Wrong turn. Juryk Barelhaven. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Juryk Barelhaven
Издательство: Bookwire
Серия: 1
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754185032
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abziehen, einverstanden? Wenn wir ihren besten Chemiker entführen, werden sie nicht tatenlos zusehen. Haben wir uns verstanden?“

      „Jaja.“

      Es dauerte vierzig Minuten, bis die beiden vor sich eine stillgelegte Fabrik erblickten. Atemlos starrten sie zu dem Bau, der durch wenige Lampen und einer Menge Fackeln erhellt war. Vor dem Eingang standen eine Vielzahl von Autos, Motorrädern und Busen zwischen denen einzelne Gestalten im Zwielicht auftauchten. Die Nacht wandelte sich zum Tag, und die Partie war im vollen Gang. Hansen überprüfte seine Waffe zum wiederholten Male und steckte sie sich mit dem Schalldämpfer hinten hinter dem Gürtel, während er den Kopf schräg legte. „Techno, Heavy Metal…Dubstep? Können die sich mal entscheiden?“

      Max kicherte leise und ging einen schmalen Pfad voraus ins Tal.

      Der Bass wummerte hart. Getränke wurden gereicht und reichlich geraucht und getanzt. Kaum war das Team an dem Zaun zum Eingang angekommen, rochen sie Fäulnis, Schweiß, kochendes Essen, brennenden Holz und den unverwechselbaren Geruch von Marihuana. An einigen verrosteten, halbverfallenen Autos gelangten sie zum Haupteingang.

      Drei Männer saßen mit gekreuzten Beinen um ein kleines Lagerfeuer herum und brieten eine Katze, die sie auf einen Schirmstock aufgespießt hatten. Sie waren bis zur Taille nackt, und Brust und Gesicht waren mit etwas beschmiert, das die Farbe von Rost hatte. Das hüftlange Haar wurde von Haarbändern zurückgehalten. Einer von ihnen hatte sich grüne und gelbe Papageienfedern in sein band gesteckt und sah wie ein Indianer mit traurigem Kopfschmuck aus. Ihre Waffen lagen griffbereit neben ihnen, lange, im Schein des Feuers glänzende Messer, handgefertigte Bogen und Köcher mit Pfeilen, die aus Angelruten geschnitzt und deren Spitzen mit langen Nägeln bewehrt waren. An dem Zaun lehnte eine lange Stange. Zuerst hielt Max die Dinger, die von ihr herabbaumelten, für Tierfelle. Dann erkannte er, was sie wirklich waren – menschliche Skalps.

      Er bedeutete Hansen sich ruhig zu verhalten und schlenderte gemächlich zu der Gruppe. „Nabend.“

      Der Ältere blickte kaum auf. „Hast du dich verlaufen, Fremder?“ Die anderen beiden sahen Max mit gemäßigten Interesse zu, wie er umständlich nach seinen Bitcoins kramte. „Wollen mal sehen, wie die Party steigt. Können wir rein?“

      „Von welchem Stamm?“

      Lauernde Blicke maßen ihn. Jemand nahm sein Messer zur Hand und schien zu warten.

      „Von den Ewoids unten um Fluss. Haben den ganzen Tag Bäume gefällt, sag ich.“ Max rotzte gekonnt in eine Ecke und kratzte sich ungeniert am Sack. Er war plötzlich ein ganz anderer. „Die Sache mit Roy hat uns mitgenommen, Mann. Konnte ihn gut leiden. Spencer, richtig?“

       „Er ist Spencer. Ich bin Trevor“, half der Ältere aus und nickte knapp. „Roy hätte besser aufpassen sollen. Verdammte Schande, sage ich.“ Er maß ihm mit einem nicht unfreundlichen Blick. „Die Ewoids sind in Ordnung. Sag Pjotr, dass er mir noch zehn Bitcoins schuldet.“

      Max tat genervt. „Himmel, wie oft muss ich das noch hören!? Ständig leiht er sich Geld.“

      Alle drei nickten sich zu. Ja, das war Pjotr.

      Schließlich nickte der Ältere und wies auf den Eingang. „Na, geht schon rein.“

      Eine breite Neonlichtreklame strahlte in kreischend hellen Farben das Wort Lagoony in den Himmel.

