»Doch, es ist so«, sagte Hannah und kratzte sich am Kopf.
»Sie sind wirklich weg?« Tinas Stimme zitterte.
Tanja stampfte mit dem Fuß auf und ballte die Fäuste: »Wie konnte das passieren? Sie waren doch eingeschlossen!«
»Es sieht so aus, als hätte jemand nachts die Tür aufgebrochen. Es fehlt nur dieser Trikotkoffer«, erklärte einer der Polizisten.
»Warum unsere neuen Trikots?« Tina liefen die Tränen über das Gesicht. »Das ist so gemein!«
Imke legte den Arm um ihre Freundin. Es fiel ihr schwer, Tina zu trösten, weil sie selbst nur mühsam ein Schluchzen unterdrücken konnte. Ein dicker Kloß breitete sich in ihrem Hals aus.
»Eigentlich kann niemand etwas mit den Trikots anfangen, denn sie sind mit unserem Vereinsnamen beschriftet.« Hannah sah fragend in die Runde.
»Interessant«, sagte einer der Polizisten. »Der Diebstahl macht ja dann wirklich keinen Sinn!«
Imke sah die Dormanns vor sich und hörte sich sagen: »Für die Täter war es vielleicht uninteressant, ob der Vereinsname hinten draufsteht oder nicht. Kann doch sein, dass sie unser Team mit diesem Diebstahl durcheinanderbringen wollten.«
Alle starrten Imke an. »Hast du einen Verdacht?«, fragte Willy Jansen.
Imke kaute auf ihrer Unterlippe herum. Diese Vermutung konnte sie nicht laut äußern. »Nein, nur so ein Gedanke«, sagte sie deshalb und nahm ihren Arm von Tinas Schulter. »Am Samstag haben ja genügend Leute gesehen, dass wir Trikots bekommen haben. Der neue Satz bedeutet eine zusätzliche Motivation in Hinblick auf das entscheidende Meisterschaftsspiel. Und nun das!« Eine Träne stahl sich aus ihrem Auge. Sie wischte sich mit Hand über das Gesicht.
Ein weiteres Auto kam auf die Anlage gefahren. Es war unverkennbar der olivfarbene Jeep von Paul Berger, dem Jugendleiter. Berger war Ende fünfzig und schon über dreißig Jahre Mitglied im Verein.
»Was ist denn hier los?«, fragte er mit lauter Stimme. Er war pensionierter Berufssoldat und das hörte man seinem strengen, zackigen Tonfall an. Imke hatte stets das Gefühl, vor ihm stramm stehen zu müssen.
»Stell dir vor, die neuen Trikots der Mädels sind gestohlen worden«, informierte ihn Willy Jansen.
»Ist noch mehr weggekommen?«, fragte er.
»Nein, die haben die Tür aufgebrochen und nur den Trikotkoffer an sich genommen. Verrückt, was?«
Paul Berger schüttelte den Kopf. »Na, die werden schon wieder auftauchen.«
So ein Blödmann. Imke biss sich auf die Zähne. Sie mochte Paul Berger nicht. Zu deutlich zeigte er, dass er für Mädchen- und Frauenfußball nichts übrig hatte.
»Wir haben die Anzeige aufgenommen«, sagte einer der Polizisten. »Mehr können wir im Moment leider nicht tun. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, was auf den Täter schließen könnte, informieren Sie uns bitte.«
Die beiden Männer setzten sich ins Auto und fuhren davon.
»Und nun?«, schluchzte Tina. »Was passiert jetzt?«
»Wir haben eine Versicherung gegen Diebstahl«, tröstete sie der Vereinsvorsitzende. »Ihr bekommt schon wieder neue Trikots. Aber bis zum nächsten Spiel wird das natürlich nicht mehr klappen.«
Keine der Spielerinnen war in der Lage, sich auf das Training zu fokussieren. Sie waren alle wütend und enttäuscht. Selbst Imke trainierte lustlos.
Der sonst so geduldigen Trainerin reichte es nach einer Stunde. Sie beendete das Training und appellierte an die Mädchen, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren.
