Es war eine Kampfschrift, die die Weltherrschaftspläne Frankreichs entlarvte und brandmarkte. In einer Sprache voll Feuer und scharfer Klarheit stellte Lisola den abendländischen Fürsten vor, dass sie alle gleichmäßig bedroht wären, dass keiner auf eine andere Gunst des Zyklopen hoffen könne, als zuletzt verschlungen zu werden. Merkwürdig, dass dieser leidenschaftliche und glänzende Aufruf zum Kampf gegen Frankreich von einem im kaiserlichen Dienst stehenden Mann italienischer Abkunft in französischer Sprache geschrieben war. Während des holländischen Krieges hielt sich Lisola im Haag und in Amsterdam auf, ungeachtet der Gefahr, der er sich dort aussetzte, bestrebt, ein Bündnis zwischen dem Kaiser und den Staaten zustande zu bringen. „Ohne miraculi“, hieß es in einem Gutachten des Hofkriegsrats in Wien, „ist nicht möglich, dass nolente imperio der Kaiser Ludwig's vasti disegni verhindere.“ Es musste einer viel Feuer in sich haben, der sich zutraute, so viel Bedenklichkeit und Schläfrigkeit zu entflammen. Lisola erlebte noch den Abschluss des Bündnisses, das einen Umschwung der Ereignisse hoffen lassen konnte, die Enttäuschung nicht mehr; er starb im Jahr 1674.
An Tatkraft und Schwung großer Entwürfe glich ihm ein Zeitgenosse, den man auf der gleichen Seite zu finden nicht erwarten konnte: Graf Georg Friedrich von Waldeck. Wer seine Anfänge kannte, wie er Pläne zur Niederwerfung des Hauses Habsburg machte, musste sich höchlich wundern, ihm sechs Jahre nachdem er den Kurfürsten von Brandenburg verlassen hatte, weil dieser sich gegen Schweden mit dem Kaiser verbündete, im Dienst des Kaisers gegen die Türken kämpfend zu begegnen. Als ihm aufgegangen war, dass die Freiheit des Reiches und Europas nicht von Österreich, sondern von Frankreich bedroht war, stellte er sich vollständig um und führte nun den Kampf gegen Frankreich mit derselben entschiedenen Leidenschaft wie vorher gegen Österreich. Eine Zeitlang hielt er sich am Hof des Herzogs Ernst August von Braunschweig auf und wirkte dort für Anschluss an den Kaiser, dann ging er nach Holland, wo der junge Wilhelm von Oranien als Mittelpunkt des Widerstands gegen Frankreich ihn anzog. Von Holland aus begab es sich, dass er im Auftrag der Republik an den Hof von Berlin ging, um den Kurfürsten zum Eintritt in eine Koalition gegen Frankreich zu bewegen. Der Trieb zu großen Wagnissen und Unternehmungen, bei denen Ehre zu gewinnen ist, der ihn nach seinen eigenen Worten beseelte, fand im Umgang mit Wilhelm von Oranien Genüge.
Man hat Wilhelm III. mit seinem großen Vorfahr, dem Schweiger, verglichen, weil er es verstand wie dieser, zu warten und sich zurückzuhalten, und weil er geduldig, hartnäckig, kein Opfer scheuend, auf der einmal beschrittenen Bahn ausharrte; aber er war nicht wie jener ein glänzender Kavalier, der durch Liebenswürdigkeit und Laune die Herzen gewann. Wilhelm III. war wortkarg, trocken, verschlossen, sei es, dass das seine Natur war, oder dass die im Schatten verbrachte Jugend, die Zurücksetzung, der er sich unterwerfen musste, diese Anlage verstärkt hatte. Die Rolle, die er bei der Ermordung der Brüder de Witt spielte, hat düstere Linien in sein Bild gezogen. Seine unzugängliche Art schreckte manche ab, nur denjenigen, deren Charakter und Gesinnung er erprobt hatte, verriet er, dass er warmer Empfindung fähig war. Sehr schwer musste es dem temperamentvollen, offenen Waldeck werden, die kühle Behandlung von Seiten des um dreißig Jahre jüngeren Mannes zu ertragen; aber er tat es um der Sache willen, für die sie beide kämpften. Auf Grund dieser Übereinstimmung sollte sie mit der Zeit enge und dauernde Freundschaft verbinden.
Hatte Wilhelm III. nicht die strahlende Kraft, die von manchen heroischen Naturen ausgeht, so wirkte doch auch seine verhaltene Leidenschaft fesselnd. Die sich ihm einmal angeschlossen hatten, wie Waldeck und der Ratspensionär Heinsius, der Nachfolger des unglücklichen de Witt, blieben in seinem Bann. Leider besaß er nicht die Feldherrngaben, die seine Vorfahren Moritz und Friedrich Heinrich ausgezeichnet hatten. Er war ebenso wie Waldeck im Feld meist unglücklich. Immerhin gab Ludwig, nachdem der erste siegreiche Angriff zurückgeworfen war und das verbündete kaiserlich-brandenburgische Heer herannahte, den Krieg gegen Holland auf. Die Republik war für den Augenblick gerettet.
