, rechtliche Zwecke sind, gesellt, wenn wir daraus das Übel, das Böse, den Untergang der blühendsten Reiche, die der Menschengeist hervorgebracht hat, sehen, so können wir nur mit Trauer über diese Vergänglichkeit überhaupt erfüllt werden, und indem dieses Untergehen nicht nur ein Werk der Natur, sondern des Willens der Menschen ist, mit einer moralischen Betrübnis, mit einer Empörung des guten Geistes, wenn ein solcher in uns ist, über solches Schauspiel enden. Man kann jene Erfolge ohne rednerische Übertreibung, bloß mit richtiger Zusammenstellung des Unglücks, das das Herrlichste an Völkern und Staatengestaltungen wie an Privattugenden erlitten hat, zu dem furchtbarsten Gemälde erheben und ebenso damit die Empfindung zur tiefsten, ratlosesten Trauer steigern, welcher kein versöhnendes Resultat das Gegengewicht hält, und gegen die wir uns etwa nur dadurch befestigen, oder dadurch aus ihr heraustreten, indem wir denken: es ist nun einmal so gewesen; es ist ein Schicksal; es ist nichts daran zu ändern; und dann, dass wir aus der Langenweile, welche uns jene Reflexion der Trauer machen könnte, zurück in unser Lebensgefühl, in die Gegenwart unsrer Zwecke und Interessen, kurz in die Selbstsucht zurücktreten, welche am ruhigen Ufer steht und von da aus sicher des fernen Anblicks der verworrenen Trümmermasse genießt. Aber auch indem wir die Geschichte als diese Schlachtbank betrachten, auf welcher das Glück der Völker, die Weisheit der Staaten und die Tugend der Individuen zum Opfer gebracht worden, so entsteht dem Gedanken notwendig auch die Frage, wem, welchem Endzwecke diese ungeheuersten Opfer gebracht worden sind. Von hier aus geht gewöhnlich die Frage nach dem, was wir zum allgemeinen Anfange unsrer Betrachtung gemacht; von demselben aus haben wir die Begebenheiten, die uns jenes Gemälde für die trübe Empfindung und für die darüber sinnende Reflexion darbieten, sogleich als das Feld bestimmt, in welchem wir nur die Mittel sehen wollen für das, was wir behaupten, dass es die substantielle Bestimmung, der absolute Endzweck, oder was dasselbe ist, dass es das wahrhafte Resultat der Weltgeschichte sei. Wir haben es von Anfang an überhaupt verschmäht, den Weg der Reflexionen einzuschlagen, von jenem Bilde des Besonderen zum allgemeinen aufzusteigen; ohnehin ist es auch nicht das Interesse jener gefühlvollen Reflexionen selbst, sich wahrhaft über diese Empfindungen zu erheben und die Rätsel der Vorsehung, welche in jenen Betrachtungen aufgegeben worden sind, zu lösen. Es ist vielmehr das Wesen derselben, sich in den leeren, unfruchtbaren Erhabenheiten jenes negativen Resultats trübselig zu gefallen. Wir kehren also zum Standpunkte, den wir genommen, zurück, und die Momente, die wir darüber anführen wollen, werden auch die wesentlichen Bestimmungen für die Beantwortung der Fragen, die aus jenem Gemälde hervorgehen können, enthalten.
Das erste, was wir bemerken, ist das, was wir schon oft gesagt haben, was aber, sobald es auf die Sache ankommt, nicht oft genug wiederholt werden kann, dass das, was wir Prinzip, Endzweck, Bestimmung, oder die Natur und den Begriff des Geistes genannt haben, nur ein Allgemeines, Abstraktes ist. Prinzip, so auch Grundsatz, Gesetz ist ein Inneres, das als solches, so wahr es auch in ihm ist, nicht vollständig wirklich ist. Zwecke, Grundsätze usf. sind in unsern Gedanken, erst in unsrer inneren Absicht, aber noch nicht in der Wirklichkeit. Was an sich ist, ist eine Möglichkeit, ein Vermögen, aber noch nicht aus seinem Inneren zur Existenz gekommen. Es muss ein zweites Moment für die Wirklichkeit hinzukommen, und dies ist die Betätigung, Verwirklichung, und deren Prinzip ist der Wille, die Tätigkeit des Menschen überhaupt. Es ist nur durch diese Tätigkeit, dass jener Begriff sowie die an sich seienden Bestimmungen realisiert, verwirklicht werden, denn sie gelten nicht unmittelbar durch sich selbst. Die Tätigkeit, welche sie ins Werk und Dasein setzt, ist des Menschen Bedürfnis, Trieb, Neigung und Leidenschaft. Daran, dass ich etwas zur Tat und zum Dasein bringe, ist mir viel gelegen, ich muss dabei sein, ich will durch die Vollführung befriedigt werden. Ein Zweck, für welchen ich tätig sein soll, muss auf irgendeine Weise auch mein Zweck sein; ich muss meinen Zweck zugleich dabei befriedigen, wenn der Zweck, für welchen ich tätig bin, auch noch viele andere Seiten hat, nach denen er mich nichts angeht. Dies ist das unendliche Recht des Subjekts, dass es sich selbst in seiner Tätigkeit und Arbeit befriedigt findet. Wenn die Menschen sich für etwas interessieren sollen, so müssen sie sich selbst darin haben und ihr eignes Selbstgefühl darin befriedigt finden. Man muss einen Missverstand hierbei vermeiden: man tadelt es und sagt in einem üblen Sinne mit Recht von einem Individuum, es sei überhaupt interessiert, das heißt,