Johannes Althusius ( * 1563 – † 1638)
Den Deutschen war die Theorie von der unteilbaren Staatsgewalt fremd. Das vornehmste Staatsgebilde des Abendlandes, das Römische Reich Deutscher Nation, war ein Wahlreich, in dem die Regierungsgewalt oder Majestas zwischen dem Kaiser und den Fürsten, dem Reich im engeren Sinn oder den Reichsständen, geteilt war. Ähnlich war es in den einzelnen Ländern, die das Reich bildeten. Gelangten die Fürsten auch nicht durch Wahl, sondern durch Erbfolge zur Herrschaft, so war doch immer noch kenntlich, dass sie ursprünglich nur Inhaber einzelner Regierungsrechte gewesen waren. Sie teilten die Gewalt mit den Ständen, die ihnen meistens erst dann huldigten, wenn sie ihnen ihre Rechte eidlich gewährleistet hatten. Die Stände, fast immer aus Vertretern des Adels, der Geistlichkeit und der Städte, sehr selten auch aus solchen der Bauern bestehend, setzten sich für ihre eigenen Interessen ein, aber auch für die der Teile des Volkes, die nicht unmittelbar vertreten waren. Man nannte die Art des Staates, in dem die Regierungsgewalt zwischen Fürst und Ständen geteilt war, den Ständestaat. In den geistlichen Ländern des Reiches nahm die geistliche Körperschaft, welche den Bischof, Abt oder was für einen Herrn immer wählte, die Stelle der Stände ein. Auch das Haupt der Kirche, der Papst, wurde von den Kardinälen gewählt; das Konstanzer Konzil hatte die Absetzbarkeit der Päpste erklärt und selbst einen Papst abgesetzt.
Wenn die Germanen sich rühmten, die Freiheit in das zusammenbrechende Römische Reich eingeführt zu haben, so durften sie das insofern tun, als sie keine Macht gelten ließen, die nicht durch das Recht veredelt gewesen wäre. Auch der mächtigsten Macht setzten sie die Schranke des Rechts. Die gewaltige Pyramide des mittelalterlichen Reiches war durch das Spiel miteinander ringender und sich ausgleichender Kräfte beseelt und dadurch als lebendiger Organismus gekennzeichnet.
Immanuel Kant (* 22. April 1724 in Königsberg, Königreich Preußen; † 12. Februar 1804 ebenda) war ein deutscher Philosoph der Aufklärung. Kant zählt zu den bedeutendsten Vertretern der abendländischen Philosophie.
Kant sah das Wesen des Organismus darin, dass alle seine Glieder sowohl Wirkung erleiden wie Wirkung ausüben, zugleich Mittel und Zweck sind. Im Leviathan des Hobbes wirkt nur das Zentrum, die Staatsgewalt, auf untergeordnete Teile, ohne von ihnen Wirkung zu empfangen, er war also eine Maschine, wie auch Hobbes selbst ihn einen künstlichen Menschen nannte. Insofern manche seiner Zeitgenossen den Menschen überhaupt als Maschine betrachteten, kam diese Unterscheidung nicht in Betracht.
Der germanischen Auffassung wirkte von jeher die des antiken Staates entgegen und tat es mit größerem Nachdruck seit der Wiedergeburt des klassischen Altertums in Italien. Sie unterstützte die natürliche Neigung der Fürsten, ihre Macht zu vergrößern, wie sie denn schon im 15. Jahrhundert mit Hilfe ihrer juristisch gebildeten Räte den Grundsatz ins Feld zu führen wussten, jedem Landesherrn stehe es zu, die Herrschaft über seine Untertanen so zu handhaben, dass der Gehorsam ungespalten sei. Mit solchen Behauptungen hatte der Herzog von Tirol den Bischof von Brixen angegriffen, und die mächtige Kirche, der geistesgewaltige Nikolaus von Cusa, hatten schließlich den Kürzeren gezogen.
Nikolaus von Cusa
Darauf, die Kirche, die bisher so furchtbare Nebenbuhlerin des Staates, unschädlich zu machen, kam es Hobbes hauptsächlich an.