Zu den großen Gegnern Ludwigs XIV. darf man auch Leibniz zählen, obwohl er im Dienst des Kurfürsten von Mainz seine Laufbahn als Anhänger Frankreichs begonnen hatte und nie aufhörte, die französische Kultur zu schätzen. Den Reichsfeind Ludwig bekämpfte seine Feder, seine eindringlichen, schneidenden Äußerungen begleiteten alle die kriegerischen Aktionen, die sein Leben erfüllten, bald aufreizend, bald trauervoll und zornig.
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Ungarn und Türken
Ungarn und Türken
Zur Methode Ludwigs gehörte es, denen, die er angreifen oder die er verhindern wollte ihn anzugreifen, Feinde zu erwecken. Deshalb reizte er Portugal zum Krieg gegen Spanien, deshalb suchte er einen französischen Prinzen oder von ihm abhängigen Mann auf den polnischen Thron zu bringen, der sich etwa gegen Österreich gebrauchen ließ. Österreich gegenüber war er in der günstigen Lage, sich zweier immer zum Sprung bereiter Feinde dieser Macht bedienen zu können: der Ungarn und der Türken. Man muss die stets von Osten drohende Gefahr bedenken, um Leopolds unsicheres Verhalten im Westen zu verstehen.
Es waren die schwierigen Verhältnisse Siebenbürgens, die einen Zusammenstoß mit der Türkei herbeiführten. Dies Land hatte sich unter ehrgeizigen und oft hervorragenden Führern eine Art Selbständigkeit zwischen der Pforte und Österreich zu behaupten gewusst, sich bald mehr dem einen, bald dem anderen Land anschließend. Als die Pforte den Großfürsten Rákoczy, der ihre Unzufriedenheit erregt hatte, angriff und besiegte, dann das ungarische Großwardein eroberte, glaubte die österreichische Regierung sich einmischen zu müssen, um einem türkischen Einfall in die Erblande vorzubeugen.
Wenn sich der Kaiser nicht leicht zum Krieg entschloss, so erklärt sich das aus der Schwierigkeit, ein den türkischen Streitkräften nur einigermaßen gewachsenes Heer zusammenzubringen. Er verfügte damals über 12.000 Mann, wozu noch das etwa 15.000 Mann zählende Aufgebot der Ungarn kam, und diesen standen 120.000 Türken gegenüber. Sicherlich hätte der Kaiser mehr Geld und mehr Soldaten aus den Erblanden aufbringen können, wenn die militärischen Angelegenheiten ganz in seiner Hand gelegen hätten und wenn nicht in der Verwaltung Schlendrian und Schlamperei herkömmlich gewesen wären. „Kein Mensch hat hier Lust zu ernstlicher Arbeit“, schrieb der Nuntius an den Papst, und später Prinz Eugen: „Es mag auch noch so schlechte Nachricht kommen, ist man doch hier weit entfernt, sich zu beunruhigen oder an Abhilfe zu denken. Man ist hier von außerordentlicher Gemütsruhe und lässt alles seinen Gang gehen.“
Hier Ordnung zu schaffen, war Leopold nicht die Persönlichkeit. „O Dio“, schrieb er einmal seinem Beichtvater, „come detesto di dover prendere delle resoluzioni!“ Aus Angst vor Entschlüssen und Entscheidungen ließ er die Dinge gehen, und eine ähnliche Geistesverfassung herrschte in seiner Umgebung.
Raimondo Graf von Montecuccoli, seit 1651 Fürst von Montecuccoli (* 21. Februar 1609 auf Schloss Montecuccolo in Pavullo nel Frignano bei Modena; † 16. Oktober 1680 in Linz), war ein italienischer kaiserlicher Feldherr, Diplomat und Staatsmann in österreichisch-habsburgischen Diensten.
Der Oberbefehlshaber des kaiserlichen Heeres, Raimondo de Montecuccoli, einer der vielen zu Österreichern gewordenen Italiener, war im Jahr 1609 in Modena geboren, hatte in vielen Schlachten des Dreißigjährigen Krieges mitgekämpft und war in den Jahren 1639-42 in schwedischer Gefangenschaft gewesen. Diese Zeit hatte er benützt, um viel zu lesen, nicht nur kriegswissenschaftliche, sondern auch allgemein wissenschaftliche Werke, und hatte sich eine bedeutende Gelehrsamkeit erworben. Vielleicht war es dies Wissen, vielleicht auch das zunehmende Alter, das seine Kriegführung bedächtig, oft allzu bedächtig machte. Überhaupt aber war es der Grundsatz dieser Epoche, Schlachten womöglich zu vermeiden, um die Soldaten, eine kostbare Ware, zu sparen, und mehr durch geschickte strategische Bewegungen Erfolg zu erringen. Montecuccoli ging darin sehr weit; allerdings war