Quentin Durward. Walter Scott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Walter Scott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754180167
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Bärte, ebenso wie ihr Anführer; ihr Haar war aufwärts gestrichen, um dadurch die natürliche Wildheit ihres Ansehens zu erhöhen; und berauscht, wie viele von ihnen zu sein schienen, theils durch die Freude über ihren Sieg, theils durch die vielen vollen Gläser, die sie geschlürft hatten, boten sie ein häßliches und widerliches Schauspiel dar. Das Gespräch, welches sie hielten, und die Lieder, welche sie sangen, ohne dabei von einander Gehör zu verlangen, waren so schlüpfrig und lästerlich, daß Quentin Gott dankte für den ungeheuren Lärm, welcher für seine Begleiterin Alles unverständlich machte.

      Es bleibt nur noch, in Bezug auf die bessere Klasse der Bürger, welche mit den Kriegern Wilhelms von der Mark Theil an dem fürchterlichen Gelage nahmen, zu sagen übrig, daß die bleichen Gesichter und ängstlichen Mienen der meisten derselben zeigten, daß ihnen entweder das Mahl nicht gefiel, oder daß sie ihre Kameraden fürchteten; andre jedoch, von niedriger Erziehung oder roherem Charakter, sahen in den Excessen der Soldaten nur ein ritterliches Benehmen, welches sie nachzuahmen strebten; und, um darin so weit als möglich zu kommen, verschlangen sie ungeheure Becher voll Wein und Schwarzbier – ein Laster, welches zu allen Zeiten in den Niederlanden nur zu gewöhnlich war.

      Die Anrichtung des Mahles war eben so unordentlich gewesen, als die ganze Gesellschaft. Des Bischofs ganzes Silbergeschirr, (ja selbst das zum Dienste der Kirche gehörige, denn der Eber der Ardennen kümmerte sich nicht um den Vorwurf des Kirchenraubes –) war mit irdnem Geschirr, großen ledernen Feldflaschen und Trinkhörnern der gemeinsten Art untermischt.

      Ein entsetzlicher Vorfall bleibt hier noch zu erwähnen übrig, und gern überlassen wir's der Phantasie des Lesers, den Rest der Scene selber auszumalen. Bei dieser wilden Zuchtlosigkeit der Soldaten Wilhelms von der Mark, hatte Einer, der von der Tafel ausgeschlossen war, (ein Lanzknecht, ausgezeichnet durch seinen Muth und sein kühnes Benehmen während der heutigen Erstürmung,) unverschämterweise einen großen Silberbecher weggenommen und mit der Erklärung hinweggetragen, daß ihn dies für seine Ausschließung vom Gelage entschädigen solle. Der Anführer lachte, daß ihm die Seiten erschütterten, über einen Scherz, der mit dem Charakter des ganzen Corps übereinstimmte; als aber ein Anderer, der weniger wegen Kühnheit in der Schlacht berühmt schien, sich dieselbe Freiheit herauszunehmen wagte, setzte Wilhelm von der Mark sogleich dieser scherzhaften Sitte ein Ziel, welche sonst die Tafel bald alles werthvollen Schmuckes beraubt haben würde. – »Ho! bei dem Geiste des Donners!« rief er, »die, welche im Angesicht des Feindes nicht Männer zu sein wagen, dürfen sich unter ihren Freunden nicht unterstehn, Diebe zu sein. Was, du feiger Schuft! du, der da wartete, bis das Thor geöffnet und die Brücke aufgezogen war, während Konrad Horst sich über Graben und Mauer den Weg erzwang, willst du dich deß unterfangen? – Knüpft ihn an das Gitter des Saalfensters auf! – Er soll Takt mit den Füßen schlagen, während wir einen Becher auf seine glückliche Reise zum Teufel trinken.«

      Das Urtheil ward so schnell vollzogen als gesprochen; in einem Augenblick nachher hauchte der Arme, an den Eisenstäben aufgehangen, seine Seele schon aus. Sein Körper hing noch dort, als Quentin und die Andern die Halle betraten; der Körper, welcher den bleichen Mondstrahl aufhielt, warf über den Boden hin einen ungewissen Schatten, welcher unbestimmt doch furchtbar die Umrisse des Gegenstandes nachahmte, welcher ihn hervorbrachte.

      Als die Ankunft des Syndicus Pavillon in dieser stürmischen Versammlung von Mund zu Mund angekündigt ward, bemühte er sich, Kraft seines Ansehens und Einflusses, eine Miene der Wichtigkeit und des Gleichmuths anzunehmen, die ihm, nach einem Blick auf den schrecklichen Gegenstand am Fenster und auf die wilde Scene ringsum, sehr schwer zu behaupten ward, obgleich ihm Peterkin mahnend, aber selber etwas betroffen, in's Ohr flüsterte: »herzhaft, Meister, oder wir sind verloren!«

      Der Syndicus behauptete indeß seine Würde so gut er konnte, während er in der kurzen Anrede der Gesellschaft zu dem großen Siege Glück wünschte, den die Krieger Wilhelms von der Mark und die guten Bürger von Lüttich gewonnen hatten.

