„Das wäre aber fast schief gegangen. Wenn dir einer eins mit der Flasche überzieht, da stehst du nur in Action-Kommödien wieder auf.“
„Was soll ich denn jetzt machen?“
„Dich mit deiner Gerichtshelferin beraten.“
Es machte mich wütend. So eine Verschwendung. Blinder Aktionismus planloser Leitungsebenen. Genau wie damals die Bundesregierung mit den Führungszeugnissen auch für Jugendliche. Führungszeugnisse, in denen aus Datenschutzgründen ohnehin nichts stand – selbst wenn sich etwas zugetragen hätte. Nur um zu zeigen, dass man etwas tat. Nur damit die Verantwortlichen schön ihre Westen weiß hielten. Das Fußvolk mochte dann den Dreck wegräumen. Junge Liebe wurde kriminalisiert. Aber einen wie Hans hielt das alles nicht auf. Die grauen Eminenzen genossen Immunität. Einer wie Hans kam weiterhin ungeschoren davon. Und Siegerin blieb die Ratlosigkeit.
Lockdown
So eine Scheiße. Wieso können wir nicht raus? Na wenigstens sind wir alle zusammen. Aber ich würde so gern mal wieder spazieren gehen, in der Sonne, durchs Gras laufen. Und der Lieferservice bringt immer nur diesen drögen, eintönigen Fraß, nichts Frisches, keine Vitamine, nichts mit Geschmack und Aroma.
Wo ist eigentlich Ronja? Die ist doch sonst immer die Erste morgens, die nach draußen will.
„Birk, hast du deine Schwester gesehen?“
„Wieso? Wir sind doch eh alle hier.“
„Und wo ist Ronja dann?“
„Wahrscheinlich noch im Bett.“
Das ist merkwürdig. Ronja schläft nie lange. Vielleicht ist sie krank. Ich seh‘ mal nach ihr.
Tatsache. Sie liegt noch im Bett. „Ronja, wach auch, die Sonne scheint.“ Na ja, bis zu uns dringt sie nicht ganz vor, aber man muss sein Kind ja irgendwie motivieren.
Oh Gott, sie ist ja ganz kalt! Und ganz starr! Und da ist ja Blut.
„Hilfe! Kommt alle her. Es ist was mit Ronja!“
„Was soll schon mit Ronja sein.“, erwidert Tipi. Typisch. Sie lässt nie ein gutes Haar an ihr.
Birk kommt ins Schlafzimmer. „Was ist denn mit ihr?“, fragt er besorgt. Ich will nicht, dass er seine Schwester so sieht. „Hol deine Mutter.“, herrsche ich ihn an. „Schnell.“
Elisabeth steht in der Tür. Sie zittert. Sie ahnt Schreckliches. Und es ist ja auch schrecklich. Da liegt ihr Kind, ihre einzige Tochter, kalt und starr und blutverschmiert.
Ein Schmerzensschrei entweicht ihrer Brust. „Ich weiß wer das war. „ flüstert sie. „Meine Schwester.“
„Welche?“, frage ich.
„Tipi natürlich. Wer sonst?“
„Wie kommst du darauf?“
„Sie hat Ronja schon immer gehasst. Schon als sie noch ganz klein war. Das niedliche Küken stahl ihr die Show. Tipi, die Schönste, von allen bewundert. Sie hatte Angst, dass Ronja ihr ihren Platz streitig macht. Sie hat sie gemobbt, alle anderen gegen sie aufgehetzt ihr nichts gegönnt. In letzter Zeit hat sie ständig behauptet, Ronja sei eine sexsüchtige Schlampe, die einfach jeden ranlässt, sogar ihren eigenen Vater und ihren Bruder.“
Ich weiß ja, dass Tipi eine Bitch ist. Aber auch eine verdammt schöne. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie unserer kleinen Ronja eine Konkurrentin gesehen hat, nicht in so einem schüchternen Backfisch.
