Tara. Nancy Omreg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nancy Omreg
Издательство: Bookwire
Серия: Tara und Tristan
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748598732
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oder weggeschwitzt. Die Füße taten weh auf Grund der hohen Schuhe und wir setzten uns an einen Tisch neben der Bar um uns auszuruhen.

      Maren und der Glückliche für den heutigen Abend waren bereits vor zwei Stunden verschwunden. Matti knutschte in der Ecke mit einem Mädel herum.

      "Was findet Matti nur an der Schlampe?", lallte Fine und stützte ihren Kopf auf ihrer Hand ab.

      "Eifersüchtig?", neckte ich sie.

      "Auf die? Pah, nicht mal im Traum." Fine winkte übertrieben ab. Ich grinste in mich hinein.

      "Wo war denn dein Barkeeper von gestern? Wollte er heute nicht kommen?" Ich wusste, dass Fine ihn bereits wieder vergessen hatte. Den ganzen Abend hatte sie immer wieder Mattis Nähe gesucht. Ein Wunder, dass er überhaupt die Möglichkeit fand, ein anderes Mädel aufzureißen. Fine zuckte mit den Schultern.

      "Ach der…, ach ist mir auch egal. Ich brauche keinen von denen." Sie zündete sich umständlich eine Zigarette von mir an und stützte ihren Kopf wieder auf ihre Hand.

      Auch Tobi wirkte alles andere als fit, als er sich neben uns auf den Boden fallen ließ.

      „Oh, so zu unseren Füßen wollten wir dich schon immer einmal sitzen sehen“, spottete ich und hielt ihm meinen Stiefel hin.

      „Los küssen!“, befahl ich ihm scherzhaft. Daraufhin fing er an meinen Stiefel zu liebkosen und Fine und mich schmiss es vor Lachen.

      „Hey ausgelacht wird nicht“, Tobi sprang auf, hob mich von meinem Stuhl, nahm selbst darauf Platz und setzte mich auf seinen Schoß ab. Er legte seine Arme um mich und schmiegte seinen Kopf an meinen Rücken.

      „Tobi müde. Tobi mag kuscheln“, murmelte er in meine Haare.

      „Tobi mag sicher vieles, aber bestimmt nicht nur kuscheln“, neckte ihn Fine und lachte. Liebevoll tätschelte ich ihm den Kopf.

      „Armer Tobi, jetzt wäre ich bereit und du bist zu müde um deinen Mann zu stehen.“

      „Was? Ne, ne, ich bin sofort wieder top fit, ich stehe Gewehr bei Fuß, wenn du es willst?!“, fragend schaute er mich an und ein Lächeln umspielte seine Lippen. Ich gab ihm einen Kuss auf die Stirn.

      „Was wäre das Leben ohne Hoffnung und ohne Träume?! Aber in deinem Traum kannst du mit mir machen was du willst.“ Fine prustete ihre Wodka-Cola über den Tisch vor Lachen und Tobi drückte mich noch fester.

      „Irgendwann merkst du schon, dass du mich auch willst“, flüsterte Tobi und schloss die Augen, als würde er einschlafen wollen. Ich wusste nicht genau, wie ich den Satz deuten sollte, ob das nur eine rein sexuelle Anspielung war oder ob er damit mehr sagen wollte.

      Auch Fine zuckte mit den Schultern und schaute mich ratlos an. Mir wurde die Situation nun zu unangenehm. Ich trank aus und deutete Fine an, dass wir gehen sollten. Fine nahm ebenfalls den letzten Schluck und stand auf. Ich löste vorsichtig Tobis Arme. Dabei wurde er wieder wach und schaute mich mit großen Augen an. „Geht ihr schon?“, fragte er.

      „Ja wir sind müde und total kaputt. Wir wollen nur noch ins Bett.“ Und das war noch nicht einmal gelogen. Ich war mir sicher, sobald wir unser Zimmer betraten, fielen wir schlafend ins Bett. Tobi stand auf und drückte mich noch einmal ganz fest.

      „Komm gut nach Hause und ich hoffe wir sehen uns bald wieder“, flüsterte er mir ins Ohr. Er gab Fine noch einen flüchtigen Kuss auf die Wange und ver-schwand in der Menge. Seine Patchouli-Fahne schwebte hinter ihm her.

      Als wir das Dark Hole verließen schlug uns die kalte Luft wie eine Faust ins Gesicht. Sofort wurden wir hellwach. Einerseits tat es gut, da wir so überhitzt waren. Andererseits war es für unseren Alkoholzustand bestimmt nicht förderlich. Zumal uns ein warmes Pensionszimmer erwartete. Eingehakt liefen wir in Richtung Pension. Jeder Schritt tat am Fußballen höllisch weh. Eine zeitlang lief unsere Kommunikation mit einem abwechselnden „Au!“, „Au!“, „Au!“, „Au!“, ab, bis Fine diesen monotonen Dialog unterbrach und mich auf Tobi ansprach.

