Ebenso fruchtbar, aber durchaus andere Wege wandelnd ist Karl Knortz. Er beschäftigte sich vorzugsweise mit literatur- und kulturgeschichtlichen Studien und veröffentlichte als Ergebnisse derselben zahlreiche kleinere Werkchen.
Feuilletonistisch behandelte Reiseschilderungen lieferte Theodor Kirchhoff in seinen vortrefflichen „Californischen Kulturbildern“ und in seinen „Reisebildern und Skizzen“ (Altona 1875); denselben verwandt sind Rudolf Cronaus „Von Wunderland zu Wunderland, Landschafts- und Lebensbilder aus den Staaten und Territorien der Union“ (Leipzig 1885); „Im wilden Westen“ (Braunschweig 1890) und „Fahrten im Lande der Sioux“ (Leipzig 1885).
Ziemlich zahlreich sind die von Deutschamerikanern verfassten Romane, Novellen und Erzählungen. Aber die meisten verfielen samt den Tageszeitungen, in denen sie veröffentlicht wurden, der Vergessenheit. Unter ihren Urhebern befand sich der geistvolle Achtundvierziger Friedrich Hassaureck, dem wir die vortrefflichen, auch in Buchform veröffentlichten Romane „Hierarchie und Aristokratie“ und „Das Geheimnis der Anden“ verdanken. Friedrich Otto Dresel schrieb den Roman „Oskar Welden“, ferner die Novellen „Bekenntnisse eines Advokaten“, „Doppelehe oder keine Doppelehe“ und „Die Lebensversicherungs-Police“. Friedrich Lexow verfasste die Novellen „Auf dem Geierfels“, „Imperia“, und „Vornehm und gering“. Sein Bruder Rudolf Lexow schrieb die Novellen „Annies Prüfungen“ und „Der Rubin“; während der geschickten Feder Karl Diltheys verschiedene Novellen und Erzählungen, darunter „Die schönsten Tage einer Tänzerin“, „Henriette Sonntag“, „New York in alten Tagen“ u. a. entflossen.
Der gelehrte Arzt Hermann von Bähr in San Francisco, ein Achtundvierziger, veröffentlichte unter dem Pseudonym Atti Cambam den Roman „Dritte Söhne“, welcher in der Kölnischen Zeitung zum Abdruck kam und aus dieser in verschiedene deutschamerikanische Tagesblätter überging. Reinhold Solger schuf in seinem „Anton in Amerika“ eine Novelle von bleibendem Wert. Douai lieferte den Roman „Fata Morgana“, und Willibald Winkler den „Sklavenjäger“. Diesen Werken reihten sich während des letzten Vierteljahrhunderts die unter dem Pseudonym D. B. Schwerin veröffentlichten Romane der Dichterin Dorothea Böttcher an: „Der Sohn des Bankiers“ und „Die Erbschleicher“; ferner Udo Brachvogels „King Korn“ und Adolf Schaffmeyers Romane „Ein Phantom“, „Auf steiler Höhe“ und „Im Wirbel der Großstadt“.
Der kernige Journalist Eduard Leyh schrieb die deutschamerikanische Erzählung „Tannhäuser“; Johann Rittig lieferte charakteristische „Federzeichnungen aus dem amerikanischen Stadtleben“; und Caspar Stürenburg „Kleindeutschland, Bilder aus dem New Yorker Alltagsleben“. Verwandte Erscheinungen sind Henry Urbans „Just zwölf“; „Der Eisberg“; „Mans Lula“; „Aus dem Dollarlande“ und „Lederstrumpfs Erben“. Ferner Edna Ferns „Gentleman Gordon“; „Der Selbstherrliche und andere Geschichten“. G. von Skal ließ die Sammlung „Im Blitzlicht“ und „Das amerikanische Volk“ erscheinen. Der schlichte Kürschner Hugo Bertsch veröffentlichte die beiden Novellen „Bob, der Sonderling“ und „Die Geschwister“ (Stuttgart 1905), welche durch ihre drastische Darstellungsweise auch in Deutschland Aufsehen erregten.
Unter den Deutschamerikanern, welche sich mit großem Geschick der englischen Sprache zu bedienen lernten, steht Karl Schurz obenan. Die gleiche glänzende Ausdrucksweise, über welche er als Redner gebot, bekundete er auch in seinen historischen Werken. Zu diesen gehören in erster Linie die in englischer Sprache geschriebenen Lebensschilderungen des amerikanischen Staatsmannes Henry Clay (Boston 1887) und des Präsidenten Abraham Lincoln (London 1892). Ungemein fesselnd sind auch seine „Erinnerungen aus einem langen Leben“ (Berlin 1906). Dieselben erschienen zuerst in englischer Sprache unter dem Titel „Reminiscences of a long life“ (New York 1906). In ihnen schilderte der hochbetagte, aber noch vom Feuer des Idealismus durchglühte Greis die Denkwürdigkeiten seines Lebens, das so reich an Arbeit, Mühen, Kämpfen, Hoffnungen, Enttäuschungen und Erfolgen war, wie es nur wenigen Menschen beschieden ist. Für die Beurteilung des Aufstandes von 1848 sowie der politischen Zustände der Vereinigten Staaten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bilden diese Erinnerungen zweifellos ein Quellenwerk allerersten Ranges.
