Star-Liner. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Sky-Navy
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754180983
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Beurlaubung

       Sky-Base Arcturus, High-Command der Sky-Navy des Direktorats

      „Das kommt überhaupt nicht in Frage. Ich werde hier gebraucht.“

      Die Stimme von Joana Redfeather klang ebenso ruhig wie entschlossen. Ihr Vater, Hoch-Admiral John Redfeather, Oberkommandierender der Streitkräfte des Direktorats der Menschheit, kannte diesen Tonfall zu Genüge und wusste, dass sich seine „Kleine“ niemals freiwillig von ihrer Meinung abbringen lassen würde.

      Sie beide standen vor der großen Panoramascheibe im Dienstraum des Admirals und ihre Ähnlichkeit war ebenso wenig zu leugnen wie ihre Abstammung vom indianischen Volk der Sioux. Der kupferfarbene dunkle Teint und die beiden geflochtenen dicken Haarzöpfe, welche sie beide aus traditionellen Gründen trugen, passten eigentlich nicht zu dem sonst üblichen „Haarschnitt“ kämpfender Soldaten. Selbst wer den Helm eines Kampfanzuges nur gelegentlich trug, bevorzugte eine Haarlänge von Millimetern, damit die Kontaktsensoren des Helms fehlerlos funktionierten. Joana und John hatten sich zusätzliche Verstärker unter die Kopfhaut einpflanzen lassen, damit sie ihre langen und seidig schimmernden schwarzen Haare nicht kürzen mussten.

      Beide trugen die Dienstuniform der Streitkräfte. Lange himmelblaue Hosen, lange dunkelgrüne Jacken und das himmelblaue Barett. Nur die Rangabzeichen und der farbige Besatz der Uniformteile unterschieden sich. Das Gelb der Raumkavallerie, der Sky-Troopers, bei Joana und das „UNO-Blau“ der Sky-Navy bei ihrem Vater.

      „Ja, du wirst gebraucht, Joana, doch niemand ist unersetzlich“, erwiderte er mit ruhiger Stimme. „Selbst ich nicht.“

      „Unsinn, Dad. Wir sind in einer kritischen Phase. Du weißt, wir arbeiten mit allen Kräften daran, die Streitkräfte nicht nur auf ihre alte Stärke zu bringen, sondern auch zusätzliche Truppen und Schiffe in Dienst zu stellen. Und jetzt, wo wir durch die Hiromata-Förderung auf Honcrest-3 endlich in der Lage sind, unsere Schiffsbaukapazitäten voll auszuschöpfen, da willst du mich in Urlaub schicken? Vergiss es.“

      Er hätte es ihr einfach befehlen können, doch hier handelte es sich um ein Gespräch zwischen Vater und Tochter. Privat, wie es nur selten die Gelegenheit dazu gab. „Joana, die vergangenen Jahre und Monate haben an unseren Kräften gezehrt. Ich habe in den letzten Tagen schon eine ganze Reihe guter Leute in den Urlaub geschickt. Ich brauche sie fit und ausgeruht und das gilt auch für dich. Vor allem für dich. Du gehörst zu der Gruppe jener Menschen, denen ich blindlings vertraue und Vertrauen ist derzeit ein kostbares Gut.“

      Ihr Blick wurde nachdenklich. „Du spielst auf die Ereignisse auf Honcrest-3 an? Auf die Mordbande, welche die alte Minenbesatzung massakrierte?“

      „Es wäre schön, wenn es sich nur um eine Mordbande handeln würde. Gangster, die aus reiner Geldgier rauben und morden. Doch du weißt selber, dass da weitaus mehr dahinter steckt. Denk an die Ereignisse auf der Wirbelwelt und an andere Vorfälle … Wir haben es mit einem gut ausgerüsteten und organisierten Feind zu tun. Ein Feind, der aus den Reihen der Menschheit kommt. Wir kennen weder seine genauen Absichten noch seine genauen Möglichkeiten. Doch er muss stark sein, wenn er sich ganz offen mit uns anlegt.“

      „Ein Grund mehr, dass ich im Dienst bleiben muss“, meinte sie mit halbherzigem Lächeln.

      „Ein Grund mehr, dass ich dich ausgeruht brauche. Kleines, es braut sich etwas zusammen. Im hohen Rat des Mars gibt es wieder Vertreter von Siedlungswelten, die nach Autarkie streben. Die einst von den Piraten der schwarzen Bruderschaft erbeuteten Walzenschiffe wurden modernisiert und nicht, wie ursprünglich vereinbart, der Navy unterstellt, sondern bilden nun wieder etwas, das ich als ‚koloniale Flotte‘ bezeichnen würde. Was weißt du über CoBRA?“

      „Die Veteranenorganisation?“

      „Eben die.“

      „Kurz- oder Langfassung?“

      „Ein gesundes Mittelmaß“, antwortete er und ging zum Getränkespender, um ihnen beiden einen Fruchtsaft zu holen. „Und du darfst gerne spekulieren. Sag, was du weißt und was du vermutest.“

      Joana warf einen kurzen Blick auf ein Langstrecken-Shuttle, welches gerade in ihr Gesichtsfeld kam und Kurs auf einen der Andock-Pylone und das dort liegende Träger-Schlachtschiff nahm. Die D.C.S. Trafalgar war in den letzten Kämpfen beschädigt worden, doch nun gingen die Instandsetzungen dem Ende entgegen. Joana war Major der Sky-Cavalry und befehligte das erste Bataillon der fünften Raumkavallerie. Ihre Truppe sollte sich in der kommenden Woche auf dem Träger einschiffen.