      „Ich habe das ja noch nie so wahr genommen wie heute. Aber Tobi scheint wohl doch mehr als nur oberflächlich an dir interessiert zu sein. Er verbrachte den größten Teil des Abends an deiner Seite.“

      „Hm, ich hatte mich auch schon gewundert. Ich meine, die sexuellen Anspielungen machte er ja immer, aber dieses Anfassen heute und dann dieser Satz…, aber er weiß doch auch gar nicht, dass ich nicht mehr mit Max zusammen bin. Warum sollte er sich da jetzt auf einmal bemühen, wo er es davor doch auch nicht tat“, grübelte ich.

      „Nun ja, Maren hatte ihm erzählt, dass du wieder solo bist. Ich denke mal, er hat jetzt seine Chance gewittert, solange du noch zu haben bist“, meinte Fine.

      „Wäre er denn was für dich? Ich meine, er ist ja sehr nett und gut sieht er auch aus.“

      „Ich weiß nicht. Ich habe mir bisher da nie Gedanken darüber gemacht, weil ich ja mit Max zusammen war. Auch so..., irgendwie ist da nicht dieses gewisse Kribbeln. Weißt du es fehlt irgendwie diese…“,

      „…Magie“, beendete Fine meinen Satz.

      „Ja genau“, pflichtete ich ihr bei und wieder erschien das Gesicht des geheimnisvollen Fremden in meinem Kopf. So wie ich mich bei ihm gefühlt hatte, so sollte es doch eigentlich auch sein.

      „Ich weiß genau was du meinst“, antwortete Fine und begann mir die Geschichte von ihrer ersten, großen Liebe zu erzählen. Dies erlebte sie bevor wir einander kennen lernten und sie hatte mir diese Geschichte bisher noch nie erzählt. Somit riss sie mich aus meiner Erinnerung an den Fremden und ich hörte mir aufmerksam ihre traurige Geschichte an.

      „Ich war sechszehn gewesen. Er hieß Jens. Ich war so schrecklich in ihn verliebt. Seine Eltern hatten einen Ausreiseantrag gestellt. Als meine Eltern dies erfuhren, verboten sie mir mich weiterhin mit ihm zu treffen. Sie wollten nicht, dass wir damit in Verbindung gebracht wurden. Jens und ich trafen uns daher nur noch heimlich, bis er mit seinen Eltern nach drüben zog. Er hatte mir bei unserem letzten Treffen seine neue Adresse zugesteckt. Nach der Wende bin ich dorthin gefahren, um ihn wiederzusehen. Aber an dieser Adresse fand ich ihn nicht. Ich weiß bis heute nicht, ob er überhaupt jemals dort gewohnt hatte oder ob seine Eltern ihm eine falsche Adresse nannten, damit er dies nicht aus Versehen an die Falschen verriet. Es bestand keine Chance mehr ihn wiederzufinden.“

      Diese Geschichte berührte mich sehr und ich nahm sie tröstend in den Arm.

      Wir kamen gerade an der Pension an und ich stellte mir vor, wie schrecklich das für sie gewesen sein musste, den einzigen Jungen zu verlieren, den sie bis jetzt je richtig geliebt hatte, als ich einen Schatten wahrnahm. Er huschte hinter meinem Rücken los in eine finstere Ecke auf der anderen Straßenseite. So sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte rein gar nichts erkennen. Ich dachte schon, ich hätte mich getäuscht, da bewegte er sich wieder. Dieses Mal zog er in die Nähe einer Straßenlaterne, so dass ihr Schein ihn leicht erreichte. Nun konnte ich einen Umriss erkennen. Der Schatten ging noch ein Stück weiter und ich erstarrte. Das Licht fiel auf ein, mir mittlerweile wohl bekanntes Gesicht.

      ER stand da im Schein der Straßenlaterne und schaute mich wieder an. Ich konnte es nicht fassen. Ein dicker Kloß breitete sich in meinem Hals aus, sodass ich unfähig war Fine Bescheid zu geben, dass der Typ aus der Bar wirklich dort stand. Ich traute meinen eigenen Sinnen nicht und kniff die Augen fest zusammen.

      Ich zählte bis drei und riss sie auf, um erneut dorthin zu schauen, wo er stand. Ich konnte gerade noch sehen, wie er aus dem Licht zurück wich. Er war wieder ganz im Schatten verschwunden doch seine Augen leuchteten mich an.

      Mit einem Mal waren jedoch auch sie verschwunden und ich spürte einen kalten Lufthauch an mir vorbei ziehen. Ich schüttelte mich. Was war denn das jetzt wieder gewesen? Ich beschloss Fine nichts davon zu erzählen. Am Ende war mir der viele Alkoholkonsum während der Trauerphase nach der Trennung von Max doch nicht bekommen und nun fing ich an zu halluzinieren. Fine würde mir bestimmt kein Wort glauben. Sie würde mich fragen, ob ich schon Geister sehen würde. Somit war es wirklich das Beste darüber zu schweigen.