      „Passender Name. Werden Sie gleich sehen.“

      Hansen folgte Max über einen schmalen Weg, der zur Haupthalle führte. Schon jetzt fiel es ihnen schwer sich bei dem Lärm zu verstehen. „Infos, Hansen. Die Hälfte des Erfolgs.“

      Die Fabrik war sehr alt. Sie hatte angefangen, alt und überholt zu sein, als die ersten Schiffe den Planeten verließen und war jetzt eine riesige, zugige Halle, die in Aufbau und Aussehen des einfachen Philosophen der Technokraten des neunzehnten Jahrhunderts wiederspiegelten. Auf den gut zehn Meter hohen Pressstanzen hatten sich Schaulustige und Unterhaltungssüchtige versammelt, deren Ränder nur notdürftig mit Paketband abgesperrt waren. Zahllose Discokugel drehten sich synchron und warfen glänzenden Schein an die Wände und an die Gesichter von rund sechshundert Personen, die tanzten, grölten, tranken oder sich prügelten. Je nach Laune. Max atmete tief den Gestank der Dekadenz und des ungezügelten Lotterlebens ein und grinste Hansen zu.

      Vorne auf einer Schwebebühne sorgten Boxen für Lärm, während drei Gitarristen sich anstrengten, der Party den passenden Sound zu liefern. Vor ihnen eine nackte Frau, die ungezügelt mit einem Mikrofon Strophen sang, als hinge ihr Leben davon ab. Was wohl stimmte. Der Menge gefiel es.

      Nach nicht mal zehn Sekunden hatte Max begriffen, worum es den PureSkys in erster Linie ging: Lärm, Sex und reichlich Bier.

      Er setzte sich an die Bar und legte einen Bitcoin hin. Der Wirt, ein Riese mit zwei gelben Augen, die wie Urinlöcher im Schnee anmuteten, reichte zwei Dosen und putzte weiter seine Gläser.

      Max, kahlköpfig, weiß und mit breitem Bizeps wurde schnell akzeptiert. Verhärmte Gesichter maßen ihn mit freundlichen Blick. Ohne zu fragen stellte der Wirt eine zusätzliche Schale Erdnüsse vor ihnen hin.

      Hansen hingegen entsprach nicht ganz dem Credo dieses Vereins. Nach dem dritten Anrempeln von der Seite hatte er genug, und stellte sich den Leuten, die ihn offensichtlich nicht hier haben wollten. Ein lautes Wortgefecht, kurzes Geschrei und ein demonstratives Zeigen seiner Waffe – schon hatte er seine Ruhe. Erstmals.

      Max hatte dafür keinen Blick.

      Neben ihm kam es zum Streit: zwei betrunkene Kerle schlugen und traten auf sich ein und gaben sich Schimpfworte - bis der Erste ein Messer zog.

      Plötzlich ging das Licht aus.

      Murren von allen Seiten, jemand schrie etwas, bis ein Lichtkegel die Bühne aufleuchten ließ. Die Band war verschwunden. Jetzt stand dort eine Frau.

      Es wurde still.

      In einem roten Bademantel bekleidet blickte die dralle Schönheit mit dem feuerrotem Haar zu den Massen und hob das Mikrofon an ihre Lippen. Max runzelte die Stirn und beugte sich vor.

      „Willkommen im Lagoony“, gurrte sie kokett und begann mit der anderen Hand an dem Kabel zu spielen. „Wir möchten kurz innehalten und uns daran erinnern, was unsere Gründerväter mit auf dem Weg gegeben haben. Ich sehe in jedes einzelne Gesicht und erkenne Güte, Stärke und… Reinheit. Auf euch, meine Freunde.“ Sie stolzierte los und von der Seite schoben kräftige Männerhände ein Klavier auf die Bühne, an dem sich schnell ein Pianist setzte. Das Klavier war nicht gestimmt, aber das spielte keine Rolle: die Frau traf jeden Ton perfekt und ihre hohe Falsettstimme sang tönend und voll.

       The snow glows white on the mountain tonight

       Not a footprint to be seen

       A kingdom of isolation

       And it looks like I'm the queen

       The wind is howling like this swirling storm inside

       Couldn't keep it in, heaven knows I've tried

       Don't let them in, don't let them see

       Be the good girl you always have to be

       Conceal, don't feel, don't let them know

       Well, now they know

      Mit allem hatte Max gerechnet – nur nicht damit. Langsam ließ er sein Bier sinken und starrte wie getroffen zu der Frau, die sich schamlos aus einem bekannten Musical bediente. Den anderen Männern und Frauen schienen es ähnlich zu gehen: gaffende Blicke, schmachtend und voller Ehrfurcht, starrten sie alle gebahnt zu der reizenden Schönheit, die sich langsam auszuziehen begann.

      Eine Peepshow.

      Max Snow schluckte schwer und spürte, wie er rot wurde. Vergessen war der Auftrag, die ganze Vorsicht und seine militärische Laufbahn. Jetzt gab es nur sie und ihre Stimme.

      Neben