„Ich glaube nicht, dass Tipi damit etwas zu tun hat. Das muss ein Eindringling von außen gewesen sein.“, sage ich.
„Typisch!“, schreit Elisabeth hysterisch. „Alle Männer gehen meiner Schwester auf den Leim. Wer soll denn hier eingedrungen sein? Wir waren doch alle da und es ist alles verriegelt. - Tipi! Komm sofort hierher und sieh dir an, was du angerichtet hast!
Kurz darauf kommt Tipi nach oben.
„WAS soll ich angerichtet haben?“, fragt sie ihre Schwester schnippisch.
„Mein Kind.“ schluchzt Elisabeth. „Ronja ist tot.“
„Das ist ja schrecklich.“, antwortet Tipi kühl. „Aber was habe ich damit zu tun?“
„DU hast sie totgeschlagen.“, schreit Elisabeth.
„So ein Quatsch!“, verteidigt Tipi sich. „Ich habe ihr höchstens heute Nacht ein paar getickt, weil sie so laut geschnarcht hat. Und das in ihrem Alter. Unfassbar. Ich kann nicht schlafen, wenn jemand schnarcht. Ich kriege schon so die Motten, weil wir hier alle aufeinander hängen und nicht raus können.“
„Gib es zu, du hast so lange zugeschlagen, bis du sie getötet hast.“
„Ach was.“, winkte Tipi ab. „Nur bis Ruhe war. Und jetzt reg dich nicht auf. Wird doch jetzt Frühling. Gibt bald wieder neue Küken.“
Lockdown-Challenges
MELLI: Neue Woche, neues Glück. Sportliche und musische Talente wurden unter Beweis gestellt. Ihr wart Held*innen des Stylings und diverser Performances. Erweist euch dieser Gruppe nun endgültig würdig, indem ihr etwas wahrhaft Großes vollbringt, gemäß dem Pfadfinder-Motto: Jeden Tag eine gute Tat. Erweist der Menschheit einen Dienst, der die Welt zumindest ein kleines bisschen besser macht. Und vergesst nicht, Euren Einsatz zu dokumentieren und zu posten. Mit Jesus Christus mutig voran!
ÖZGE: Kannst Du bitte, diese faschistoiden Jungschar-Sprüche unterlassen? ich kotz hier gleich ins Display! :-(
RAFI: Faschistoid? Allenfalls militaristisch.
ÖZGE: Schlimm genug. Auf jeden Fall zackig. Darauf reagiere ich algerisch.
DENNIS: Couscous oder Neinilewen?
ÖZGE: ???
MELLI: Dennis will wissen, ob du anfängst arabisch zu kochen oder arabisch zu morden.
ÖZGE: Ach so. Der Kalauer ist aber allgemein verstanden worden, oder?
MELLI: Ich denke doch.
RAFI: Yep.
DENNIS: Ja, klar. Allergisch, algerisch, da kann man schon mal die Wechstaben verbuchseln.
RAFI: Und was soll jetzt diese Challenge? Versteh ich nicht. Omas über die Straße oder Müll einsammeln?
ÖZGE: Auf jeden Fall keine Omas auf den Müll.
MELLI: Zum Beispiel, ja. Oder Geld spenden. Oder eine hässliche Wand mit einem Graffito verzieren. Oder eine Woche komplett auf Plastik verzichten.
*
RAFI: Hab‘ die Spülmaschine ausgeräumt. Mutter strahlt. Welt besser.
EMILY: Sexist.
RAFI: Wieso?
EMILY: Frag nicht.
*
RONNY: Katze gestreichelt. Ist jetzt total entspannt und findet alles schön.
RAFI: Muschi.
RONNY: Nee, die heißt Klara.
RAFI: Nicht die Katze.
RONNY: Doch. Die Katze heißt Klara.
RAFI: Ja, aber du bist die Muschi.
RONNY: Sexist.
RAFI: Ach leckt mich, Leute.
*
ÖZGE: