Damit war mein Wissensdurst gestillt, deshalb überließ ich Nina die weitere Fragerei.
Den restlichen Ablauf bekam ich mangels Interesse kaum noch mit, da mir langsam Zweifel kamen, weil mir bewusst wurde, dass Gabi versucht hatte, mich zu manipulieren. Sie hatte mir geschäftliche Schritte nahelegen wollen, die für mich absolut nicht in Frage kamen.
Am nächsten Abend drängte mich meine Freundin Nina die Sache doch einmal alleine zu versuchen. Sie war vom „Geister-Fieber“ gepackt.
Bei uns beiden „Neulingen“ rührte sich natürlich nichts. Das stärkte meine Zweifel und ich vermutete, dass Gabi als „Medium“ gedient und mit ihrer Energie das Glas geschoben hatte. Damit sah ich die „Geister-Geschichte“ endgültig als Humbug an.
https://de.wikipedia.org/wiki/Medium_(Person)
(Medium ist eine Person, die von sich behauptet Botschaften von übernatürlichen Wesen, Geistern oder Verstorbenen empfangen zu können. In der Parapsychologie bezeichnet man deren Techniken mit Hypnose und Telepathie.
Ein Medium behauptet zur jenseitigen Welt Verbindung aufzunehmen, und vermittelt ihren Zuhörern zumeist persönliche Botschaften, des Trostes oder der Lebenshilfe. Die Behauptung die Botschaften kämen von Verstorbenen wird damit begründet, dass sie sehr präzise Details von Aussehen oder Lebensweise verstorbener Angehöriger wiedergäben.)
Olgas Prognose
Vielleicht gerade deshalb folgte ich also Gabis Empfehlung und ging ich zu Frau Olga. Sie war die „Anlaufstelle“ aller Huren im Rhein-Ruhr-Gebiet. Weil sie ihren Kundinnen die Karten legte, und daraus bisher immer die richtigen „Voraussagen“ getroffen hatte, musste ich auch unbedingt zu Frau Olga gehen. Jedenfalls hatte Gabi das behauptet.
Als ich in Dortmund anrief, musste ich feststellen, dass es gar nicht so einfach war, einen kurzfristigen Termin zu bekommen, denn Frau Olga war gefragt. Das zweite Problem war, dass wir zu zweit kommen wollten, denn natürlich musste Nina unbedingt mit. Klar, sie hatte ja wesentlich größere Probleme als ich.
Von Olga wollte ich mir aus deren Karten die Zukunft voraussagen lassen. Ninas Begleitung erwies sich schon auf dem Weg als nervig. Sie plapperte unentwegt von dem Mann ihrer Träume, den Olga hoffentlich in den Karten sehen konnte.
Die Dame wohnte in einer, für das Ruhrgebiet typischen, ehemaligen Bergmanns-Siedlung, deren Einfamilienhäuser einander glichen wie ein Ei dem anderen. Das verwitterte Grau des Rauputzes wirkte schon äußerlich alt und ärmlich, im Inneren war das kleine Haus so beengend, dass es schon beim Eintreten deprimierend wirkte.
Ein Mann öffnete uns, der wohl Olgas Ehemann war. Von der winzigen dunklen Diele führte er uns in ein ebensolch kleines „Wartezimmer“ und bat um Geduld. Seine Frau sei noch in einer Sitzung.
Die spärliche Möblierung aus den 70gern ließ auf bescheidene Einkünfte schließen, was bei dem „Sitzungspreis“ von fünfzig Mark verständlich erschien. Wir mussten uns noch eine halbe Stunde gedulden, dann durfte nur eine Person zu der Wahrsagerin rein kommen. Ich ging zuerst.
Frau Olga war eine dralle, Wasserstoff- blondierte Dame um die Fünfzig, zwar schlicht gekleidet, aber stark geschminkt und mit Gold behangen wie ein Weihnachtsbaum, dennoch sehr sympathisch. Ihre Stimme war dunkel und mit einem Akzent der auf Polnischen oder Russischen Hintergrund schließen ließ.
Nachdem sie mir einiges über meine Person und Vergangenheit erzählt hatte, ohne mich vorher gefragt zu haben, was erstaunlicherweise alles völlig zutraf; weil weder Olga noch jemand Anders das wissen konnte, war ich total überzeugt, dass Olga übersinnliche Fähigkeiten besitzen müsse.
