Die Kapuzinergruft. Йозеф Рот. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Йозеф Рот
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754185780
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       Die Kapuzinergruft

       Joseph Roth

      Inhaltsverzeichnis

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

       Kapitel 13

       Kapitel 14

       Kapitel 15

       Kapitel 16

       Kapitel 17

       Kapitel 18

       Kapitel 19

       Kapitel 20

       Kapitel 21

       Kapitel 22

       Kapitel 23

       Kapitel 24

       Kapitel 25

       Kapitel 26

       Kapitel 27

       Kapitel 28

       Kapitel 29

       Kapitel 30

       Kapitel 31

       Kapitel 32

       Kapitel 33

       Kapitel 34

       Impressum

       Kapitel 1

      Wir heißen Trotta. Unser Geschlecht stammt aus Sipolje in Slowenien. Ich sage: Geschlecht; denn wir sind nicht eine Familie. Sipolje besteht nicht mehr, lange nicht mehr. Es bildet heute mit mehreren umliegenden Gemeinden zusammen eine größere Ortschaft. Es ist, wie man weiß, der Wille dieser Zeit. Die Menschen können nicht allein bleiben. Sie schließen sich in sinnlosen Gruppen zusammen, und die Dörfer können auch nicht allein bleiben. Sinnlose Gebilde entstehen also. Die Bauern drängt es zur Stadt, und die Dörfer selbst möchten justament Städte werden.

      Ich habe Sipolje noch gekannt, als ich ein Knabe war. Mein Vater hatte mich einmal dorthin mitgenommen, an einem siebzehnten August, dem Vorabend jenes Tages, an dem in allen, auch in den kleinsten Ortschaften der Monarchie der Geburtstag Kaiser Franz Josephs des Ersten gefeiert wurde.

      Im heutigen Österreich und in den früheren Kronländern wird es nur noch wenige Menschen geben, in denen der Name unseres Geschlechts irgendeine Erinnerung hervorruft. In den verschollenen Annalen der alten österreichisch-ungarischen Armee aber ist unser Name verzeichnet, und ich gestehe, daß ich stolz darauf bin, gerade deshalb, weil diese Annalen verschollen sind. Ich bin nicht ein Kind dieser Zeit, es fällt mir schwer, mich nicht geradezu ihren Feind zu nennen. Nicht, daß ich sie nicht verstünde, wie ich es so oft behaupte. Dies ist nur eine fromme Ausrede. Ich will einfach, aus Bequemlichkeit, nicht ausfällig oder gehässig werden, und also sage ich, daß ich das nicht verstehe, von dem ich sagen müßte, daß ich es hasse oder verachte. Ich bin feinhörig, aber ich spiele einen Schwerhörigen. Ich halte es für nobler, ein Gebrechen vorzutäuschen als zuzugeben, daß ich vulgäre Geräusche vernommen habe.

      Der Bruder meines Großvaters war jener einfache Infanterieleutnant, der dem Kaiser Franz Joseph in der Schlacht bei Solferino das Leben gerettet hat. Der Leutnant wurde geadelt. Eine lange Zeit hieß er in der Armee und in den Lesebüchern der k. u. k. Monarchie: der Held von Solferino, bis sich, seinem eigenen Wunsch gemäß, der Schatten der Vergessenheit über ihn senkte. Er nahm den Abschied. Er liegt in Hietzing begraben. Auf seinem Grabstein stehen die stillen und stolzen Worte: »Hier ruht der Held von Solferino.«

      Die Gnade des Kaisers erstreckte sich noch auf seinen Sohn, der Bezirkshauptmann wurde, und auf den Enkel, der als Leutnant der Jäger im Herbst 1914 in der Schlacht bei Krasne-Busk gefallen ist. Ich habe ihn niemals gesehn, wie überhaupt keinen von dem geadelten Zweig unseres Geschlechts. Die geadelten Trottas waren fromm-ergebene Diener Franz Josephs geworden. Mein Vater war ein Rebell.

      Er war ein Rebell und ein Patriot, mein Vater – eine Spezies, die es nur im alten Österreich-Ungarn gegeben hat. Er wollte das Reich reformieren und Habsburg retten. Er begriff den Sinn der österreichischen Monarchie zu gut. Er wurde also verdächtig und mußte fliehen. Er ging, in jungen Jahren, nach Amerika. Er war Chemiker von Beruf. Man brauchte damals Leute seiner Art in den großartig wachsenden Farbenfabriken von New York und Chikago. Solange er arm gewesen war, hatte er wohl nur Heimweh nach Korn gefühlt. Als er aber endlich reich geworden war, begann er, Heimweh nach Österreich zu fühlen. Er kehrte zurück. Er siedelte sich in Wien an. Er hatte Geld, und die österreichische Polizei liebte Menschen, die Geld haben. Mein Vater blieb nicht nur unbehelligt. Er begann sogar, eine neue slowenische Partei zu gründen, und er kaufte zwei Zeitungen in Agram.

      Er gewann einflußreiche Freunde aus der näheren Umgebung des Erzherzog Thronfolgers Franz Ferdinand. Mein Vater träumte von einem slawischen Königreich unter der Herrschaft der Habsburger. Er träumte von einer Monarchie der Österreicher, Ungarn und Slawen. Und mir, der