Der Wildtöter. James Fenimore Cooper. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: James Fenimore Cooper
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754179871
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war, ihn zu holen, »nun sagt uns, ob Freund oder Feind!«

      »Das ist keine Delawaren-Arbeit«, erklärte Wildtöter, »möchte fast behaupten, daß er aus dem Norden stammt.«

      »Dann sollten wir nicht einen Augenblick länger hier liegen, als unbedingt notwendig ist. In einer Stunde ist es Nacht – und dann ohne Geräusch vorwärts zu kommen, dürfte unmöglich sein.«

      Der Angriff der Rothäute

      Hutter hielt mit seinen Gästen einen längeren Kriegsrat ab, und sie beschlossen so schnell wie möglich die Arche in den See zurückzubringen. Die Bastseile, mit denen Hutter sein schwimmendes Haus festgemacht hatte, wurden gelöst, und als die Männer mit vereinter Kraft an dem Tau, das an einem oben im See ausgeworfenen Anker befestigt war, zogen, bewegte sich das schwere Fahrzeug langsam flußaufwärts. Hutter hatte diese Art, seine Arche im Fluß zu bewegen, gewählt, um ohne jedes Geräusch der Ruder aus dem engen Fluß herauszukommen.

      Aber nach einiger Zeit wurden sie durch die Strömung an das westliche Ufer getrieben, wo die Kajüte mit solchen Geräusch gegen die herunterhängenden Bäume und Büsche stieß, daß sie sich besorgt anschauten. Niemand konnte wissen, ob nicht in jedem Augenblick ein lauernder Feind zum Vorschein kommen könne, und Lautlosigkeit ihrer Bewegungen schien ihre beste Sicherung. Auch trug die Dunkelheit dazu bei, das Unbehagen zu verstärken. Die Sonne war noch nicht vollständig untergegangen, aber das Abendlicht lag nur noch auf den Höhen, die Schatten der dichten Wälder, in die schon am Tage nur wenig Licht fiel, verdüsterten sich immer mehr.

      Endlich erreichten sie die oberste Windung des Susquehannah, wo man schon einen Teil des Sees erblickte.

      »Gott sei Dank!« sagte Hurry erleichtert, »hier können wir unsere Feinde doch wenigstens sehen.«

      »Hoffentlich ist es so«, meinte Hutter, »es läßt sich ein ganzes Rudel Krieger nirgends so gut verstecken als gerade am Ufer bei der Mündung. Der Augenblick, in dem wir an den Bäumen dort vorüber müssen, ist der gefährlichste, denn dort hat der Gegner alle Deckung.

      Judith und Hetty, laßt das Steuerruder und geht in die Kajüte, ohne euch am Fenster blicken zu lassen. Die euch da sehen können, machen euch keine Komplimente. Und wir, Hurry, treten in den Raum und ziehen durch die Tür am Seil, um vor Überraschungen geschützt zu sein. Ihr, Freund Wildtöter, geht beständig von Fenster zu Fenster und beobachtet das Ufer!«

      Wildtöter spürte keine Furcht, aber das Unerhörte ihrer heiklen Lage ließ sein Blut schneller kreisen. Zum erstenmal in seinem Leben stand er am Feind, und noch dazu einem so verschlagenen und hinterhältigen Gegner gegenüber wie den Indianern. Als er durch ein Fenster beobachtete, fuhr die Arche gerade durch die engste Stelle des Flusses, wo die Wasser aus dem See sich in das Flußbett ergossen. Von hüben und drüben neigten sich hier die Bäume zueinander und verschlangen sich zu einem grünen Dach, unter dem die Strömung rauschte und brauste.

      Da bot sich ihm ein Anblick, der eine so junge und unerfahrene Schildwache wohl bestürmen konnte: Auf einem Baum, der wie ein Bogen über das Wasser hinweggewachsen war, standen nicht weniger als sechs Indianer, andere warteten darauf, nachfolgen zu können, sobald Platz würde.

      Sie waren offenbar darauf aus, auf dem Stamm über das Wasser vorzulaufen und auf das Dach der Arche herunterzuspringen, wenn diese unten durchfahren mußte. Wildtöter war mit den Gewohnheiten der Indianer vertraut genug, um sofort zu erkennen, daß sie alle Kriegsbemalung angelegt hatten und dem feindlichen Stamme der Irokesen angehörten.