      „CoBRA …“ Sie sprach das Wort sehr nachdenklich aus, denn mit dem Begriff waren angenehme und unangenehme Erinnerungen verbunden. In letzter Zeit überwogen eindeutig die negativen. „Erlaubst du, dass ich etwas weiter aushole?“

      „Ich weiß, dass dir das hilft, deine Gedanken in geordnete Bahnen zu lenken.“ Er reichte ihr das Glas mit Saft und sah zu, wie sie daran nippte. Ihre Gedanken befassten sich längst mit jener Organisation, die ihnen beiden in der näheren Vergangenheit immer zweifelhafter erschienen war. „Also, Kleines, was denkst du?“

      Bilder aus der Vergangenheit drängten sich ihr auf. An jenen Einsatz, bei dem sie als Lieutenant an der Rettungsmission für das Volk der Hanari teilgenommen hatte. Deren Sonne drohte damals zur Nova zu werden und die Menschheit hatte sich entschlossen, die Hanari zu evakuieren und auf eine andere Welt umzusiedeln. Nicht jeder war mit der aufwändigen und extrem kostspieligen Mission einverstanden gewesen, es hatte Versuche gegeben, sie zu sabotieren. Man hatte die Sprachdateien vernichtet, so dass die geplante Verständigung mit den Hanari unmöglich wurde. So war aus der Rettungsmission zugleich ein Kampfeinsatz geworden, bei dem sich die Hanari nach Kräften gegen die scheinbare Invasion der Menschen wehrten. Joanas Captain war damals gefallen und sie unerwartet in dessen Position aufgerückt. Das lag nun viele Jahre zurück. Inzwischen war sie Major und die Hanari zu Freunden der Menschen geworden. (Anmerkung: Sky-Troopers (Folge 1.)

      „Als wir auf der alten Welt der Hanari landeten“, begann sie zögernd, „da benötigten wir weitaus mehr Truppen, als dem Direktorat zur Verfügung standen. Damals hob man Dutzende von Freiwilligen-Regimentern aus, die nach erfolgreichem Abschluss der Evakuierung nicht mehr benötigt wurden. Einige der Veteranen gründeten eine Organisation, um ehemaligen Kameraden Hilfe leisten zu können. Sie halfen bei der Suche nach einer Arbeitsstelle, einer Aufgabe oder Wohnung oder auch nur als Anlaufstelle, wo die Veteranen über das sprechen konnten, was sie im Innersten bewegte. Dieser Veteranenverband nennt sich CoBRA, wobei dies für Corporated Brotherhood of Retired Members of Arms steht. Im Grunde eine gemeinnützige Organisation, deren Mitglieder einander in den verschiedensten Notlagen beistehen.”

      „Im Grunde?“ Er lächelte sanft. „Es gibt also Ausnahmen?“

      Joana zuckte mit den Schultern. „Die Begegnung mit dieser CoBRA-Rettungsgruppe auf der Wirbelwelt ist für mich der Beweis, dass zumindest einige Angehörige dieses Veteranenverbandes zu kriminellen Handlungen fähig sind. Man versuchte, mich und meine Truppe zu töten, um den illegalen Abbau auf jener Welt geheim zu halten.“ (Anmerkung: Siehe Sky-Troopers 5 – Die Wirbelwelt.)

      „CoBRA behauptet, dass man damit nichts zu tun habe. Zwar schickte man dieses so genannte ‚Rettungs-Team‘, aber angeblich wusste man nichts von deren verbrecherischen Absichten.“

      Joanas Lachen klang spöttisch. „Es fällt mir schwer, das zu glauben. Diese CoBRA-Einheit brachte schwere Waffen und Kampffahrzeuge mit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Führung dieser Organisation davon nichts mitbekommen hat.“

      „Während der Rettungsmission für die Hanari kam es, aufgrund der fehlenden Verständigung, zu Kampfhandlungen und zu Verlusten auf beiden Seiten“, überlegte John. „Krieg ist etwas Schreckliches und wir achten sehr genau darauf, dass unsere Männer und Frauen daran keinen zu großen Gefallen finden, denn jedes Leben ist kostbar. Trotzdem gibt es immer wieder Trooper, die den Nervenkitzel von Kampfhandlungen vermissen. Wenn wir das bei unseren Leuten bemerken, dann gibt es psychologische Nachschulungen, aber ich vermute, das gilt nicht für CoBRA.“