Sie wusste, dass meiner Mutters Tod mir immer noch sehr nahe ging, dass sie Anna geheißen hatte und erst kürzlich, viel zu jung, an einer schweren Krankheit verstorben war. Auch dass ich mich um meinen Vater kümmere, obwohl er nur mein Stiefvater sei, mit dem ich mich nie besonders verstanden hatte. Dass ich drei Kinder, von zwei verschiedenen Männern hatte, die beide gewalttägig gewesen waren, und ich mich deshalb von ihnen getrennt hatte.
Für ihre umfassenden Zukunftsprognosen zog sie dann doch die Karten zu Rate. Sie behauptete, dass ich meinen Peiniger, den gewalttätigen Vater meiner Jüngsten, nie wiedersehen werde. Dann würde ich bald einen älteren Mann mit Grundbesitz heiraten, der aber leider nicht mehr lange leben und ich dessen Haus erben würde. Auch dass meine älteste Tochter mit Mann und Kind in Kürze zu mir ziehen werden. Mein Sohn sei unfallgefährdet, deshalb müsse er beim Motorradfahren aufpassen. Um meine jüngste Tochter müsse ich mir keine Sorgen machen, die fände ihren Weg alleine, jedoch wäre es sinnvoll, ihr früh die Pille verschreiben zu lassen. Mir stünde ein großer geschäftlicher Aufschwung bevor, traurig sei nur, dass mein Ex-Mann früh sterben werde.
Was mich sehr wunderte war, dass Frau Olga am Anfang, für ihre Aussage über meine Person keinerlei Hilfsmittel benötigte, auch nicht die Karten. Nach der Begrüßung hatte sie mich einfach kurz angesehen, und dann zu sprechen begonnen. Rätselhaft woher sie ihr Wissen bezog. Wenn Gabi ihr vielleicht einen Hinweis gegeben hatte, über meine Eltern konnte Gabi nichts wissen.
Mein Ex lebt, zum Glück, heute noch, alles andere traf in etwas abgewandelter Form ein. Der geschäftliche Erfolg kam zuerst, was auch eine logische Folge war, und mit den neuen Geschäftspartner zu tun hatte.
Zwar heiratete ich nicht, sondern erwarb ein Mehrfamilienhaus auf Rentenbasis von einem älteren Ehepaar, die beide nicht sehr lange lebten, sodass ich letztendlich das Haus recht günstig bekommen hatte.
Meine Tochter Ramona übernahm mein gemietetes Haus, und bevor ich in mein eigenes zog, mussten wir einige Wochen mit zwei Familien zusammen wohnen was für mich recht stressig war.
Rene, mein Sohn, blieb glücklicherweise von einem Motorradunfall verschont und die kleine Rabea musste schon mit 12 Jahren die Pille nehmen, weil ihre Regel wegen zu starker Schmerzen anders nicht zu ertragen war.
Sie beste Vorhersage aber bewahrheitete sich zum Glück, denn ich sah Rabeas Erzeuger nicht wieder, worüber ich froh bin.
Obwohl ich schon lange der Meinung bin, dass alle Ereignisse, Gewinne und Verluste aus meiner eigenen Aktivität und Energie entstanden und von mir selbst gesteuert wurden, lässt sich doch die Ähnlichkeit mit Olgas Voraussagen nicht verleugnen. Zufall?
Auch Nina war zufrieden, denn Olga hatte ihr bestätigt, dass sie in Kürze heiraten werde. Sie fand tatsächlich circa zehn Jahre später endlich ein „Opfer“. Kurz fand ich die Wartezeit nicht unbedingt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wahrsagen
Als Wahrsagerei werden zahlreiche Praktiken und Methoden erfasst, die zukünftige Ereignisse vorhersagen, oder gegenwärtige und vergangene ermitteln sollen.
Dass Wahrsager wirklich Ereignisse vorhersagen können, wird seit dem 18. Jahrhundert wissenschaftlich diskutiert. Kirchen rechnen diesen Glauben dem „Aberglauben“ zu.
Manche Wahrsager behaupten einen intuitiven Zugang in die Zukunft, also ein „zweites Gesicht“ zu haben.
Sie bedienen sich verschiedener Praktiken oder Hilfsmittel, der Gestirnkonstellation (Astrologie), dem Kartenlegen (Tarot), oder Handlesen (Chiromantie). Auch dem Wurforakel, bei dem aus dem Wurf eines Gegenstands (Würfel, Knochen, Eier) die zukunftsbezogene Antwort gelesen wird.
Schamanische Praktiken bezogen ihr Wissen aus reiner Intuition.)
Der Lebensberater
Lange Zeit schlief meine Neugierde auf „Vorhersagungen“, weil ich viel zu sehr mit meinen Geschäften und wohnlichen Veränderungen beschäftigt war. Den Anstoß für meinen