      »Zieht, Hurry!« schrie er, »Zieht um euer Leben und um Judith Hutter, wenn ihr sie lieb habt! Zieht, Mann, zieht!«

      Dieser Schrei galt einem Mann, der Riesenkräfte hatte. Er klang so verzweifelt ernst und beschwörend, daß Hutter und Hurry wohl fühlten, er sei nicht ohne Grund ausgestoßen. Sie strengten ihre Kräfte am Seil auf das Äußerste an, und mit verdoppelter Geschwindigkeit glitt die Fähre unter dem Baum dahin. Die Indianer sahen sich entdeckt, schauerlich erscholl ihr Kriegsgeheul, sie liefen wie besessen auf dem Stamm nach vorn und sprangen auf ihre vermeintliche Beute. Aber alle außer dem Anführer fielen in den Fluß, nur der Häuptling, der als erster springen konnte, war gerade noch auf das Bootsdeck gefallen. Er schien halb betäubt, und blieb einen Augenblick mit angezogenen Gliedern liegen. Diesen Augenblick ausnutzend, war Judith Hutter aus der Kajütte vorgesprungen und stieß ihn kopfüber in das Wasser. Gleich sprang auch Wildtöter hinzu und brachte das kühne Mädchen in die Kajüte zurück in Sicherheit; nicht einen Augenblick zu früh: denn schon schallte wildes Geschrei aus dem Wald und klatschte das Blei gegen die Wände. Die Arche war indessen in schneller Fahrt geblieben und die wütenden Wilden stellten ihr nutzloses Feuer ein. Hutter holte den Anker herauf, den sie inzwischen erreicht hatten, ohne das Boot anzuhalten, und sie erreichten das offene Wasser. Mit zwei Rudern, die Hutter und March unter dem Schutz der Kajüte bedienten, entfernten sie sich immer mehr von dem gefährlichen Ufer.

       Im Vorderteil des Schiffes wurde nun wiederum Kriegsrat abgehalten. »Unser Vorteil ist«, erklärte Hutter, »daß wir auf dem Wasser schwimmen, und es gibt kein Kanu auf dem See, von dem ich nicht wüßte, wo es ist. Eures ist bei uns – dann sind noch zwei in hohlen Bäumen so versteckt, daß ich nicht annehme, die Indianer könnten sie finden.«

      »Es läuft kein Hund so sicher auf einer Fährte wie eine Rothaut, wenn sie spürt, daß etwas für sie abfällt«, warf Wildtöter ein, und Hurry unterstützte ihn: »Ich schätze, daß sie noch vor morgen Nacht die andern Kanus an sich gebracht haben werden, wenn sie ernstlich vorhaben, euch auszuräuchern, alter Tom.«

      Hutter antwortete nicht gleich. Er sah stillschweigend um sich, blickte zum Himmel auf, betrachtete den Wald, den See, als warte er auf ein Zeichen. Doch kam ihm keine Warnung von dort.

      »Judith«, sagte er endlich, »die Nacht ist da, bereite mit Hetty unseren Gästen etwas zu essen, sie werden hungrig sein.«

      Als die beiden Mädchen in die Kajüte gegangen waren, verhehlte Tom Hutter nicht, was er über seine augenblickliche Lage dachte, und aus seinen Worten sprach die ernste Sorge um das Schicksal seiner beiden Töchter.

      Nachdem ihm jedoch Wildtöter und Hurry versichert hatten, daß sie ihm in seiner Bedrängnis beistehen würden, fühlte er sich sichtlich erleichtert, und schon begann er darauf zu sinnen, wie man den Feinden an die Gurgel gehen könnte. Als er nun erzählte, daß die Regierung auf Skalps hohe Preise ausgesetzt habe, war ihnen klar, worauf er hinaus wollte. Hurry war schnell bereit, mitzumachen. Nicht so Wildtöter, der mit seiner Meinung über das Unmenschliche und eines Weißen Unwürdige solcher Grausamkeiten nicht zurückhielt.

      »Werde euch beistehen, alter Mann, wo immer es sein muß, aber um dergleichen Handwerk auszuüben und dafür Geld einzustreichen, müßt ihr schon alleine ausrücken«, sagte er zu Tom Hutter, »ich werde dann bei den Mädchen Wache halten.«

       Die Beratungen dauerten noch eine Weile fort, bis Judith mit dem einfachen, aber kräftigen Mahl erschien.

      Inzwischen war die Nacht hereingebrochen, die Wälder ringsum schwiegen, kein Ruf, kein Vogelsang war zu hören. Der einzige Laut, den man vernahm, war das stetige Klirren der Ruder, und mit gelassenen Schlägen trieben Hurry und Wildtöter die Arche der Wasserburg zu. Nicht lange danach erhob sich ein leichter Südwind, und Hutter setzte Segel. Sie konnten aufhören zu rudern, und nach etwa zwei Stunden sahen sie die Wasserburg in der Finsternis aufragen. Langsam trieb die Arche auf das Bauwerk zu, wo sie festgelegt wurde.

      Es war niemand dort gewesen, seit Hurry und sein Gefährte das Haus betreten hatten. Da man den Feind in der Nähe wußte, befahl Hutter seinen Töchtern, kein Licht anzuzünden, um nicht den Feinden den Weg zu weisen.

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