      »Ja,« antwortete Wilhelm von der Mark spöttisch, »wir haben endlich das Wild erlegt, wie der Dame Windspiel zum Wolfshund sagte. Aber seht da! Herr Bürgermeister, Ihr kommt wie Mars, mit der Schönheit an Eurer Seite. Wer ist diese Hübsche? – Entschleiert, entschleiert – Heutnacht nennt kein Weib ihre Schönheit ihr eigen.«

      »Es ist meine Tochter, edler Hauptmann,« antwortete Pavillon; »und ich muß Euch um Verzeihung bitten, daß sie ihren Schleier trägt. Sie hat es so den heiligen drei Königen gelobt.«

      »Ich will sie gleich vom Gelübde lossprechen,« sagte von der Mark; »denn hier mit einem Messerschlag will ich mich zum Bischofe von Lüttich weihen; und ich hoffe, ein lebendiger Bischof ist drei todte Könige werth.«

      Die Gäste schauderten und murrten; denn Lüttichs Bürgerschaft, und selbst einige der rohen Soldaten verehrten die Könige von Cöln, wie man sie gewöhnlich nannte, obwohl sie sonst nichts achteten.

      »Nun, ich habe gegen ihre verstorbnen Majestäten nichts Böses im Sinne,« sagte von der Mark; »blos Bischof will ich werden. Ein Fürst, der zugleich weltlich und geistlich ist, der da Macht hat, zu binden und zu lösen, wird am besten für eine Bande Bösewichter, wie ihr seid, passen, denen kein Anderer Absolution geben würde. – Aber kommt hieher, edler Bürgermeister – setzt Euch neben mich, Ihr sollt sehen, wie ich mir eine Vakanz zu meinem eignen Besten bereite. – Bringt unsern Vorgänger auf dem heiligen Stuhle herein.«

      Ein Geräusch erhob sich in der Halle, während Pavillon, der den angebotenen Ehrensitz höflich ablehnte, sich am untern Ende der Tafel niederließ und seine Begleiter sich dicht hinter ihm hielten, nicht unähnlich einer Heerde Schafe, die, wenn ein fremder Hund erscheint, sich wohl zuweilen hinter einem alten Leithammel versammelt, der, Kraft seines Amtes und Ansehens, auch mehr Muth als sie selber zu haben scheint. Nahe bei diesem Platze saß ein sehr hübscher Bursch, wie man sagte, ein natürlicher Sohn des Wüthenden von der Mark, gegen den dieser zuweilen Zuneigung, ja Zärtlichkeit zeigte. Die Mutter des Burschen, eine schöne Concubine, starb durch einen Schlag, den ihr der wüthende Häuptling in einem Anfall von Trunkenheit oder Eifersucht ertheilte; und ihr Tod verursachte nachher dem Tyrannen so viel Gewissensqual, als er zu empfinden fähig war. Seine Zuneigung zu dem überlebenden Kinde mochte zum Theil auf jenem Umstande beruhen. Quentin, der diesen Zug von des Häuptlings Charakter schon durch den alten Priester erfahren hatte, stellte sich so dicht als möglich bei dem Jünglinge auf; denn er war entschlossen, sich seiner entweder als Geißel oder als Beschützers zu bedienen, wenn andere Rettungsmittel fehlschlügen.

      Während Alle in Erwartung standen, um den Erfolg der Befehle, die der Tyrann gegeben, zu erfahren, flüsterte einer von Pavillons Gefährten dem Peterkin zu: »Nannte unser Meister nicht die Dirne dort seine Tochter? – Ei, das kann unser Trudchen nicht sein. Dies schlanke Mädchen ist zwei Zoll höher; und dort guckt auch eine schwarze Haarlocke unter dem Schleier vor. Bei St. Michael am Marktplatz! Ihr könntet eben so gut eine schwarze Ochsenhaut ein weißes Kalbfell nennen.«

      »Still, still!« sagte Peterkin mit einiger Geistesgegenwart. – »Wenn nun unser Meister Lust hat, ein Stück Wild aus des Bischofs Park zu stehlen, ohne der guten Meisterin Wissen? Gehört sich's für dich oder mich, den Spion dabei zu machen?«

      »Das will ich nicht, Bruder,« antwortete der Andere, »obwohl ich nicht gedacht hätte, daß er bei seinen Jahren noch so ein Wilddieb sein würde! Sapperment – was für ein schüchtern Kind das ist! Sieh', wie sie sich hinter jenen Stuhl hinter der Andern Rücken versteckt, mn dem Blicke der Märker zu entgehen. – Doch halt, halt! Was werden sie mit dem armen alten Bischof beginnen?«

      Bei diesen Worten ward der Bischof von Lüttich, Ludwig von Bourbon, von den rohen Soldaten in die Halle seines eigenen Palastes geschleppt. Sein zerrauftes Haar, sein Bart und seine Kleidung zeigten, welche üble Behandlung ihm bereits widerfahren war. Einige priesterliche Gewänder, die man ihm eilig übergeworfen hatte, schienen ihm nur zum Hohn und zur Verspottung seines Standes und Berufes angelegt zu sein. Zum Glück war die Gräfin Isabelle, wie Quentin glaubte, in solcher Lage, daß sie weder sah noch hörte, was vorging, denn sonst hätte sie, wenn sie ihren Beschützer so gräßlich behandelt sah, leicht ihr eigenes Geheimniß und ihre Sicherheit gefährden können. Durward stellte sich auch mit Fleiß so vor