Fast ebenso gewandt wie Schurz wusste der im August 1830 in Westfalen geborene Karl Nordhoff die englische Sprache zu handhaben. Die Erfahrungen seiner ursprünglichen Seemannslaufbahn verwertete er in den Werken „Man of War Life“; „Merchant Vessel“; „Whaling and Fishing“; „Stories of the Island World“. Als Nordhoff sich später dem Journalismus zuwandte und für die New Yorker „Evening Post“ und den „Herald“ tätig war, schrieb er vielgelesene Reisewerke über Kalifornien, Oregon und die Sandwichinseln. Sein berühmtes Buch „The Cotton States“ (New York 1876) gab zu überaus heftigen Kontroversen Anlass, da Nordhoff die nach dem Bürgerkrieg in die Südstaaten einströmenden republikanischen Beutepolitiker sowie die verkehrten Maßnahmen der Bundesregierung für die im Süden zutage tretenden Missstände verantwortlich machte. Eines seiner wertvollsten Bücher beschreibt die „Communistic Societies in the United States“.
Rudolf Cronau ließ zu Ende des Jahres 1908 in New York sein erstes in englischer Sprache geschriebenes Werk unter dem Titel „Our wasteful nation, the story of American prodigality and the abuse of our national resources“ erscheinen, das sich in energischer Weise gegen die maßlose Vergeudung und den Missbrauch der natürlichen Hilfsquellen Amerikas richtet. Dem als Professor der Musik an der Harvard-Universität tätigen Komponisten Friedrich Louis Ritter verdanken wir eine in Boston erschienene „History of Music in the form of lectures“ sowie das Werkchen „Music in America“.
Der deutschamerikanischen Literatur darf man auch manche Werke beizählen, die von deutschen Novellisten und Romanschriftstellern während ihres längeren Verweilens in den Vereinigten Staaten geschrieben wurden.
Zu ihnen gehören in erster Linie einige Romane des am 3. März 1793 in Seefeld, Unterösterreich geborenen Karl Postel. Ursprünglich dem Orden der Kreuzherrn zu Prag angehörend, entwich er im Jahre 1822 dem Kloster und begab sich nach Amerika. In New York verweilte er bis 1826. In den Jahren 1828 bis 1830 bereiste er die Südstaaten und sammelte hier das Material zu seinem ersten großen, in englischer Sprache geschriebenen Roman „Tokeah or the White Rose“ (Philadelphia 1828). Derselbe erschien später in einer von ihm selbst vollzogenen deutschen Bearbeitung unter dem Titel „Der Legitime und die Republikaner“ (Zürich 1833). Diesem Roman schlossen sich „Transatlantische Reiseskizzen“ (1833), „Lebensbilder aus der westlichen Hemisphäre“, „Pflanzerleben und die Farbigen“, „Nathan der Squatter-Regulator“, „Deutschamerikanische Wahlverwandtschaften“, sowie der prächtige Roman „Virey und die Aristokraten“ an. Lange Zeit gehörte dieser unter dem Pseudonym Charles Sealsfield verborgene Autor zu den meist gelesenen beider Erdteile. Ein genialer Beherrscher der Sprache, ein ungemein scharfer Beobachter, begabt mit einer reichen, glühenden Phantasie, entrollte er seinen Lesern eine neue Welt mit bisher nie geschilderten Menschencharakteren. In scharfen Umrissen zeichnete er den schlauen Yankee, den leichtlebigen Franzosen, den bedächtigen Deutschpennsylvanier, den sinnlichen Kreolen und die Kreolin, den kühnen Trapper und den zähen Kulturpionier des fernen Westens. Und als Hintergründe lieferte er farbensprühende Landschaftsgemälde vom Ohio, dem Mississippi, aus den Prärien von Texas und den grünen Gebirgen Vermonts.
Ihm verwandt sind Otto Ruppius, Friedrich Gerstäcker und Balduin Möllhausen, welche gleichfalls längere Zeit in den Vereinigten Staaten weilten. Zu den Früchten dieses Aufenthalts gehören Ruppius' vielgelesene Romane „Der Pedlar“, „Das Vermächtnis des Pedlars“ und „Der Prärieteufel“. Gerstäcker veröffentlichte als literarische Ergebnisse jahrelanger Wanderungen sein Tagebuch unter dem Titel „Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika“ (1844). Außerdem verfasste er die Romane „Die Regulatoren in Arkansas“ (1845), „Die Flusspiraten des Mississippi“ (1848); ferner „Mississippibilder“ (1847), „Amerikanische Wald- und Strombilder“ (1849) und „Kalifornische Skizzen“ (1856), die wegen ihrer frischen, unterhaltenden Schilderungen weite Verbreitung fanden. – Der Aufenthalt Möllhausens in den Vereinigten Staaten fällt in die Mitte des 19. Jahrhunderts, wo er mit dem Herzog Karl von Württemberg und später als Topograph und