Kaum war nach der Reformation der alte Drache Kirche schwer verwundet in seine Höhle zurückgekrochen, so streckte der Leviathan Staat seinen züngelnden Kopf hervor. Wenn er besorgt vor Feinden war, so war er es am meisten vor jenem Drachen, dessen schweren Atem er noch spürte. Nie wieder durfte er ausbrechen, er musste als verderblicher Giftwurm in der Erinnerung der Menschen fortleben, die Religion, in deren Namen er geherrscht hatte, musste entwertet werden. Hobbes, der die Lehre von der Unteilbarkeit der Staatsgewalt so zum Äußersten geführt hat wie kein Staatsrechtslehrer vor ihm, bemühte sich denn auch, seinen Leviathan vor allen Ansprüchen der Kirche sicherzustellen. Die Kirche, sagt er, hat, da der Staat unteilbar ist, kein Dasein, das vom Dasein des Staates gesondert wäre, und kein eigenes Recht. Sie ist eine Einrichtung, die der Gesetzgeber nach dem Gesichtspunkt des Staatswohls gestalten und verändern kann. Staat und Kirche sind ihrem Wesen nach eins und müssen durch einen und denselben unteilbaren Willen dargestellt werden. Namentlich muss der Einfluss der Kirche auf den Unterricht gebrochen werden. Die Universitäten, die unter der Aufsicht des Papstes standen und eigentlich kirchliche Anstalten waren, müssen, verlangt Hobbes, dem Staat unterstellt werden. Ohne Religion soll das Volk nicht sein, aber der Staat bestimmt den Glauben, der ohne die Bestätigung des Staates Aberglauben wäre; der Staat legt die Bibel aus. Ketzer nannte man bisher diejenigen, die von den Lehren der Kirche abwichen, Ketzer ist nach Hobbes, wer eine andere Meinung hat als der Souverän. Wie alle Gelehrten seiner Zeit, ließ auch Hobbes den Staat durch Vertrag entstehen, aber mit dem Unterschied von anderen, dass er annahm, das Volk habe sich beim Vertrag aller seiner Rechte vollkommen entäußert, so dass den Untertanen in keinem Fall ein Recht auf Widerstand geblieben sei. Sie waren in seinen Augen keine juristische Person mehr, die ein Recht haben könne, sondern ein Haufe, eine Volksmenge. Der Leviathan allein ist im Besitz von Macht und Recht; er ist, nach Hobbes, wenn dieser auch zu vorsichtig war, um sich geradezu als Gottesleugner zu bekennen, der Gott auf Erden.
Es ist merkwürdig, dass der Verfasser des Leviathans ein Engländer war, ein Sohn des Landes, das bald das freieste, das einzig freie in Europa gepriesen werden sollte. Auch wurden der Leviathan und andere Werke des Hobbes im Jahr 1683, vier Jahre nach seinem Tod, von der Universität Oxford verbrannt, während sie die deutsche Wissenschaft stark beeinflussten; Hobbes gilt neben Spinoza und mit mehr Recht als dieser als der Vater des Atheismus.
Baruch de Spinoza
Das gotterfüllte Geisterreich, an das der mittelalterliche Mensch geglaubt hatte, war in seinen Augen ein von listigen Priestern vorgetäuschtes Blendwerk. Für die moderne Wissenschaft war das Weltall ein Uhrwerk, das menschliche Herz eine Feder, alles Geschehen ein berechenbarer Ablauf.
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Der Fürstenstaat
Der Fürstenstaat
Ungefähr um dieselbe Zeit wie der Leviathan erschien in Deutschland ein Buch über den Staat, das die im Reich althergebrachte Auffassung zusammenfasst und das bis ins 18. Jahrhundert viel gelesen wurde und großes Ansehen hatte.
Der Titel des Buches hieß: Der teutsche Fürstenstaat, und sein Verfasser war Veit von Seckendorff, Kanzler des Herzogs Ernst von Sachsen-Gotha, eines der verdienstvollsten Fürsten seiner Zeit.
Veit Ludwig von Seckendorff (* 20. Dezember 1626 in Herzogenaurach; † 18. Dezember 1692 in Halle (Saale)) war ein Gelehrter und Staatsmann.
Ernst I. von Sachsen-Gotha (1601 – 1675)
Beide waren konservativ in dem Sinne, dass sie sich bestrebten, innerhalb der neuen, durch den Westfälischen Frieden geschaffenen Verhältnisse das gute Alte zu bewahren. Das Reich war ihnen eine lebendige, ehrwürdige Größe.
Gottlob, sagte Seckendorff, wissen wir in deutschen Landen von keiner solchen Macht, die von einem einzigen, der sich für den Obersten hielte, ausgeübt wird, einem einzigen, der mit oder ohne Recht, die Gewalt hätte, alle anderen nach seinem Nutzen und Vorteil, nach seinem Willen und Belieben zu führen, ihnen bald dies, bald jenes anzuschaffen.