Emmi Ruprecht
Drei Jahre später
'Ein Ort in Italien' - Es geht weiter
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Inhaltsverzeichnis
Personen
DREI JAHRE SPÄTER
‚Ein Ort in Italien‘ – Es geht weiter
Emmi Ruprecht
Die Reisegruppe
Elli (39) ist eine hochgewachsene, attraktive Frau mit langen braunen Haaren, deren Fröhlichkeit und Gutmütigkeit manchmal fast ein wenig naiv wirkt. Sie glaubt nicht zu wissen, was sie will.
Monika (52) sieht man schon an den strengen Gesichtszügen, den straff zurückgebundenen Haaren und dem immer schicken, tadellosen Äußeren an, dass sie hart gegenüber sich selbst und manchmal auch gegenüber anderen ist. Damit macht sie sich das Leben nicht unbedingt leichter.
Matthias (36), blond, groß, schlaksig und ganz der Typ „großer Junge“, hat verstanden, wie die Welt funktioniert, und lässt andere nur zu gerne an seinen Erkenntnissen teilhaben.
Ulla (26) wirkt irgendwie blass und farblos, ist ziemlich klein, verfügt jedoch über ein umfangreiches Hinterteil, mit dem sie sich gerne auf alles Mögliche setzt. In Matthias hat sie einen Versorger für sich und ihren fünfjährigen Sohn Felix gesucht und gefunden.
Maik (47) ist ein gut aussehender, durchtrainierter Mann mit braunem Haar, das an den Schläfen langsam ergraut, und dunkelbraunen Augen. Für ihn ist die Welt in Ordnung, solange sie sich um ihn dreht.
Carola (40) ist bildschön mit ihren langen blonden Haaren und ihrem makellosen Äußeren. In ihrem Bemühen, ihre Ehe mit Maik zu retten, geht ihr langsam die Puste aus.
Julie (40), die Schweizerin, fällt auf durch ihre prachtvollen kastanienfarbenen Locken und ihr offensichtliches Selbstbewusstsein. Doch sie wirkt nur nach außen stark, unabhängig und distanziert. Innerlich sehnt sie sich nach Halt und Menschen, die ihr nahe stehen.
Josh (43) ist Neuseeländer mit deutschen Wurzeln. Er ist schlank, hochgewachsen, mit hellblonden zerzausten Haaren und auffallend grünen Augen. Seine Unabhängigkeit bedeutet ihm viel.
Heiko (44) sieht man an, dass er wenig Wert auf sein Äußeres legt. Seine Haare sind kraus und ebenso wie seine Kleidung von undefinierbarer Form. Sympathisch und manchmal sogar charmant schlurft er durch die Welt, kommt dabei aber nicht vom Fleck.
Petra (55) ist klein, zierlich und wirkt oft schüchtern. Doch wenn sie sich etwas vorgenommen hat, setzt sie das konsequent um. Verhängnisvoll ist dabei nur ihre Schwäche, stets für alles und jeden die Verantwortung zu übernehmen.
Die Kursleiter
Cosima (48) ist ein kleines, molliges Temperamentbündel mit langen rotgelockten Haaren. Sie fühlt sich für das Seelenheil ihrer Schüler zuständig und hat dabei alle Hände voll zu tun, das mangelnde Zartgefühl ihres Kollegen auszugleichen.
Don Carlos (47) ist mit dem Aussehen eines umwerfend attraktiven Flamencotänzers gesegnet, macht sich jedoch wenig daraus. Er ist eigentlich immer gut gelaunt und hat überhaupt keine Antennen für Schwingungen. Zurzeit hat er Besuch von seiner „Mama!“ Dorothee (74).
Die Gastgeber
Stefan (50), wegen seiner italienischen Wurzeln „Stefano“ genannt, und seine Frau Sandra (48) kümmern sich mit Leidenschaft um ihr Anwesen und ihre Gäste. Unterstützt werden sie von Edith (75), Sandras Mutter, deren Kochkunst beinahe schon legendär ist.
Die Anreise
Elli und Monika
Elli steht am Rande der Schotterpiste, wo sie soeben ihr Auto geparkt hat, um die Aussicht zu genießen. Sie schaut weit über die Berge und das Tal, das sich zu ihren Füßen erstreckt. Dunkelgrüne, dicht bewaldete Hänge, nur ab und zu von einer hellgrünen Wiese oder sonnengelb blühenden Ginstersträuchern durchbrochen, reihen sich bis zum Horizont aneinander. Unberührt, fast märchenhaft liegt die Landschaft vor ihr, nur hier und da erahnt sie ein ziegelrotes Dach oder eine aus grauem Naturstein erbaute Mauer. Dazu dringt von Ferne ganz zart das Läuten von Kuh- oder Ziegenglocken an ihr Ohr.
Es ist ein zauberhaftes Bild, das sich Elli präsentiert, und der Anblick lässt sie vor Wonne erschauern. Doch was ihr Herz vor Glück fast zerspringen lässt, ist das, was sie genau gegenüber, auf der anderen Seite des Tals, erblickt. Dort ragt ein Plateau wie eine mächtige Hakennase aus dem Berg und dehnt sich mit nur leichtem Gefälle bis weit in den Süden aus. Oben auf dem Plateau steht, umrahmt von hohen Bäumen, eine Ansammlung von Häusern, deren graue und sandfarbene Fassaden warm vom Licht der spätnachmittäglichen Sonne angestrahlt werden. Dahinter fällt der Hang plötzlich steil ab und versinkt in dem undurchdringlichen Dickicht von Sträuchern, Gräsern und genügsamen kleinen Bäumen, die sich einen festen Halt auf dem unwegsamen Gelände erobert haben. Was für ein herrlicher Ort!
Elli erinnert sich noch gut an jenen Moment vor drei Jahren, als sich ihr dieser Anblick zum ersten Mal bot. Schon damals war sie zutiefst entzückt gewesen, nach der endlosen Fahrt über Serpentinen, an pittoresken, kleinen Dörfern und verlassenen, halb verfallenen Höfen vorbei, dieses Gut und damit das Ziel ihrer Reise in seiner ganzen einladenden Pracht vor sich zu sehen. Und heute ist es noch viel mehr als das! Heute ist es fast wie nach Hause zu kommen, obwohl sie vor drei Jahren nur eine einzige Woche hier verbracht hat. Aber jener kurze Urlaub gehört zu den intensivsten Erlebnissen ihres Lebens und hat sie verändert. Seit damals ist dieser Ort in Italien zu einem Sehnsuchtsort für sie geworden, an den sie sich oft zurückträumt, wenn die „wirkliche“ Welt, der graue Arbeitsalltag, allzu öde, frustrierend und nichtssagend erscheint.
Doch jetzt träumt sie nicht. In diesem Moment ist es Wirklichkeit: Sie ist wieder da!
Damals, als Elli zum ersten Mal hier am Rande der Schotterpiste