»Das letzte und entscheidende Spiel liegt vor uns. Wäre es nicht ärgerlich, wenn wir die Arbeit einer Saison verspielen, weil wir nicht mehr bei der Sache sind?« Ihre Spielerinnen nickten betrübt.
»Das stimmt. Aber wir werden Samstag bestimmt vor einem großen Publikum spielen«, sagte Tina. »Alle sehen uns dann mit diesen ausgewaschenen, zusammengewürfelten Dressen. Das ist peinlich!«
Tina schien vielen aus der Seele gesprochen zu haben, denn es gab zustimmendes Gemurmel.
Hannah breitete die Arme aus. »Wir können die Situation nicht ändern!«
»Am Mittwoch werden wir wieder Vollgas geben«, versprach Tanja. »Wir sind alle unendlich traurig. Aber wir wollen natürlich den TuS schlagen, ist doch klar!«
»Okay!« Die Trainerin nickte allen zu. »Dann ab nach Hause und Mittwoch in alter Frische!«
Die Spielerinnen trotteten in die Kabine. Imke hakte sich bei ihren Freundinnen Tanja und Tina ein.
»Was meint ihr, wer die Trikots gestohlen hat?«, fragte sie die beiden.
Tina schüttelte verzweifelt den Kopf. »Wenn ich das nur wüsste! Hast du eine Vermutung?«
Erwartungsvoll sahen die beiden Imke an.
»Es klingt verrückt, aber ich sehe immer den Gesichtsausdruck von Herrn Dormann vor mir. Der weiß genau, dass uns dieser neue Trikotsatz noch einen Kick gegeben hätte. Aber für ihn und den TuS ist die Meisterschaft fast Pflicht. Versteht ihr, was ich meine?«
Mit offenem Mund starrten die beiden Imke an.
»Das hast du aber noch keinem erzählt?«, flüsterte Tanja aufgeregt.
Imke schüttelte den Kopf.
»Behalte das bloß für dich. Leg dich nur nicht mit dem Dormann an!« Eindringlich sah Tanja ihre Freundin an. »Oder hast du Beweise?«
»Nein, natürlich nicht. Vielleicht hat er es auch nicht selbst getan, sondern jemandem den Auftrag gegeben. Der macht sich doch bestimmt nicht die Finger schmutzig!«
»Pssst, nicht so laut«, wisperte Tina. »Unrecht hast du ja nicht. Der TuS hätte am meisten davon, wenn wir uns jetzt so hängen lassen.«
»Eben«, nickte Tanja. »Deswegen konzentrieren wir uns auf das nächste Training und die Ermittlungen überlassen wir der Polizei!«
»Na klar, die Polizei hat auch nichts anderes zu tun, als unsere Trikots wiederzufinden«, entgegnete Imke spitz. »Ich wette mit euch, dass sie die Anzeige schon zu den ungeklärten Fällen gelegt haben.«
Tina riss die Augen auf. »Echt?«
Imke nickte. »Bestimmt. Wir müssen das in die Hand nehmen.«
»Du hast kein Vertrauen zur Polizei.« Tanja boxte ihre Freundin leicht in den Oberarm. »Vielleicht haben sie bereits eine Spur und unsere Trikots sind schneller wieder da, als wir überhaupt zu hoffen wagen.«
»Ja, schon am Wochenende, dann werden wir mit den tollen Trikots den TuS schlagen.« Tina hob ihre Arme jubelnd in die Höhe.
»… und Herr Dormann überweist uns dann eine Meisterschaftsprämie.« Imke grinste. »Ihr seid echt zwei Träumerinnen.« Sie schob trotzig das Kinn vor und ihre Augen blitzten. »Also, ich werde nicht untätig dasitzen und warten, dass etwas passiert.«
»Was willst du tun?«, fragten Tina und Tanja wie aus einem Munde.
Imke überlegte kurz und entgegnete: »Ich muss noch nachdenken. Lasst uns das morgen in der Schule besprechen.«
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